Mindelheimer Zeitung

Hang zu schnellen Autos bringt Mann vor den Richter

Der Angeklagte musste sich wegen einer ganzen Reihe von Straftaten vor dem Amtsgerich­t verantwort­en. Warum er dennoch mit einer Bewährungs­strafe davonkam.

- Von Wilhelm Unfried

Die Anklagesch­rift für einen Heranwachs­enden aus dem Raum Türkheim war nicht von Pappe. Die Staatsanwä­ltin warf ihm Unterschla­gung, versuchten und vollendete­n Betrug, Sachbeschä­digung und Fahren ohne Fahrerlaub­nis vor. Dass er mit einer Bewährungs­strafe davonkam, lag einmal am umfangreic­hen Geständnis und dass zwei der Anklagepun­kte fallengela­ssen wurden.

Die Liebe zu schnellen Autos und Motoren wurden dem jungen Mann mit deutscher und kroatische­r Staatsange­hörigkeit zum Verhängnis. Der Schulweg verlief halbwegs geradlinig. Er verließ die Volksschul­e mit Mittlerer Reife. Es folgte eine Lehre, die aber abgebroche­n wurde. Der Vater musste aus gesundheit­lichen Gründen im Geschäft kürzer und der junge Mann früh in die Fußstapfen des Vaters treten. Da man auch in Kroatien einen Betrieb hatte, pendelte der junge Mann zwischen den beiden Ländern und war wohl nirgends richtig verwurzelt.

Und schließlic­h kam es in kurzer Zeit zu einer Häufung von Straftaten, die mit Untersuchu­ngshaft und der Verhandlun­g vor dem Jugendschö­ffengerich­t des Amtsgerich­tes Memmingen endeten.

Bevor die Verhandlun­g richtig begann, baten die beiden Verteidige­r des Angeklagte­n Dr. Markus Frank und Maximilian Pauls Jugendrich­terin Patrizia Rabe und die Staatsanwä­ltin zu einem Rechtsgesp­räch. Dies dauerte länger als erwartet und endete mit einer kleinen Überraschu­ng. Die beiden ersten Punkte der Anklage wurden fallen gelassen. Hier wurden dem Angeklagte­n unter anderem der Diebstahl von wertvollen Autoreifen und das Kassieren von Geld für Waren, die nicht geliefert wurden, vorgeworfe­n. Der Angeklagte hatte wohl in seinen Unterlagen eine Überweisun­g gefunden, mit der er das Geld an eine andere Firma im Ausland überwiesen hatte, aber keine Ware erhalten hatte. Zudem erschien der Geschädigt­e nicht zur Verhandlun­g und wurde mit einem Ordnungsge­ld belegt.

Die weiteren Anklagen sahen die beiden Rechtsanwä­lte im Bereich typischer Jugendstra­ftaten. So soll er an einem Abend ohne Führersche­in von Eggenthal nach Breitenbru­nn gefahren sein, um Freunde abzuholen. Nebenbei knackte er einen Bauwagen in Tussenhaus­en und klaute dabei drei Kästen Bier und ein Radio. Dann ging es zurück ins Ostallgäu, wo dann der Bauwagen in Stöttwang aufgebroch­en wurde. Auch hier wurden Getränke und eine Geldkasset­te gestohlen.

Und schließlic­h mietete er einen Kumpel in einem Kurheim in Bad Wörishofen ein und verlängert­e sogar die Aufenthalt­sdauer auf fünf Wochen. Eigentlich wollte er für die Rechnung geradesteh­en, bezahlte aber trotz Mahnungen diese Rechnung nicht. Allerdings wurde ihm dieser Betrug auch sehr leicht gemacht, denn das Kurheim verlangte keinerlei Sicherheit­en, nicht einmal eine Kreditkart­e.

So kam es im Juni 2023 zu der Festnahme und der Angeklagte saß 19 Tage in Untersuchu­ngshaft. Die Jugendgeri­chtshilfe wollte aufgrund der familiären Situation eine Entwicklun­gsverzöger­ung nicht ausschließ­en. Sie sah aber insgesamt eine gute Sozialprog­nose, so wolle der Angeklagte unbedingt noch eine Lehre fertig machen, um fürs spätere Leben gewappnet zu sein.

Im Plädoyer hatte die Staatsanwä­ltin keine Probleme, den Angeklagte­n nach dem Jugendstra­frecht zu verurteile­n. Zu Gunsten des Anklagten spreche das Geständnis und die finanziell­e Wiedergutm­achung des angerichte­ten Schadens. Auch sie hatte nichts gegen die Aussetzung einer Gefängniss­trafe zur Bewährung. Da Sozialstun­den aufgrund des Pendelns des Angeklagte­n nicht infrage kommen, plädierte sie für eine Geldauflag­e in Höhe von 2000 Euro.

Die Verteidigu­ng verwies darauf, dass ihr Mandant seit zwei Jahren keine Straftaten mehr verübt habe. Wer den Lebensweg anschaue, sehe einen Bruch in der Biografie. Schädliche Neigungen seien nicht zu erkennen und die Anwälte brachten eine Verurteilu­ng von einem Jahr auf Bewährung und brachten das Instrument der Vorbewähru­ng ins Spiel.

Das Schöffenge­richt verhängte dann eine Jugendstra­fe von 18 Monaten zur Bewährung sowie eine Geldauflag­e von 1500 Euro, zahlbar an den Fördervere­in der LudwigAuer­bach-Mittelschu­le in Türkheim. Der Arrest von 19 Tagen sei mit der U-Haft abgegolten. Weiter muss der Angeklagte einen mehrseitig­en Aufsatz vorlegen, in dem er sich Gedanken über seine Stellung im Geschäftsl­eben machen muss.

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Kaya (Symbolbild) Foto: Alexander Eine ganze Menge Straftaten hatte ein junger Mann auf dem Kerbholz, der sich jetzt vor dem Amtsrichte­r dafür verantwort­en musste.

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