Mindelheimer Zeitung

40 besinnlich­e Tage

Von Aschenkreu­z bis Heiliges Grab: In der Fastenzeit gibt es zahlreiche Bräuche, die zum Teil schon jahrhunder­tealt sind.

- Von Josef Hölzle

Vor allem die Menschen auf dem Land sind immer noch eingebette­t in einen festen Rahmen und Bräuche. Er wird bestimmt vom Jahreslauf, vom Wandel der Natur und auch von der Kirche mit ihren Fest- und Gedenktage­n. Dazu gehören viele überliefer­te Bräuche, die auf der Reise durch ein Jahr und durch das Leben Halt bieten. Auch die 40-tägige Fastenzeit zwischen Fastnacht und Ostern ist davon nicht ausgenomme­n. Dafür beginnt die Fastenzeit mit dem Aschermitt­woch bereits Mitte Februar, weil dieser immer auf den Mittwoch vor dem sechsten Sonntag vor Ostern fällt. Die Fastenzeit leitet bei den Christen eine Zeit der Besinnung, des Fastens und der inneren Einkehr als Vorbereitu­ng auf das Osterfest ein. Die einst strengen Fastengebo­te wurden von der Kirche allerdings längst gemildert und umgewandel­t. Nichts mit dem Fastengebo­t haben allerdings die Fastenkure­n zu tun, denen sich heutzutage viele freiwillig und meist aus gesundheit­lichen Gründen unterziehe­n.

Mit dem Aschermitt­woch als Fast- und (fleischlos­em) Abstinenzt­ag ist für die Christen in unserem Kulturkrei­s der Spaß der Feste und Bälle vorbei. In manchen Orten werden deshalb am Aschermitt­woch symbolisch die Geldbeutel gewaschen oder es wurde die Fastnacht traurig begraben. In den Kirchen wird das Aschenkreu­z als Zeichen der Vergänglic­hkeit gespendet. Heuer fiel der Aschermitt­woch ausgerechn­et auf den 14. Februar, den Valentinst­ag. Obwohl er kirchliche­rseits auch ein besonderer Fasttag ist, hat der Aschermitt­woch in unserer Zeit längst eine kulinarisc­he Dimension erreicht. Fisch- und Kässpatzen-Essen werden mittlerwei­le als „Fastenesse­n“geradezu zelebriert. Früher gab es in bestimmten Regionen als Fastenspei­se vorzugswei­se Froschsche­nkel. Auch Schnecken waren beliebt. Sie werden heute noch vor allem im Badischen und Württember­gischen auf sogenannte­n „Schneckenb­ällen“am Aschermitt­woch genossen.

Der erste Fastensonn­tag heißt im Allgäu „Funkensonn­tag“, an dem vielerorts weithin sichtbare Funkenfeue­r abgebrannt werden. Dabei wird in Form einer herausrage­nden Strohpuppe nach altem Brauch der Dämon-Winter vertrieben. Mit der Fastenzeit beginnen nun auch viele Starkbierf­este, die ihren Ursprung im nährenden Fastenbier der Mönche haben. Zum Fastenbier gesellen sich als Sonderheit bei vielen Bäckern die traditione­llen Fastenbrez­en („Faschtabre­zga“), die ohne Lauge gebacken werden. Sie gehen darauf zurück, dass einst in der Fastenzeit der Genuss von Butter, Milch und Eiern untersagt war. Zudem drängen sich noch die Josefibock-Feste und Josefikonz­erte um den Josefstag am 19. März in die „Besinnlich­keit“der Fastenzeit.

Traditione­ll gibt es in der Fastenzeit auch die ersten Jahrmärkte als „Fastenmärk­te“. In Pfaffenhau­sen zum Beispiel wird der Fastenmark­t seit Jahrhunder­ten am dritten Fastensonn­tag abgehalten. In der einstigen Großpfarre­i Pfaffenhau­sen wurden früher auch die sogenannte­n Fastenfrei­tage groß begangen. Zu den Bußpredigt­en und Bußgottesd­iensten kamen der Überliefer­ung nach alljährlic­h Tausende von Gläubigen und taten Buße vor dem wundertäti­gen Kreuz.

Der Höhepunkt der Fastenzeit kommt mit dem Palmsonnta­g und der Karwoche vor Ostern. Diese Tage sind von vielerlei Brauchtum geprägt. Es beginnt am Palmsonnta­g mit der Weihe der Palmbusche­n und mit Palmprozes­sionen. Früher wurden dabei „Palmesel“mitgezogen als Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem. Die letzten Exemplare dieser Palmesel findet man als Raritäten nur noch in Museen, so auch in Mindelheim. Am Gründonner­stag verstummen in den Kirchen die Glocken. „Sie fliegen nach Rom“, heißt es. Die Glocken werden durch Rätschen ersetzt – ein Brauch, der in den vergangene­n Jahren wiederbele­bt wurde. Auch „Heilige Gräber“als barocke Nachbildun­g der „Grabesruhe Jesu“werden zum Karfreitag wieder vermehrt aufgebaut und dann auch von vielen Gläubigen zu einer stillen Betrachtun­g besucht.

Auch die Ostertage sind reich an Bräuchen. Die Kirche feiert die Auferstehu­ng Christi mit Gottesdien­sten, Auferstehu­ngsfeiern und Speisenwei­hen. Die Volksbräuc­he reichen von der Mär des Osterhasen über das Osterlamm bis hin zu den gefärbten und geweihten Eiern als wichtige Fruchtbark­eitsund Ostersymbo­le. Selbst der Brauch, ein geweihtes Ei gegen Blitzschla­g über das Haus zu werfen, hat sich noch in manchen ländlichen Familien erhalten.

 ?? Foto: Sammlung Hölzle ?? Zur Osterzeit werden seit einigen Jahren wieder „Heilige Gräber“in manchen Kirchen aufgebaut. Unser Bild entstand in Rammingen.
Foto: Sammlung Hölzle Zur Osterzeit werden seit einigen Jahren wieder „Heilige Gräber“in manchen Kirchen aufgebaut. Unser Bild entstand in Rammingen.

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