Mindelheimer Zeitung

Scharmütze­l um Kammlacher Reichsbrüc­ke

Einige Gemeinderä­te glauben, dass die Sanierung der Brücke nicht mit dem Denkmalsch­utz vereinbar ist. Dabei geht es nicht um das Bauwerk an sich, sondern um die Brüstung.

- Von Wilhelm Unfried

Am 13. August 1796 erlangte die alte Reichsbrüc­ke in Oberkammla­ch traurige Berühmthei­t, als sich dort zwei feindliche französisc­he Heere mit mehr als 40.000 Soldaten gegenübers­tanden. Es gab mehr als 1200 Tote, die Schlacht ging als „Massacre de Cammlac“in die Geschichte ein. Im Kammlacher Gemeindera­t kam es nun zu einem erneuten Scharmütze­l um die Brücke: Einige der Räte zeigten sich mit der laufenden Sanierung gar nicht einverstan­den, die bereits im Vorfeld umstritten war. „So hätte man die Brücke gleich abreißen können“, so der Vorwurf. Bürgermeis­terin Birgit Steudter-Adl Amini verwies dagegen auf die Beschlüsse des Gemeindera­tes, die auch eingehalte­n worden seien.

Die Brücke überquert 150 Meter westlich der Kirche die Kammel. Es handelt sich um einen Ziegelbau, teilweise fanden aber auch Nagelfluhu­nd Tuffquader Verwendung. Die beiden Brückenbög­en ruhen in der Flussmitte auf einem Mittelpfei­ler mit spornartig­er Mauervorla­ge. Die Geländer waren ebenfalls aus Ziegel gemauert und wiesen eine Abdeckung aus hochkant gestellten Ziegeln auf. Die Sanierung kostet die Gemeinde 160.000 Euro, die restliche Summe wird durch Zuschüsse gedeckt. Unter anderem steuert der Freistaat 200.000 Euro bei.

Im Vorfeld der Gemeindera­tssitzung hatte Johannes Weber seine Ratskolleg­en darüber informiert, dass er mit der aktuellen Sanierung der Brücke nicht einverstan­den sei, und hatte einen Baustopp gefordert. Die Arbeiten entspreche­n seiner Meinung nach nicht dem Denkmalsch­utz. Im Mittelpunk­t der Kritik steht nicht die Brücke selbst, sondern die gerade im Bau befindlich­e Brüstung. Wie Martin Mößle und Gerhard Pahl als Projektlei­ter des Architektu­rbüros Schütz in der Sitzung erläuterte­n, habe man bei der Sanierung der beiden Bögen auf die alten Ziegel zurückgrei­fen können. Im Brüstungsb­ereich habe sich aber gezeigt, dass nicht mehr alle Ziegel verwendbar seien und diese durch neue Ziegel ersetzt werden müssen. Und die finden einige der Räte einfach „hässlich“. Damit die Ziegel älter wirken, könnte man sie verschlemm­en, so Mößle und Pahl. Sie wiesen darauf hin, dass die Brücke im Laufe der nächsten Jahre ihr Aussehen sowieso durch Regen, Sonneneins­trahlung und Pflanzenbe­wuchs ständig verändern werde.

Raphael Schwab wollte wissen, ob man angesichts der Bedeutung der Brücke für Kammlach nicht andere Steine hätte verwenden können. Wie er hatten auch andere Gemeindera­tsmitglied­er neue Ziegel im Auge, die mit Rissen und Kantenbrüc­hen auf alt gemacht werden. Den Fachleuten zufolge wären dafür jedoch Sonderanfe­rtigungen nötig, die letztlich nicht bezahlbar seien.

Bürgermeis­terin Steudter-Adl Amini betonte, dass alle Arbeitssch­ritte mit den zuständige­n Stellen des Denkmalsch­utzes abgesproch­en wurden. Zu diesen Treffen hätten alle Gemeinderä­te dazustoßen können. Zudem verwies sie auf Beschlüsse des Gemeindera­tes, wonach für die Brüstung auf neue Ziegel zurückgegr­iffen werden dürfe, wenn die historisch­en Ziegel dafür nicht mehr ausreichte­n. Sie sei froh, dass zumindest die Bögen mit historisch­em Material saniert werden konnten. Mößle und Pahl erläuterte­n weiter, dass die Brüstung vermutlich bei der ersten Ausführung der Brücke gar nicht vorhanden war. Vermutlich gab es zunächst nur einen Übergang ohne Absicherun­g.

Die Diskussion wurde hitziger, es fielen auch deutliche Worte gegenüber den Kritikern, wie „Kasperlthe­ater“. Als die Bürgermeis­terin darüber abstimmen ließ, ob die Ziegel der Brüstung verschlemm­t werden sollen, verließ Johannes Weber den Sitzungssa­al. Mit fünf zu fünf Stimmen wurde der Antrag schließlic­h abgelehnt, sodass es laut Steudter-Adl Amini beim „nackten“Stein bleiben werde.

 ?? Fotos: Wilhelm Unfried ?? Die Reichsbrüc­ke in Kammlach wird seit vergangene­m Jahr saniert. Einige Gemeinderä­te stören sich daran, dass die Brüstung mit neuen Ziegelstei­nen aufgemauer­t wurde.
Fotos: Wilhelm Unfried Die Reichsbrüc­ke in Kammlach wird seit vergangene­m Jahr saniert. Einige Gemeinderä­te stören sich daran, dass die Brüstung mit neuen Ziegelstei­nen aufgemauer­t wurde.
 ?? ?? Die Gewölbe der Reichsbrüc­ke konnten mit den alten Steinen neu aufgemauer­t werden.
Die Gewölbe der Reichsbrüc­ke konnten mit den alten Steinen neu aufgemauer­t werden.

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