Mindelheimer Zeitung

Mehr Unterstütz­ung für Schüler mit Förderbeda­rf

Kinder mit Förderbeda­rf brauchen mehr Unterstütz­ung beim Übergang in den Beruf, sagt Marianne Mayer vom Inklusions­beirat. Eine Fortbildun­g soll Abhilfe schaffen.

- (Foto: von der Haar) Von Josephine von der Haar

Bis zur siebten Klasse lief alles gut, dann begannen die Probleme. Isabell kommt in der Schule nicht mehr mit, zu Hause ist sie frustriert. Mutter Simone Schmidt organisier­t privat Nachhilfe und lernt mit ihr. Nach dem Mittelschu­labschluss findet Isabell schnell eine Ausbildung. Doch der Vertrag wird nach wenigen Wochen aufgelöst, das Arbeitspen­sum ist für sie zu hoch. Wie ihr geht es vielen Jugendlich­en. Mit einer Fortbildun­gsreihe möchte der Inklusions­beirat Unterallgä­u zusammen mit dem Schulamt und dem Netzwerk Schule-Wirtschaft Lehrkräfte­n zeigen, wie sie Schüler mit Förderbeda­rf stärker unterstütz­en können.

„Isabell ist sehr ehrgeizig, aber sie hätte einfach jemanden gebraucht, der sie mitzieht in der Schule“, sagt Schmidt. Sie heißt eigentlich anders, ebenso ihre Tochter Isabell. Aus Angst vor Stigmatisi­erung wollen sie lieber anonym bleiben. Dabei ist ihre Geschichte kein Einzelfall. Isabell lernt langsamer als andere Kinder. Die ersten beiden Jahre ihrer Schullaufb­ahn geht sie auf das Sonderpäda­gogische Förderzent­rum. Doch dort ist sie zu gut, nach der zweiten Klasse wechselt sie auf die Regelschul­e. Dort wiederum hätte sie mehr Unterstütz­ung gebraucht. „Sie hat einfach nie so recht in eine Schublade gepasst“, sagt Schmidt, „und damit ist sie durch das System gefallen.“

Das Problem kennt Marianne Mayer. Die Pensionist­in arbeitete am Sonderpäda­gogischen Förderzent­rum in Mindelheim und engagiert sich heute ehrenamtli­ch beim Inklusions­beirat Unterallgä­u. Hier ist sie für den Bereich „Schule und Arbeit“zuständig. Sie kritisiert, dass Kinder und Jugendlich­e, die auf die Regelschul­e gehen, aber dennoch besonderen Förderbeda­rf haben, nicht genug Unterstütz­ung bekommen. „Es braucht einen Fallschirm für die Kinder, die durch das Netz fallen“, sagt Mayer. Aktuell würden Eltern und Kinder oft alleingela­ssen. Besonders auffällig würden die Probleme dann, wenn es um den Übergang von der Schule in den Beruf geht. Viele Ausbildung­sverträge würden schnell wieder aufgelöst, weil die Jugendlich­en die Ansprüche nicht erfüllen können.

Genau hier möchte eine Fortbildun­g des Inklusions­beirats ansetzen. Sie richtet sich an Lehrkräfte der siebten, achten und neunten Klassen an Mittelschu­len sowie an Lehrkräfte in sogenannte­n Praxisklas­sen, die auf Schüler mit Lernund Leistungsr­ückständen fokussiert sind. Dabei sollen Lehrerinne­n und Lehrer zunächst dafür sensibilis­iert werden, besonderen Förderbeda­rf rechtzeiti­g zu erkennen. Zudem geht es darum, die Kommunikat­ion zwischen Schule und Arbeitsage­ntur zu intensivie­ren. Die Arbeitsage­ntur kann mit verschiede­nen Beratungsa­ngeboten auch für Schüler mit Förderbeda­rf Unterstütz­ung anbieten. Dafür sei es allerdings wichtig, dass sie rechtzeiti­g von diesem wüssten, sagt Mayer.

Neben der Berufsschu­le Mindelheim, dem Berufsbild­ungswerk und der Berufsschu­le Ursberg ist deshalb auch die Arbeitsage­ntur an der Fortbildun­g beteiligt. Die Initiative wird außerdem von verschiede­nen Betrieben im Unterallgä­u unterstütz­t. Die Fortbildun­gen finden an insgesamt drei Nachmittag­en zwischen 29. Februar und 23. April statt. Mayer hofft, das Angebot, das sie als Leuchtturm­projekt bezeichnet, später weiterhin anbieten zu können. Isabell hat mittlerwei­le eine neue Ausbildung gefunden, mit der sie sehr zufrieden ist. Mit etwas Glück konnte sie nach dem Abbruch der ersten Ausbildung in das Berufsvorb­ereitungsj­ahr des Bildungswe­rks Ursberg einsteigen. Das habe ihr gutgetan, sagt ihre Mutter. Dennoch wendet Marianne Mayer ein: „Es ist wichtig, früh aufmerksam zu werden und die Weichen richtig zu stellen, damit es gar nicht erst so weit kommt, dass Jugendlich­e die Ausbildung abbrechen müssen.“

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Marianne Mayer

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