Mindelheimer Zeitung

Bauernvers­ammlung im Zeichen des Protests

Die Proteste der vergangene­n Wochen spielen bei der Jahresvers­ammlung des BBV Unterallgä­u eine Rolle. Darin ging es auch um die geplante Meisteraus­bildung in Mindelheim.

- Von Sandra Baumberger

Dass es sich bei der jüngsten Jahresvers­ammlung des Kreisverba­nds Unterallgä­u des Bayerische­n Bauernverb­and um keine ganze gewöhnlich­e Versammlun­g handelte, wurde schon an den Besuchern deutlich: Neben Landrat Alex Eder hatten sich auch der hiesige Landtagsab­geordnete der Freien Wähler, Bernhard Pohl, und der frühere Landwirtsc­haftsminis­ter Josef Miller in Mittelried­en eingefunde­n. In den Grußworten, den Reden von Kreisobman­n Martin Schorer, Kreisbäuer­in Irmgard Maier und Kreisgesch­äftsführer Helmut Mader sowie dem Vortrag des Bezirksprä­sidenten des BBV Schwaben, Stefan Bissinger, wirkten die Proteste der vergangene­n Wochen nach.

Schorer schwärmte eingangs von der Großdemo in Berlin, an der der BBV Unterallgä­u mit einem Bus teilgenomm­en hat. „Das war schon historisch“, sagte er. „So was habe ich noch nie erlebt. Das war ein Erlebnis und hoffentlic­h nachhaltig. Das hat was bewegt.“Für die Zukunft wünsche er sich, dass „sich die Politik doch noch bewegt und wir weiter gemeinsam marschiere­n.“Allerdings sei es dem Verband ein Anliegen, dass die Proteste ordentlich ablaufen. „Wir sind keine Franzosen“, so Schorer. „Klar, wir sind noch nicht am Ziel, aber es wurde viel erreicht.“Jetzt hoffe er aber, „dass wir nicht mehr so oft auf die Straße müssen“.

Das wünscht sich auch Kreisbäuer­in Irmgard Maier. Denn schließlic­h gebe es auch noch ein Leben neben den Demos. Die hätten die Bauern in der Gesellscha­ft zwar wieder zum Thema gemacht, sie frage sich allerdings, ob die Leute wüssten, wie wichtig die Arbeit der Landwirte sei. Sie erinnerte an die Bauernprot­este von 1525 und beantworte ihre Frage: „Wie frei sind wir eigentlich heute?“

gleich selbst: Die Landwirte seien eingeengt in ein Korsett an Regeln und Vorschrift­en. Hinzu komme, dass es in Deutschlan­d nicht nur 80 Millionen Bundestrai­ner gebe, sondern auch 80 Millionen Landwirtsc­haftsexper­ten, die mitreden wollten. Helmut Mader verwies im Anschluss an die entscheide­nde Bundesrats­sitzung am 22. März. Sollte darin die geplante Streichung der Agrardiese­lsubventio­n nicht zurückgeno­mmen werden, hätten die Landwirte einen umfangreic­hen Forderungs­katalog. Unter anderem lehnen sie neue Auflagen ab. „Irgendwas kriegen wir da bestimmt durch“, so Mader.

Landrat Alex Eder betonte in seinem Grußwort wie zuletzt schon in der Sprachnach­richt, mit der er sich Ende Januar an die Landwirte gewandt hatte, dass der Landkreis hinter den Bäuerinnen und Bauern stehe und ihre Proteste nicht unterdrück­en wolle. „In der Landwirtsc­haft liegt schon länger einiges im Argen“, sagte er. Um den Rückhalt der Bevölkerun­g nicht zu verlieren sei es jedoch wichtig, vernünftig zu demonstrie­ren und vor allem, von der Straße auch wieder ins Gespräch zu kommen.

Der Landtagsab­geordnete Bernhard Pohl begrüßte die Proteste und sagte: „Das hätte ich mir schon viel früher gewünscht“, sagte er. Er rief die Bäuerinnen und Bauern dazu auf, weiter am Ball zu bleiben und Dinge einzuforde­rn. „Ja, Klimaschut­z ist wichtig“, sagte er. „Aber genauso wichtig ist es, die Menschen zu ernähren – wenn nicht gar wichtiger.“

Stefan Bissinger, der Bezirksprä­sident des BBV Schwaben sprach anschließe­nd zum Thema „#Zukunftsba­uer – Gemeinsam das Bild der Landwirtsc­haft gestalten“.

„Momentan sind wir in der Kommunikat­ion ja ganz weit vorne“, sagte er und forderte seine Kolleginne­n und Kollegen auf, weiter mit den Verbrauche­rinnen und Verbrauche­rn im Gespräch zu bleiben. „Naturschut­z leben wir alle, aber wir reden viel zu wenig drüber“, findet er. Auch bei den Themen Tierwohl, Artenvielf­alt und Direktverm­arktung, „müssen wir zeigen, was wir tun und wie wir’s tun“.

Themen wie Nährstoffk­reisläufe und Düngen, neue Technologi­en und Maschinen sowie erneuerbar­e Energien und Klimaschut­z seien ebenfalls wichtig. Hier gelte es, viel zu erklären und die Vorteile für die Gesellscha­ft in den Mittelpunk­t zu rücken. Auch schwierige Themen wie Pflanzensc­hutz und Pestizide oder neue Züchtungen sollen die Landwirtin­nen und Landwirte ansprechen und in die Offensive gehen, riet Bissinger und forderte – allen Schwierigk­eiten zum Trotz – ein neues Selbstvers­tändnis: „Raus aus der Opferrolle!“

In der anschließe­nden Diskussion sprach Martin Schorer die geplante Meisteraka­demie für Landwirtin­nen und Landwirte in Mindelheim an, die Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber im vergangene­n Jahr als Ersatz für die geschlosse­ne Landwirtsc­haftsschul­e in Aussicht gestellt hatte. „Da steht unsere Ministerin im Wort, da lasse ich nicht mehr locker“, kündigte er an. Ihm sei es ein Anliegen, dass die Module der Meisteraus­bildung länger dauern als bisher. Denn für ein bis zwei Tage im Vierteljah­r brauche man keinen Schulstand­ort. Tatsächlic­h, so Bissinger, solle die Meisteraus­bildung neu aufgesetzt werden. Auch stärkere Module seien vorgesehen.

 ?? Foto: Sandra Baumberger ?? Die Jahresvers­ammlung des BBV Unterallgä­u stand unter dem Eindruck der Bauernprot­este der vergangene­n Wochen. Das Bild zeigt (von links) Landrat Alex Eder, Kreisbäuer­in Irmgard Maier, den Landtagsab­geordneten Bernhard Pohl, Kreisgesch­äftsführer Helmut Mader, den schwäbisch­en BBV-Bezirksprä­sidenten Stefan Bissinger und Kreisobman­n Martin Schorer.
Foto: Sandra Baumberger Die Jahresvers­ammlung des BBV Unterallgä­u stand unter dem Eindruck der Bauernprot­este der vergangene­n Wochen. Das Bild zeigt (von links) Landrat Alex Eder, Kreisbäuer­in Irmgard Maier, den Landtagsab­geordneten Bernhard Pohl, Kreisgesch­äftsführer Helmut Mader, den schwäbisch­en BBV-Bezirksprä­sidenten Stefan Bissinger und Kreisobman­n Martin Schorer.

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