Hang zu schnellen Autos bringt Mann vor den Richter
Der Angeklagte musste sich wegen einer ganzen Reihe von Straftaten vor dem Amtsgericht verantworten. Warum er dennoch mit einer Bewährungsstrafe davonkam.
Die Anklageschrift für einen Heranwachsenden aus dem Raum Türkheim war nicht von Pappe. Die Staatsanwältin warf ihm Unterschlagung, versuchten und vollendeten Betrug, Sachbeschädigung und Fahren ohne Fahrerlaubnis vor. Dass er mit einer Bewährungsstrafe davonkam, lag einmal am umfangreichen Geständnis und dass zwei der Anklagepunkte fallengelassen wurden.
Die Liebe zu schnellen Autos und Motoren wurden dem jungen Mann mit deutscher und kroatischer Staatsangehörigkeit zum Verhängnis. Der Schulweg verlief halbwegs geradlinig. Er verließ die Volksschule mit Mittlerer Reife. Es folgte eine Lehre, die aber abgebrochen wurde. Der Vater musste aus gesundheitlichen Gründen im Geschäft kürzer und der junge Mann früh in die Fußstapfen des Vaters treten. Da man auch in Kroatien einen Betrieb hatte, pendelte der junge Mann zwischen den beiden Ländern und war wohl nirgends richtig verwurzelt.
Und schließlich kam es in kurzer Zeit zu einer Häufung von Straftaten, die mit Untersuchungshaft und der Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichtes Memmingen endeten.
Bevor die Verhandlung richtig begann, baten die beiden Verteidiger des Angeklagten Dr. Markus Frank und Maximilian Pauls Jugendrichterin Patrizia Rabe und die Staatsanwältin zu einem Rechtsgespräch. Dies dauerte länger als erwartet und endete mit einer kleinen Überraschung. Die beiden ersten Punkte der Anklage wurden fallen gelassen. Hier wurden dem Angeklagten unter anderem der Diebstahl von wertvollen Autoreifen und das Kassieren von Geld für Waren, die nicht geliefert wurden, vorgeworfen. Der Angeklagte hatte wohl in seinen Unterlagen eine Überweisung gefunden, mit der er das Geld an eine andere Firma im Ausland überwiesen hatte, aber keine Ware erhalten hatte. Zudem erschien der Geschädigte nicht zur Verhandlung und wurde mit einem Ordnungsgeld belegt.
Die weiteren Anklagen sahen die beiden Rechtsanwälte im Bereich typischer Jugendstraftaten. So soll er an einem Abend ohne Führerschein von Eggenthal nach Breitenbrunn gefahren sein, um Freunde abzuholen. Nebenbei knackte er einen Bauwagen in Tussenhausen und klaute dabei drei Kästen Bier und ein Radio. Dann ging es zurück ins Ostallgäu, wo dann der Bauwagen in Stöttwang aufgebrochen wurde. Auch hier wurden Getränke und eine Geldkassette gestohlen.
Und schließlich mietete er einen Kumpel in einem Kurheim in Bad Wörishofen ein und verlängerte sogar die Aufenthaltsdauer auf fünf Wochen. Eigentlich wollte er für die Rechnung geradestehen, bezahlte aber trotz Mahnungen diese Rechnung nicht. Allerdings wurde ihm dieser Betrug auch sehr leicht gemacht, denn das Kurheim verlangte keinerlei Sicherheiten, nicht einmal eine Kreditkarte.
So kam es im Juni 2023 zu der Festnahme und der Angeklagte saß 19 Tage in Untersuchungshaft. Die Jugendgerichtshilfe wollte aufgrund der familiären Situation eine Entwicklungsverzögerung nicht ausschließen. Sie sah aber insgesamt eine gute Sozialprognose, so wolle der Angeklagte unbedingt noch eine Lehre fertig machen, um fürs spätere Leben gewappnet zu sein.
Im Plädoyer hatte die Staatsanwältin keine Probleme, den Angeklagten nach dem Jugendstrafrecht zu verurteilen. Zu Gunsten des Anklagten spreche das Geständnis und die finanzielle Wiedergutmachung des angerichteten Schadens. Auch sie hatte nichts gegen die Aussetzung einer Gefängnisstrafe zur Bewährung. Da Sozialstunden aufgrund des Pendelns des Angeklagten nicht infrage kommen, plädierte sie für eine Geldauflage in Höhe von 2000 Euro.
Die Verteidigung verwies darauf, dass ihr Mandant seit zwei Jahren keine Straftaten mehr verübt habe. Wer den Lebensweg anschaue, sehe einen Bruch in der Biografie. Schädliche Neigungen seien nicht zu erkennen und die Anwälte brachten eine Verurteilung von einem Jahr auf Bewährung und brachten das Instrument der Vorbewährung ins Spiel.
Das Schöffengericht verhängte dann eine Jugendstrafe von 18 Monaten zur Bewährung sowie eine Geldauflage von 1500 Euro, zahlbar an den Förderverein der LudwigAuerbach-Mittelschule in Türkheim. Der Arrest von 19 Tagen sei mit der U-Haft abgegolten. Weiter muss der Angeklagte einen mehrseitigen Aufsatz vorlegen, in dem er sich Gedanken über seine Stellung im Geschäftsleben machen muss.