Mehr Unterstützung für Schüler mit Förderbedarf
Kinder mit Förderbedarf brauchen mehr Unterstützung beim Übergang in den Beruf, sagt Marianne Mayer vom Inklusionsbeirat. Eine Fortbildung soll Abhilfe schaffen.
Bis zur siebten Klasse lief alles gut, dann begannen die Probleme. Isabell kommt in der Schule nicht mehr mit, zu Hause ist sie frustriert. Mutter Simone Schmidt organisiert privat Nachhilfe und lernt mit ihr. Nach dem Mittelschulabschluss findet Isabell schnell eine Ausbildung. Doch der Vertrag wird nach wenigen Wochen aufgelöst, das Arbeitspensum ist für sie zu hoch. Wie ihr geht es vielen Jugendlichen. Mit einer Fortbildungsreihe möchte der Inklusionsbeirat Unterallgäu zusammen mit dem Schulamt und dem Netzwerk Schule-Wirtschaft Lehrkräften zeigen, wie sie Schüler mit Förderbedarf stärker unterstützen können.
„Isabell ist sehr ehrgeizig, aber sie hätte einfach jemanden gebraucht, der sie mitzieht in der Schule“, sagt Schmidt. Sie heißt eigentlich anders, ebenso ihre Tochter Isabell. Aus Angst vor Stigmatisierung wollen sie lieber anonym bleiben. Dabei ist ihre Geschichte kein Einzelfall. Isabell lernt langsamer als andere Kinder. Die ersten beiden Jahre ihrer Schullaufbahn geht sie auf das Sonderpädagogische Förderzentrum. Doch dort ist sie zu gut, nach der zweiten Klasse wechselt sie auf die Regelschule. Dort wiederum hätte sie mehr Unterstützung gebraucht. „Sie hat einfach nie so recht in eine Schublade gepasst“, sagt Schmidt, „und damit ist sie durch das System gefallen.“
Das Problem kennt Marianne Mayer. Die Pensionistin arbeitete am Sonderpädagogischen Förderzentrum in Mindelheim und engagiert sich heute ehrenamtlich beim Inklusionsbeirat Unterallgäu. Hier ist sie für den Bereich „Schule und Arbeit“zuständig. Sie kritisiert, dass Kinder und Jugendliche, die auf die Regelschule gehen, aber dennoch besonderen Förderbedarf haben, nicht genug Unterstützung bekommen. „Es braucht einen Fallschirm für die Kinder, die durch das Netz fallen“, sagt Mayer. Aktuell würden Eltern und Kinder oft alleingelassen. Besonders auffällig würden die Probleme dann, wenn es um den Übergang von der Schule in den Beruf geht. Viele Ausbildungsverträge würden schnell wieder aufgelöst, weil die Jugendlichen die Ansprüche nicht erfüllen können.
Genau hier möchte eine Fortbildung des Inklusionsbeirats ansetzen. Sie richtet sich an Lehrkräfte der siebten, achten und neunten Klassen an Mittelschulen sowie an Lehrkräfte in sogenannten Praxisklassen, die auf Schüler mit Lernund Leistungsrückständen fokussiert sind. Dabei sollen Lehrerinnen und Lehrer zunächst dafür sensibilisiert werden, besonderen Förderbedarf rechtzeitig zu erkennen. Zudem geht es darum, die Kommunikation zwischen Schule und Arbeitsagentur zu intensivieren. Die Arbeitsagentur kann mit verschiedenen Beratungsangeboten auch für Schüler mit Förderbedarf Unterstützung anbieten. Dafür sei es allerdings wichtig, dass sie rechtzeitig von diesem wüssten, sagt Mayer.
Neben der Berufsschule Mindelheim, dem Berufsbildungswerk und der Berufsschule Ursberg ist deshalb auch die Arbeitsagentur an der Fortbildung beteiligt. Die Initiative wird außerdem von verschiedenen Betrieben im Unterallgäu unterstützt. Die Fortbildungen finden an insgesamt drei Nachmittagen zwischen 29. Februar und 23. April statt. Mayer hofft, das Angebot, das sie als Leuchtturmprojekt bezeichnet, später weiterhin anbieten zu können. Isabell hat mittlerweile eine neue Ausbildung gefunden, mit der sie sehr zufrieden ist. Mit etwas Glück konnte sie nach dem Abbruch der ersten Ausbildung in das Berufsvorbereitungsjahr des Bildungswerks Ursberg einsteigen. Das habe ihr gutgetan, sagt ihre Mutter. Dennoch wendet Marianne Mayer ein: „Es ist wichtig, früh aufmerksam zu werden und die Weichen richtig zu stellen, damit es gar nicht erst so weit kommt, dass Jugendliche die Ausbildung abbrechen müssen.“