Matzberger: Warum der Stadtrat bei den Plänen so skeptisch ist
Die Matzberger-Debatte ist in Bad Wörishofen in vollem Gang. Jetzt reden die Bürgermeister-Stellvertreter Daniel Pflügl und Michaela Bahle-Schmid Klartext.
Bad Wörishofen Die Debatte über die Zukunft des prägenden Matzberger-Gebäudes in der Fußgängerzone schlägt derzeit hohe Wellen. Zuletzt wurde auch der Stadtrat für seine Haltung kritisiert, etwa aus dem Kreis der Einzelhändler. Zweiter Bürgermeister Daniel Pflügl (Grüne) und Dritte Bürgermeisterin Michaela Bahle-Schmid (CSU) geben nun Einblick in die Hintergründe. Eine falsche Entscheidung könne Folgen haben, mahnen sie.
„Manchmal ist der Stadtrat mit Aufgabenstellungen konfrontiert, die im ersten Moment einfach und klar erscheinen mögen, sich bei näherer Betrachtung aber als weitaus komplizierter darstellen, insbesondere wenn man kaum abschätzen kann, ob sich die Entscheidung, die man trifft, im Nachhinein tatsächlich als richtig herausstellt“, teilen Pflügl und BahleSchmid mit. „Noch schwieriger wird es, wenn eine falsche Entscheidung unwiederbringliche Folgen haben kann, beispielsweise den Verlust einer ortsbildprägenden Architektur, wie im Fall Matzberger.“Für den erfolgreichen Abschluss solcher Projekte gebe es selten eine Garantie und der Stadtrat müsse sich vielmehr auf das Wort des Bauwerbers und dessen Renommee verlassen. „Fragen, wie: Hat sich der Unternehmer bereits im Rahmen anderer Projekte als kompetent und integer erwiesen, hat die Firma Erfahrung, was derartig komplexe Vorhaben angeht und scheint sie auch über die notwendigen finanziellen Mittel zu verfügen, um es erfolgreich zum Abschluss zu bringen, sind wichtige Entscheidungskriterien“, betonen sie. „Vor allem aber auch: Kann der Antragsteller auf bereits erfolgreich realisierte Referenzprojekte verweisen.“Und selbst wenn sich all diese Punkte positiv beantworten lassen, habe man als Stadträtin oder Stadtrat immer noch keine Gewissheit darüber, ob das Projekt dann auch genauso, wie es vorgestellt wurde, umgesetzt werde, geben sie zu bedenken.
„In vorliegender Sache hat der Bauwerber im Rahmen seiner Voranfrage den Einzug einer Spitzengastronomie auf MichelinsternNiveau in Aussicht gestellt und damit verständlicherweise Begeisterung ausgelöst – allerdings ohne konkret zu werden, und nur, wenn der Stadtrat einem Dachabriss und einer Gebäudeaufstockung zustimmt“, erinnern die beiden Bürgermeister-Stellvertreter. „Wenig später lässt der Bauwerber verlauten, er werde im gesamten Gebäude Geflüchtete unterbringen, sollte sich die Stadt Bad Wörishofen der Aufstockung verweigern“, geben sie zu bedenken. Zwischenzeitlich gab es wohl noch einen Vorfall, der bislang nicht bekannt wurde. „Eine Stadträtin wird Zeugin, wie der Bauwerber Spaziergängern in der Fußgängerzone fälschlicherweise erzählt, die Stadt habe die Unterbringung von Geflüchteten im ehemaligen Matzberger genehmigt – ganz offensichtlich, um Stimmung zu machen und die Bevölkerung bewusst in die Irre zu führen“, berichten Bahle-Schmid und Pflügl. Dass ins Matzberger angeblich Geflüchtete einziehen sollen, ist seit Tagen Thema in der Stadt. Belege dafür gibt es bislang nicht. Die Bauwerber selbst hatte das nach einer Bauausschusssitzung ins Gespräch gebracht. Das Landratsamt teilte mit, man stehe nicht in Kontakt mit den Matzberger-Eignern. „Bei all den kommunalen wie auch gesellschaftlichen Herausforderungen, die das Thema Migration allerdings mit sich bringt, Flüchtende und deren Schicksale als Argumentationskeule für ein vermeintliches Luxusbauprojekt zu missbrauchen ist schlicht und ergreifend nicht in Ordnung“, kritisieren nun BahleSchmid und Pflügl. „Im Übrigen liegen dem Landratsamt keinerlei diesbezügliche Unterbringungsangebote vor und Landrat Eder hat klar gemacht, dass sich das Landratsamt auch nicht zum Steigbügelhalter oder als Druckmittel missbrauchen lässt, damit Unternehmer bei den Kommunen strittige Bauvorhaben genehmigt bekommen“, betonen die beiden.
Man spreche in der Angelegenheit auch nicht über irgendein Gebäude, sondern vom Café Matzberger, dessen „Dachkonstruktion sich unstrittig als architektonischer Schatz aus einer vergangenen Zeit präsentiert“, betonen Bahle-Schmid und Pflügl. „Ortsbildprägend, exponiert, mitten in unserer kleinen Kurstadt, auf zahlreichen historischen Postkarten und Bildern verewigt“, schildern sie die Bedeutung des Gebäudes. „Genau dieses Dach, mit seinen Bögen, Schwüngen, Erkern und Türmchen, soll zunächst abgerissen und nach einer Aufstockung wieder hergestellt werden“, erinnern sie. Das allerdings sei kein alltägliches Vorhaben, welches ein entsprechendes Maß an Baufertigkeit voraussetze. „Die Frage, ob der Bauwerber, der bislang keinerlei konkretere Planungsskizzen vorlegen konnte, über entsprechende Erfahrungen und Referenzen verfügt, steht daher absolut berechtigt im Raum“, finden Bahle-Schmid und Pflügl.
„Ganz sicher ist und bleibt jeder Investor in Bad Wörishofen mehr als willkommen und es ist zweifellos eine der großen Herausforderungen unserer Zeit, Bad Wörishofen davor zu bewahren, auf dem Niveau einer x-beliebigen Wohnund Schlafstadt im Münchner Speckgürtel zu versinken“, betonen die Bürgermeister-Stellvertreter. „Aber es ist die Aufgabe Stadtrates, solchen Projekten abseits von Wunschdenken auf den Zahn zu fühlen, so großartig sie sich im ersten Moment auch anhören mögen und so sehr auch jeder Stadtrat und jede Stadträtin Michelin-Küche in einem prächtig sanierten Gebäude am Denkmalplatz begrüßen würde.“Man könne dem Bauwerber bei all seinen sonstigen Plänen mit dem Matzberger entgegenkommen, auch über die Stellplatzordnung ließe sich wohl nochmals reden, stellen Pflügl und Bahle-Schmid in Aussicht. „Dem Abriss des kompletten Dachs konnte eine deutliche Ratsmehrheit, aufgrund der dargestellten Gründe, zum aktuellen Zeitpunkt jedoch nicht zustimmen.“