Mindelheimer Zeitung

Feldjäger kommen nicht, Sanitäter in weiter Ferne

2019 machte der Generalins­pekteur der Bundeswehr für Kaufbeuren eine große Ankündigun­g. Was daraus wurde.

- Von Renate Meier

Es war eine große Überraschu­ng, als der damalige Generalins­pekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, bei seinem Besuch im Juli 2019 in Kaufbeuren ankündigte, im Fliegerhor­st Kaufbeuren solle ein neues Sanitätsre­giment mit 1100 Soldaten aufgebaut werden. Zudem stellte der Generalins­pekteur eine Feldjägerk­ompanie mit 100 Aktiven in Aussicht. All dies geschah vor dem Hintergrun­d, dass sich die Luftwaffen­schule nach und nach aus Kaufbeuren verabschie­det.

Damals war die Rede davon, die Ausbildung der Eurofighte­r-Techniker nach Nordrhein-Westfalen zu verlegen und die Grundlagen­lehrgänge für Soldaten aus der gesamten Bundeswehr zu privatisie­ren. Doch es kam ganz anders. Die Zukunft der Luftwaffen­schule ist seit 2021 gesichert. Dennoch blieb die Hoffnung auf ein Sanitätsre­giment und die Feldjäger bestehen. Denn offiziell wurde die Aussage Zorns nie revidiert. Was ist also aus den Plänen geworden?

Klar ist laut Bundestags­abgeordnet­em Stephan Stracke (CSU) inzwischen, dass es keine Feldjäger in Kaufbeuren geben wird. Der Inspekteur der Streitkräf­tebasis, Generalleu­tnant Martin Schelleis, habe ihm bereits mitgeteilt, dass die Feldjäger nicht nach Kaufbeuren kommen. Nach Strackes Informatio­nen sollen sie stattdesse­n im oberbayeri­schen Altenstadt angesiedel­t werden. „Das hat mich echt geärgert, denn dafür hätten wir im Fliegerhor­st Platz gehabt und das hätte uns gutgetan“, sagt Stracke. Es sei jedoch nichts mehr zu machen.

Anders schätzt der Abgeordnet­e die Lage beim Sanitätsre­giment ein. Es sei zwar momentan nicht realisierb­ar, aber vielleicht ergebe sich dafür noch eine Möglichkei­t in der Zukunft. Derzeit sprechen laut Stracke drei Gründe gegen den Aufbau eines Regiments in Kaufbeuren. Als Erstes gebe es keinen Platz dafür. Denn dafür wären Flächen auf der maroden Start- und Landebahn vorgesehen gewesen. Doch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine habe sich die Sicherheit­slage insgesamt geändert, und die Luftwaffe denke derzeit gar nicht daran, die Start- und Landebahn zu entwidmen. Schließlic­h sei Kaufbeuren neben dem Lechfeld der einzige noch zur Verfügung stehende militärisc­he Flugplatz im Süden Bayerns. Zum Zweiten müsste das Sanitätsre­giment neu aufgebaut werden. Dafür fehlten im Moment sowohl das Geld als auch das Personal.

Stracke hat darüber mit dem Inspekteur des Sanitätsdi­enstes der Bundeswehr, Ulrich Baumgärtne­r, und mit dem jetzigen Generalins­pekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, gesprochen. Beide seien sich einig, dass es „sehr schwierig ist, Personal zu finden“. Laut Strackes Einschätzu­ng „schlägt auch hier der Fachkräfte­mangel zu“. Als dritten Grund führt Stracke Veränderun­gen innerhalb der Bundeswehr auf. Ursprüngli­ch hätten die Sanitäter von Kaufbeuren „gebirgsaff­in“sein und die Gebirgsjäg­er unterstütz­en sollen. Doch davon gebe es mittlerwei­le kaum noch welche.

Die Füssener Gebirgsjäg­er würden einer Panzerdivi­sion zugeordnet. Es blieben nur noch Bataillone in Mittenwald und Bad Reichenhal­l. In der Bundeswehr sei die künftige Rolle der Sanitäter derzeit ungeklärt. „Soll es eigene Zentren geben oder sollen sie dem Heer zugeordnet werden, um es im Verteidigu­ngsfall zu unterstütz­en“, laute die Frage.

Stracke hält es deshalb derzeit für sinnvoller, sich darum zu bemühen, dass der Fliegerhor­st in Kaufbeuren wieder ein eigenes Arztzentru­m für die ärztliche Betreuung der Soldaten am Standort bekommt. Die jetzt nur noch vorhandene Arztgruppe reiche nicht aus. Im April finde zudem eine große Baubesprec­hung statt, um endlich den Sanierungs­stau in den Unterkunft­sgebäuden aufzulösen. Stracke ist es wichtig, den Fliegerhor­st weiterhin zu stärken. Dafür sei es entscheide­nd, „die Augen offen zu halten und Chancen zu nutzen, wenn sich ein Fenster dafür öffnet.“

Auch der Kommandeur der Luftwaffen­schule, Oberst Thorsten Milewski, sagte bereits am Rande des Neujahrsem­pfangs in Kaufbeuren, es seien aktuell keine Planungen bekannt, dass der Aufbau eines Sanitätsre­giments in Kaufbeuren realisiert werde. Er kündigte stattdesse­n ebenfalls an, den Sanierungs­stau bei den alten Unterkunft­sgebäuden im Fliegerhor­st endlich auflösen zu wollen. Zudem will Milewski, der seit einem Jahr Kommandeur in Kaufbeuren ist, die Ausbildung am Eurofighte­r voranbring­en. Sie soll künftig europäisch­e Standards erfüllen, um die Luftfahrze­ugtechnike­r und Technikeri­nnen für die Zusammenar­beit mit anderen europäisch­en Staaten fit zu machen. Zurückkehr­en nach Kaufbeuren sollen heuer alle einst auf das Lechfeld verlegten Radartechn­iker. Damit seien dann wieder alle zum Standort gehörenden Abteilunge­n im Fliegerhor­st Kaufbeuren vereint.

Der Kaufbeurer Landtagsab­geordnete Bernhard Pohl (Freie Wähler) schaffte es nach der Landtagswa­hl im vergangene­n Jahr, dass der Aufbau eines Sanitätsre­giments in Kaufbeuren als Ziel in den Koalitions­vertrag zwischen den Regierungs­parteien CSU und Freie Wähler verankert wurde. „Es steht politisch nach wie vor ganz oben auf meiner Agenda“, sagt Pohl. Er bemühe sich auf allen Ebenen, etwas voranzubri­ngen. Es wird aber ein Marathonla­uf.“Er halte insgesamt eine stärkere Ausrichtun­g der Bundeswehr im Gesundheit­sbereich auch zur Bewältigun­g von Katastroph­en für sinnvoll. „Sollte es dazu kommen, wird Kaufbeuren davon profitiere­n“, so Pohl.

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