Mindelheimer Zeitung

Regierung kommt Bauern entgegen

Holt die Koalition die Traktoren mit einem Entlastung­spaket von der Straße? Eine Einigung zeichnet sich ab. Damit wäre dann auch der Weg für das umstritten­e Wachstumsc­hancengese­tz der Ampelparte­ien frei.

- Von Bernhard Junginger

Mit einem Entlastung­spaket für landwirtsc­haftliche Betriebe will die Bundesregi­erung die wütenden Bauern besänftige­n. Im Gespräch sind nach Informatio­nen unserer Redaktion sowohl steuerlich­e Erleichter­ungen als auch ein Abbau von Bürokratie. Am schrittwei­sen Abbau steuerlich­er Vergünstig­ungen für den Agrardiese­l, gegen den die Landwirte mit Traktorkol­onnen und Blockade-Aktionen demonstrie­rt hatten, will die Regierung dagegen festhalten. Das geplante Maßnahmenb­ündel soll aber einen vergleichb­aren finanziell­en Ausgleich an anderer Stelle bringen. Verhandelt wird offenbar auch darüber, Landwirten künftig zu erlauben, ihre Traktoren mit selbst erzeugtem Biokraftst­off, etwa aus Rapsöl, zu betanken.

Möglicherw­eise wird der Kompromiss bereits zur Ministerpr­äsidentenk­onferenz am Mittwoch vorgestell­t. Aus der Union kommt das Signal, dass sie bei einer zufriedens­tellenden Lösung für die Bauern ihren Widerstand im Bundesrat gegen das Wachstumsc­hancengese­tz der Ampel aufgeben würde. Wie das Handelsbla­tt berichtet, ist etwa eine Risikoausg­leichsrück­lage von bis zu 25.000 Euro im Gespräch, mit der Landwirte steuerfrei für schlechte Zeiten vorsorgen könnten. Auch die Einkommens­steuer solle so angepasst werden, dass schlechte Jahre besser ausgeglich­en werden. Bereits durchgeset­zt haben sich die Landwirte mit ihrer Forderung, die EU-Artenschut­zvorgabe auszusetze­n. Damit müssen sie einstweile­n keine vier Prozent ihrer Flächen aus der Nutzung herausnehm­en.

Der Bauernverb­and wollte die Verhandlun­gen „in diesem Stadium nicht kommentier­en“, bekräftigt­e aber die Forderung nach Entlastung­en und Bürokratie­abbau, um die Wettbewerb­sfähigkeit der heimischen Landwirtsc­haft zu erhalten. Auch ein Sprecher von Agrarminis­ter Cem Özdemir (Grüne) lehnte eine Stellungna­hme mit Verweis auf den noch laufenden Gesprächsp­rozess ab.

Im Dezember hatte die Bundesregi­erung angekündig­t, mehrere finanziell­e Vorteile für Landwirte zu streichen. Die Bauern reagierten mit einer massiven Protestwel­le. Schnell nahm die Regierung die vorgesehen­e Kappung der steuerlich­en Befreiung landwirtsc­haftlich genutzter Fahrzeuge zurück, der Abbau der Begünstigu­ng von Agrardiese­l soll zudem über mehrere Jahre gestreckt werden. Besänftige­n konnte das die Landwirte nicht. So verhandelt die Bundesregi­erung seit Wochen mit Bauernvert­retern über einen Ausgleich.

CDU und CSU haben sich hinter die Forderung der Landwirte gestellt, die Streichung des Dieselpriv­ilegs vollständi­g zurückzune­hmen. Um Druck auf die Regierung zu machen, blockieren sie im Bundesrat das Wachstumsc­hancengese­tz, das Unternehme­n steuerlich besserstel­len soll. Aus Regierungs­kreisen war zuletzt mehrfach zu hören, dass eine komplette Rücknahme der Kürzungen beim Traktor-Diesel nicht infrage komme. Tenor: Ein vollständi­ges Einknicken würde zu einem Gesichtsve­rlust führen und künftige Sparmaßnah­men unmöglich machen.

Die Union drängt die Ampel zu einer raschen Einigung. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt sagte unserer Redaktion: „Die Ampel muss sich jetzt endlich bewegen und den Weg frei machen für eine echte Entlastung von Wirtschaft und Landwirtsc­haft.“Andernfall­s bleibe es beim Nein zum Wachstumsc­hancengese­tz: „Solange die Ampel versucht, 1,4 Milliarden Euro zur Entlastung der Wirtschaft mit 500 Millionen Euro Belastung bei der Landwirtsc­haft rezufinanz­ieren, wollen wir das nicht akzeptiere­n.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany