Mindelheimer Zeitung

Wäscheklam­mern an Bäumen

Bei Erkheim stellt das Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten das Verfahren zum „Verbissgut­achten“vor.

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Unterallgä­u Um die Situation der Waldverjün­gung und den Einfluss durch Schalenwil­d festzustel­len, erstellt die bayerische Forstverwa­ltung alle drei Jahre ein aufwendige­s Gutachten für die landesweit knapp 750 Hegegemein­schaften. Die Ergebnisse bilden die Basis für den Drei-Jahres-Abschusspl­an für Rehwild, den die Landratsäm­ter als Untere Jagdbehörd­en erstellen.

Anfang des Monats gab Ministerin Michaela Kaniber den Startschus­s für die bayernweit­en Bestandsau­fnahmen, die am AELF Krumbach-Mindelheim ab dem 22. Februar in den Landkreise­n Unterallgä­u, Neu-Ulm und Günzburg sowie der kreisfreie­n Stadt Memmingen bis etwa Ostern erfolgen, erläutert Bereichsle­iter Johannes Kutter. Vor Austrieb der Knospen muss alles fertig sein. Da das Gutachten sehr zeit- und arbeitsauf­wendig sei, suchten Kutter und seine Kollegen forstliche Sachverstä­ndige zur Unterstütz­ung. Zudem mussten Einladunge­n an alle Hegegemein­schaften, Revierinha­ber und Jagdgenoss­en zu den Auftaktver­anstaltung und Begehungen verschickt, neue EDV etabliert und die benötigten Materialie­n zusammenge­stellt werden.

Um das Gutachten möglichst transparen­t zu gestalten, gibt es noch Veranstalt­ungen, bei denen die Förster den genauen Ablauf erklären. Denn die Aufnahmepu­nkte liegen auf den Schnittpun­kten eines bayernweit­en Gitternetz­es mit 1,2 mal 1,2 Kilometer großem Raster. In jeder Hegegemein­schaft müssen die Förster zwischen 30 und 40 Messpunkte per GPS aufsuchen. Die Verjüngung­sfläche, die dem Rasterpunk­t am nächsten liegt, ist die Aufnahmefl­äche. Auf der untersuche­n die Fachleute entlang einer Geraden an fünf Stichprobe­punkten jeweils 15 Einzelbäum­chen, die größer oder gleich 20 Zentimeter sind. Während der Aufnahme werden Baumart und Höhe der Pflanze erfasst und ihre „Beschädigu­ngen“: Ob also Rehoder Rotwild den Leittrieb verbissen haben oder ein Verbiss im oberen Drittel festzustel­len ist und ob Fegeschäde­n existieren. Finden sich an den Stichprobe­npunkten Bäumchen, die bereits über die Verbisshöh­e herausgewa­chsen sind, werden auch diese aufgenomme­n, ebenso wie fünf Bäumchen, die kleiner als 20 Zentimeter sind. „Wenn beispielsw­eise viele kleine Tannen unter 20 Zentimeter­n vorhanden sind, dann aber in und über Verbisshöh­e keine oder nur noch sehr wenige aufgenomme­n werden, zeigt dies deutlich den Einfluss von Verbiss“, erklärt Kutter. In einem Waldbestan­d zwischen Kammlach und Erkheim nehmen Revierleit­er Michael Rampp und Jakob Weichmann eine Probefläch­e auf. Alle Teilnehmer der dortigen Info-Veranstalt­ung erhalten das Aufnahmefo­rmular, um die Schritte genau nachzuverf­olgen. „Wir machen Sie hiermit zu Hilfsförst­ern“, bemerkt Johannes Kutter scherzhaft. Rund um einen rot-weißen Fluchtstab, der den Mittelpunk­t markiert, klemmt Jakob Weichmann grüne und rote Wäscheklam­mern an die Bäumchen. „Das schaut erst mal drollig aus, hilft uns aber enorm, damit wir keine Bäumchen vergessen oder doppelt aufnehmen“, erklärt er sein Vorgehen. „Fichte, 25 Zentimeter, unverbisse­n“, diktiert Weichmann seinem Kollegen und arbeitet sich so nach und nach durch alle markierten Bäumchen.

Die aufgenomme­nen Daten werden ausgewerte­t und die Ergebnisse den Hegegemein­schaften zur Stellungna­hme übermittel­t. Anschließe­nd erstellt die Forstbehör­de das Gutachten, das eine Bewertung der Verbissbel­astung in den Stufen „günstig“, „tragbar“, „zu hoch“oder „deutlich zu hoch“enthält. Die Empfehlung für den Abschuss lautet je nach Einschätzu­ng „deutlich senken“, „senken“, „beibehalte­n“, „erhöhen“oder „deutlich erhöhen“und bildet nach Übermittlu­ng des Gutachtens an die Unteren Jagdbehörd­en die Basis für den Abschusspl­an der Hegegemein­schaften.

 ?? Foto: AELF ?? Das „Forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjün­gung“beschäftig­t in den kommenden Wochen Bereichsle­iter Johannes Kutter (rechts) und sein Team. Revierleit­er Michael Rampp (links) und Jakob Weichmann (Mitte) stellten beteiligte­n Akteuren das Verfahren vor.
Foto: AELF Das „Forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjün­gung“beschäftig­t in den kommenden Wochen Bereichsle­iter Johannes Kutter (rechts) und sein Team. Revierleit­er Michael Rampp (links) und Jakob Weichmann (Mitte) stellten beteiligte­n Akteuren das Verfahren vor.

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