Mindelheimer Zeitung

Gewinnen Parteien und Gewerkscha­ften neue Mitglieder?

Die Bündnisse verzeichne­n deutschlan­dweit mehr Zugänge. Nicht nur aktuelle Krisen und gestiegene Preise spielen dabei eine Rolle. Profitiere­n auch Parteien in der Region davon?

- Von Marina Kraut

Eine Krise jagt die nächste: Corona, Ukrainekri­eg, hohe Energiepre­ise, Proteste auf den deutschen Straßen. Ein Grund, sich in Parteien zu engagieren oder Gewerkscha­ften beizutrete­n? Laut Medienberi­chten haben die größeren Parteien deutschlan­dweit einen Anstieg der Mitglieder­zahlen zu verzeichne­n. Deutschlan­ds älteste Partei, die SPD, hat demnach vor allem in der zweiten Januarhälf­te überdurchs­chnittlich viele neue Mitglieder aufgenomme­n.

Gefühlt wollten sich Menschen heute nicht mehr so stark binden und etwa in Vereinen oder eben Parteien engagieren, sagt Petra Beer. Sie ist Unterbezir­ksvorsitze­nde der SPD Memmingen-Unterallgä­u. Die Genossinne­n und Genossen seien heute zu fast zwei Drittel über 60 Jahre alt. Im Jahr 2022 habe die Partei in dem Unterbezir­k noch 367 Mitglieder gehabt, im vergangene­n Jahr sei diese Zahl auf 356 gesunken. Der Großteil davon sei leider auf Todesfälle zurückzufü­hren, sagt Beer.

Ähnlich geht es der schwäbisch­en CSU. „Wir fangen Austritte aber durch Neueintrit­te auf“, sagt Jens Gaiser, Bezirksges­chäftsführ­er. Dennoch gebe es ein kleines Defizit bei der Zahl der Mitglieder. Denn auch bei der bayerische­n Regierungs­partei schlägt der demografis­che Wandel zu: Das Durchschni­ttsalter sei vergleichs­weise hoch, sagt Gaiser, nennt aber keine konkrete Zahl. 16.000 Mitglieder zähle die Partei in ganz Schwaben. Allerdings merkt man laut Gaiser, dass in Krisenzeit­en mehr Menschen in die Partei eintreten. Die Unzufriede­nheit mit der Bundesregi­erung sei derzeit ebenso Grund einen Mitgliedsa­ntrag bei der CSU zu unterschre­iben.

Und wie sieht es bei den Gewerkscha­ften aus? „Wir haben einen sehr starken Mitglieder­zuwachs im vergangene­n Jahr verzeichne­t“, sagt Manuel Büttner, Bezirksges­chäftsführ­er bei Verdi. Genaue Zahlen nenne man grundsätzl­ich nicht, sagt er. Nur so viel: Der Zuwachs sei zweistelli­g. Die Krisen würden klar dazu beitragen, sagt Büttner. Er führt die Zahlen allerdings auch auf die großen bundesweit beachteten Tarifverha­ndlungen zurück, die bereits gelaufen sind oder noch anstehen.

Etwa bei der Post. Bei diesen Tarifverha­ndlungen war eine Einigung erzielt worden. Die Beschäftig­ten erhalten ab dem 1. April 340 Euro monatlich mehr Gehalt (+11,5 Prozent). Auch im Handel habe die Gewerkscha­ft zuletzt eine „sehr starke Unzufriede­nheit bei den Beschäftig­ten“bemerkt, sagt Büttner. Ein Selbstläuf­er sei der Mitglieder­zuwachs allerdings nicht. Verdi führe dafür viele Gespräche.

Deutschlan­dweit hatten Gewerkscha­ften zuletzt positive Trends bemerkt. So hatte etwa die IG Metall im vergangene­n Jahr fast 130.000 neue Mitglieder gemeldet. Eine solche Entwicklun­g hatte es laut der Gewerkscha­ft zuletzt in den 1980er Jahren gegeben.

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Foto: Daniel Karmann Parteien und Gewerkscha­ften profitiere­n in Krisenzeit­en oft von Mitglieder­zuwächsen. Wie ist die Lage in der Region?

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