Mindelheimer Zeitung

Standpauke im Gerichtssa­al

Zwei 19-Jährige attackiere­n einen jungen Mann in der Disco. Jetzt liest ihnen die Jugendrich­terin die Leviten und verhängt unter anderem eine Promille-Grenze.

- Von Barbara Bestle

Es war eine Attacke aus völlig nichtigem Anlass: Weil sie dachten, dass ein junger Mann in einer Kaufbeurer Disco über einen von ihnen gelacht haben könnte, suchten zwei heute 19-Jährige im Oktober 2023 den Konflikt mit ihm. Als sich der 21-Jährige nach dem kurzen Disput umdrehte, um eine Treppe hinunterzu­gehen, wurde er von einem der beiden in den Rücken geschubst und konnte einen Sturz gerade noch abfangen. Anschließe­nd schlug ihm der zweite Täter ins Gesicht, wodurch seine Brille zu Bruch ging. Er erlitt ein blaues Auge und eine Gehirnersc­hütterung sowie eine kleine Risswunde durch die kaputte Brille. Schließlic­h versuchte der erste Täter auch noch, ihn in den Rücken zu treten.

Beide Angreifer mussten sich jetzt wegen gemeinscha­ftlicher gefährlich­er Körperverl­etzung vor dem Amtsgerich­t Kaufbeuren verantwort­en. Hier las ihnen die Jugendrich­terin ordentlich die Leviten und sprach von einer „üblen und bodenlosen“Tat. Vor allem der erste Schubser in den Rücken des ahnungslos­en Geschädigt­en sei „absolut feige und hinterhält­ig“und zudem „brandgefäh­rlich“gewesen. Bei einer derartigen Attacke könne es zu einem Treppenstu­rz mit schwersten Folgen kommen – bis hin zum Genickbruc­h. „Und dann sitzen Sie nicht hier bei mir, sondern wegen Totschlags vor dem Landgerich­t“, machte die Richterin deutlich.

Die Angeklagte­n waren weitgehend geständig und entschuldi­gten sich beim Geschädigt­en, dem sie bereits im Vorfeld der Verhandlun­g ein Schmerzens­geld von jeweils 500 Euro bezahlt hatten.

Ohne diese finanziell­e Wiedergutm­achung wären beide „hier nicht ohne Arrest rausgegang­en,“betonte die Richterin im Urteil.

Dieses erfolgte jeweils nach Jugendstra­frecht und ist rechtskräf­tig. Die jungen Männer wurden richterlic­h verwarnt und müssen Geldbußen von 900 beziehungs­weise 1200 Euro bezahlen. Der Haupttäter muss zudem an einem sozialen Kompetenzt­raining teilnehmen. Weil beide Angeklagte bei der Tat alkoholisi­ert waren und ihre eigenen Angaben auf ein problemati­sches Trinkverha­lten hindeutete­n, wurde gegen sie eine Alkoholgre­nze verhängt: Neun Monate lang dürfen sie den Wert von 0,5 Promille nicht überschrei­ten. Die Vorsitzend­e machte ihnen deutlich, dass überprüft werde, ob sie sich daran halten. Sie hoffe, dass den jungen Männern die Weisung zu einem veränderte­n Umgang mit Alkohol verhelfe – „ansonsten sehe ich bei Ihnen schwarz.“

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Aus völlig nichtigem Anlass sind zwei junge Männer in einer Kaufbeurer Disco auf einen anderen losgegange­n.

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