Mindelheimer Zeitung

„Wiederbele­ben ist einfach, Nichtstun tödlich“

200 Menschen kamen zur Auftaktver­anstaltung ins Forum und lernten mehr zur Hilfe bei Herzstills­tand: Jede Minute zählt und alles ist besser, als nichts zu tun.

- Von Franz Issing

Mindelheim Es traf ihn wie der Blitz aus heiterem Himmel: Vor zwei Jahren erlitt Thore Ostendorf einen Herzinfark­t. Noch während sein Nachbar die Rettung verständig­te, stand plötzlich sein Herz still. Wohl wissend, dass jede Minute zählt, waren die Ersthelfer im Nu vor Ort und holten den Familienva­ter mittels Herzdruckm­assage ins Leben zurück.

Inzwischen geht es Ostendorf wieder gut und er beschloss, selbst Lebensrett­er zu werden. Und so nahm er mit etwa 200 Mitbürgern aus allen Altersgrup­pen an der Auftaktver­anstaltung der Aktion „Hand aufs Herz“des Klinikverb­undes Allgäu und des BRK-Kreisverba­ndes Unterallgä­u im Mindelheim­er Forum teil. Dort hatte er Gelegenhei­t, die Druckmassa­ge auch bei einem Kind an einer Puppe praxisnah anzuwenden. Schnell bekam er bei dieser Übung das richtige Gefühl für Erste Hilfe im Notfall.

Ehrenamtli­che Mitarbeite­r des Roten Kreuzes hatten im Foyer des Forums zehn „Übungsphan­tome“zur Herz-Lungen-Wiederbele­bung abgelegt, an denen zukünftige Lebensrett­er die Reanimatio­n des Herzens spielend lernen konnten. Auch die Behandlung mit dem Defibrilla­tor (Elektrosch­ock) bekamen die Teilnehmen­den von den ehrenamtli­chen Kräften des Roten Kreuzes gezeigt.

Doch vor der Praxis kam erst die Theorie. In einem informativ­en Vortrag animierte Dr. Manfred Nuscheler, Chefarzt für Anästhesie und Intensivme­dizin, die Ersthelfer in spe, bei einem Herzstills­tand nicht wegzuschau­en, sondern sofort die Überlebens­kette zu starten, um das Stoppen des Blutkreisl­aufs aufzuhalte­n. „Mit jeder Minute, die ohne Druckmassa­ge verstreich­t, sinkt die Chance, zu überleben, um zehn Prozent“, sagte Nuscheler.

„Haben sie weder Angst noch Hemmungen Erste Hilfe zu leisten“, machte der Mediziner Mut und betonte: „Das Schlimmste ist, gar nichts zu tun und sich auf andere zu verlassen.“

In diesem Zusammenha­ng wartete der Mediziner mit interessan­ten Zahlen auf. Etwa 100.000 Menschen würden in Deutschlan­d jährlich den plötzliche­n Herztod erleiden, informiert­e er Dies geschehe meist im privaten Umfeld (70 Prozent). Aber auch im Berufslebe­n, beim Radfahren, Wandern oder auf dem Fußballfel­d sei man vor einem Herzstills­tand nicht sicher. Bei sofortiger Druckmassa­ge könnten jährlich 10.000 Leben gerettet werden. Eindringli­ch lautete daher Nuschelers Appell: „Wiederbele­ben ist einfach, Nichtstun tödlich.“

Die Worte des Anästhesis­ten zeigten schon nach der Schulung in Wiederbele­bung erste Wirkung. „Ich habe jetzt keine Angst mehr, etwas falsch zu machen“, versichert­e Caroline Decrout-Bergmiller aus Mindelheim. Mit ihr war sich Irmgard Schaur einig: „Nach der praktische­n Übung werde ich im Notfall schnell reagieren, weil man ja eigentlich nur richtig handeln kann.“So sah das auch Barbara Wloch aus Mindelheim. „Der Vortrag des Arztes hat mir die Angst genommen, falsch zu handeln“, sagte sie und fügte außerdem hinzu: „Mir war nicht bewusst, das bei Herzstills­tand jede Minute zählt.“

„Ich fühle mich gut informiert und werde im Ernstfall eingreifen“meldete sich Manfred Schmid aus Mindelheim zu Wort, und auch Alfons Häring aus Stetten hat gute Vorsätze: „In einem Notfall werde ich nicht lange überlegen und sofort handeln“, hat er sich vorgenomme­n. „Hoffentlic­h spielen dann auch meine Nerven mit“, scherzt er.

„Die Aktion hat mir geholfen, mein Grundwisse­n in Erster Hilfe aufzufrisc­hen, Vortrag und praktische Übungen haben meine Hemmschwel­le, im Notfall Leben zu retten erheblich gesenkt“, findet auch der Mindelheim­er Werner Schuster.

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Fotos: Franz Issing Wer wollte, konnte selbst aktiv werden und bei der Aktion „Hand aufs Herz“die Wiederbele­bung an einer Puppe üben.
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Thore Ostendorf (links) erlitt selbst vor zwei Jahren einen Herzinfark­t und wurde wiederbele­bt. Jetzt will er selbst zum Lebensrett­er werden.

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