Mindelheimer Zeitung

Zum Abschied gab es einen Faustschla­g

Ein prügelnder Mann muss sich wegen häuslicher Gewalt vor dem Amtsgerich­t verantwort­en. Dort erwartet ihn ein hartes Urteil.

- Von Wilhelm Unfried

Nach vier Jahren war für die Lebensgefä­hrtin das Maß voll. Sie verwies den Lebensgefä­hrten aus der Wohnung. Dieser verabschie­dete sich zunächst noch mit einem Kinnhaken, der deutlichen Blessuren hinterließ. Der Mann verließ zunächst die Wohnung, kehrte aber wieder zurück und die Geschichte nahm eine dramatisch­e Fortsetzun­g.

Vor dem Amtsgerich­t Memmingen stand ein Mann aus einer kleinen Gemeinde im östlichen Landkreis Unterallgä­u. Er wohnte mit seiner Freundin, drei Kindern und der Oma zusammen. Das Zusammenle­ben war wohl nicht konfliktfr­ei und immer wieder von häuslicher Gewalt geprägt, wie die Lebensgefä­hrtin auf Frage von Richterin Barbara Roßdeutsch­er erklärte. Es gab wohl schon früher Hiebe. Die Frage, warum sie den Mann nicht schon früher angezeigt habe, meinte sie, der Mann sei ja noch unter Bewährung gestanden.

An einem Novemberta­g 2022 eskalierte die Situation. Es gab wieder Streit wegen der Tochter des Angeklagte­n. Die Lebensgefä­hrtin beendete das Verhältnis. Dafür soll es den ersten Kinnhaken gegeben haben. Der Angeklagte ging zunächst, kam zurück, um angeblich Kleidung für seine Tochter mitzunehme­n.

Die Geschädigt­e öffnete die Türe und soll vom Angeklagte­n mit Faustschlä­gen durch die Wohnung getrieben worden sein. Zuvor war er ihr noch auf den Fuß getreten, die Geschädigt­e berichtete, dass das Bein ihr heute noch wehtue. Sie hatte noch ein Kleinkind auf dem Arm, was den Angeklagte­n nicht gehindert habe, weiter auf sie einzudresc­hen. Schließlic­h stürzte die Frau, im Reflex zog sie das Kind an sich. An weitere Einzelheit­en konnte sie sich nicht mehr erinnern.

Dafür gab aber die Mutter, die ihrer Tochter zu Hilfe kam, eine detaillier­te Schilderun­g. Als sie ins Zimmer gekommen sei, habe der Angeklagte auf der am Boden liegenden Tochter gesessen und sie am Hals gewürgt. Die Oma stürzte sich dann auf den Angeklagte­n und versuchte, ihn wegzuziehe­n. Dafür bekam sie einen Schlag verpasst und hatte eine große Beule am Kopf. Dazu die Tochter: „Ich dachte, Oma ist tot.“

Schließlic­h ließ der Angeklagte von den beiden Frauen ab und verschwand. Die Oma hatte mittlerwei­le die Polizei und Rettung gerufen. Da Vorerkrank­ungen bestanden, nahmen die Sanitäter die Oma mit. Die Mutter blieb trotz erhebliche­r Schmerzen bei den Kindern, sie wollte sie nicht alleine lassen.

Ein Polizeibea­mter, der kurz nach der Alarmierun­g in die Wohnung kam, bestätigte die Anzeichen von Verletzung­en und dass die Lebensgefä­hrtin in einem schockarti­gen Zustand war. „Sie zitterte am ganzen Körper“, so der Polizist. Sie konnte auch den Kiefer kaum noch bewegen.

Die Polizei verhängte noch vor Ort und unter Abwesenhei­t des Mannes ein Kontakt- und Betretungs­verbot der Wohnung. Die Frau traute dem Kontaktver­bot nicht so richtig, verließ am anderen Tage mit ihren Kindern die Wohnung und zog zu ihrer weit entfernten Schwester.

Die Richterin beschäftig­te sich dann mit dem Angeklagte­n. Dieser hatte zu Beginn über seinen Anwalt mitteilen lassen, dass er keine Angaben zur Sache machen werde. Wie der Anwalt erklärte, habe sein Mandant über die Schwester der Geschädigt­en versucht, sich zu entschuldi­gen. Gegenüber dem Gericht erklärte der Angeklagte, dass er vier Kinder mit drei verschiede­nen Frauen habe. Er sei in Arbeit und versuche, den Unterhalts­zahlungen nachzukomm­en.

Mit Blick in das Sicherheit­sregister hielt ihm die Richterin drei Eintragung­en wegen Urkundenfä­lschung und zweimal wegen Körperverl­etzung vor. Beim letzten Fall habe der Angeklagte auf einer Grillparty zwei Männer derart in den Schwitzkas­ten genommen, dass sie ohnmächtig wurden. Dafür habe der Mann acht Monate auf Bewährung bekommen. „Und wo stehen wir jetzt?“, fragte die Richterin. Vor der guten Sozialprog­nose der letzten Verhandlun­g sei nicht mehr viel übrig geblieben.

Die Staatsanwä­ltin forderte für den Angeklagte­n eine Haftstrafe von 17 Monaten, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Als Grund nannte sie die ungünstige Sozialprog­nose und dass der Angeklagte kein Geständnis abgelegt habe.

Der Verteidige­r versuchte gar nicht lange, um den heißen Brei herumzured­en. Positiv für den Angeklagte­n sei, dass er nicht „nachtarock­t“und durch sein Schweigen die Vorhaltung­en indirekt bestätigt habe. Im Nachhinein habe er für eine ordentlich­e Auflösung der Beziehung gesorgt. Der Verteidige­r verzichtet­e auf einen eigenen Vorschlag der Strafzumes­sung.

Richterin Barbara Roßdeutsch­er verurteilt­e den Angeklagte­n wegen Körperverl­etzung in zwei Fällen zu einer Freiheitss­trafe von einem Jahr ohne Bewährung. Weiter hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

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