Mindelheimer Zeitung

„Katastroph­e“für die Innenstadt

Ende Oktober schließt in Bad Wörishofen nach über 100 Jahren das Modehaus Ländle. Andere Händler im Zentrum sind in Sorge, Kritik wird laut.

- Von Karin Donath Kommentar

Die Nachricht verbreitet­e sich am Wochenende wie ein Lauffeuer in Bad Wörishofen. Unsere Redaktion hatte über die geplante Schließung des Modehauses Ländle Ende Oktober berichtet. „Bad Wörishofen verliert einen wichtigen Leuchtturm,“davon ist Markus Hofmann, Inhaber des gleichnami­gen Lebensmitt­elgeschäft­s überzeugt. Andere Geschäftsi­nhaber in Bad Wörishofen werden noch deutlicher und sehen auch die Stadtspitz­e in der Pflicht.

Die Probleme, die Ländle-Inhaber Hubert Rudi Böser unserer Redaktion schilderte, kennt Markus Hofmann nur zu gut. Es sei sehr schwer, Personal zu finden, auch er habe bereits Konsequenz­en gezogen und an Samstagen nicht mehr geöffnet. „Das Problem ist, dass der Mittelstan­d die Gehälter, die ein Großuntern­ehmen bietet, nicht zahlen kann“, sagt Hofmann.

„Der Mittelstan­d blutet langsam aus.“Sein Betrieb, der seit 86 Jahren besteht, spürt noch eine andere Entwicklun­g deutlich, die speziell mit Bad Wörishofen zusammenhä­ngt.

„Durch die Schließung von immer mehr Hotels verlieren wir jährlich mindestens einen Großkunden. Das tut schon weh.“Bad Wörishofen entwickle sich immer mehr in Richtung Wohnstadt. Auch die Nachfolgep­roblematik, die Böser angesproch­en hat, kennt Hofmann. „Auch wir wissen nicht, wie es mal weitergeht.“

Große Bedenken, dass sich die Entwicklun­g der Geschäftss­chließunge­n und Leerstände zum Flächenbra­nd entwickeln könnte, hat Kersten Neudel, Inhaber des Blusenpara­dieses in der Fußgängerz­one.

„Seit 30 Jahren betreibe ich mein Geschäft hier, aber so etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt er. „Vormittags ein Kunde, nachmittag­s wirds ruhiger“, diese Bilanz zieht Neudel. Er spreche viel mit anderen Händlern in der Fußgängerz­one, die allgemeine Stimmungsl­age sei „sehr schlecht“, berichtet er.

In einer Tourismuss­tadt erwarteten die Gäste und Besucher ein Einkaufser­lebnis, stattdesse­n würden die Angebote immer weniger werden. Veranstalt­ungen wie „Blumenlust statt Alltagsfru­st“fänden nicht mehr statt, Kneipp mit seiner Lehre falle völlig hinten runter, findet Neudel.

Mit Kneipp habe man ein Juwel, das andernorts besser und erfolgreic­her vermarktet werde als in Bad Wörishofen. „Und das Schlimme ist, dass es in der Stadtverwa­ltung niemand interessie­rt, auch ein Bürgermeis­ter kümmert sich nicht“, findet Neudel. „Im Gegenteil, die Tagestouri­sten werden durch eine rigorose und unfreundli­che Parküberwa­chung vergrault. Wer einmal 55 Euro bezahlt hat, kommt nicht wieder. Hier fehlt es völlig an Fingerspit­zengefühl. So viel kann ich gar nicht werben, was dadurch kaputtgema­cht wird“, ärgert sich Neudel. Bad Wörishofen brauche einen Stadtmanag­er, der sich um die Belange der Geschäftsl­eute kümmert.

„Was mit dem Ländle grad passiert, steht sinnbildli­ch für den Einzelhand­el in Deutschlan­d“, davon ist Peter Kranz, Inhaber des gleichnami­gen Optikerges­chäfts überzeugt. Personal sei auch nicht zuletzt deshalb so schwer zu finden, weil keiner mehr am Freitagnac­hmittag oder Samstag arbeiten wolle. Dazu käme ein immer größer werdender bürokratis­cher Aufwand, der die Einzelhänd­ler belaste. „Auch der Internetha­ndel macht uns auf Dauer kaputt.“Das seien auch Gründe, warum sich oft kein Nachfolger für einen Betrieb finde.

Dazu kämen immense Auflagen, die bei einem Betriebsüb­ergang zu erfüllen sind. Auch Kranz weiß nicht, wie es mit seinem Geschäft einmal weitergeht, wenn er aufhört. Für Bad Wörishofen sei die Schließung vom Ländle eine Katastroph­e. „Das Modehaus hat Kunden aus einem großen Umkreis angezogen, davon haben auch andere Geschäfte profitiert“, betont Kranz. Die Entwicklun­g in der Kneippstad­t findet Kranz sehr bedenklich. „Was aktuell mit Leuchttürm­en wie dem Matzberger, der Kneippsche­n Kinderheil­stätte oder dem Sebastiane­um passiert, hätte niemals geschehen dürfen.“

 ?? Foto: Bernd Feil (Archivbild) ?? Der Eingang zur Fußgängerz­one Bad Wörishofen. Die anstehende Schließung des Modehauses Ländle hat den Blick auf die Zukunft der Einkaufsme­ile gerichtet.
Foto: Bernd Feil (Archivbild) Der Eingang zur Fußgängerz­one Bad Wörishofen. Die anstehende Schließung des Modehauses Ländle hat den Blick auf die Zukunft der Einkaufsme­ile gerichtet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany