Handelsrichter: Robe statt Businessanzug
Jürgen Burkhard aus Kaufbeuren hat dieses Amt jetzt inne
Kaufbeuren/Kempten Sie tragen mit ihren praktischen Erfahrungen aus der Wirtschaft zu fairen Entscheidungen bei Rechtsstreitigkeiten bei: ehrenamtliche Handelsrichter. Der Kaufbeurer Unternehmer Jürgen Burkhard (47) hat dieses Amt nun angetreten. „Ich war überrascht und geehrt zugleich“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter der Burkhard-Unternehmensgruppe mit 150 Beschäftigten, die auf die thermische Bearbeitung von Metallteilen spezialisiert ist. Burkhard räumt ein, dass er nach der ersten Kontaktaufnahme im Internet recherchieren musste, was diese Aufgabe überhaupt bedeutet.
Viele ehrenamtliche Handelsrichter gibt es nicht. Bei den Landgerichten sind Kammern angesiedelt, die sich speziell mit „Handelssachen“befassen, also vor allem mit Klagen nach Geschäftsabschlüssen oder gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten. „Wegen des hohen Ansehens der Kammern für Handelssachen und deren besonderer kaufmännischer Kompetenz wird von dieser Möglichkeit bei Rechtsstreitigkeiten mit wirtschaftlichem Hintergrund gerne Gebrauch gemacht“, heißt es bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben.
Die hohe kaufmännische Sachkunde ersetze zudem häufig einen Sachverständigen und führe zu schnellen, fundierten Entscheidungen. Die IHK schlägt Kandidatinnen und Kandidaten für dieses Amt vor, die bereits viele Jahre in den Regionalversammlungen der Kammer engagiert waren oder sind.
Die Kammern für Handelssachen bei den Landgerichten tagen mit einem hauptamtlichen Richter, der Volljurist ist, und zwei ehrenamtlichen Handelsrichtern, die kaufmännische Unternehmer sind. Wie Burkhard sind sie in der Regel keine Juristen. „Bei der Entscheidung haben sie aber das gleiche unabhängige Stimmrecht“, sagt Burkhard, der seinen „Dienstplan“für die ersten Verhandlungen und den Zeitaufwand noch nicht im Detail kennt. „Es handelt sich bei den ehrenamtlichen Richtern also keineswegs nur um eine Art Berater.“
Nachdem Jürgen Burkhard mit einigem Recherche-Aufwand den geforderten Lebenslauf erstellt hatte, folgte jüngst eine förmliche Mitteilung des Landgerichtspräsidenten Uwe Erlbeck, dass er für die Dauer von fünf Jahren zum Handelsrichter ernannt wurde. Seine Ernennungsurkunde hat Burkhard bereits.
Die Vereidigung findet direkt vor der ersten Kammerverhandlung statt. Dass Rechtsprechung im Gerichtssaal nicht im Businessanzug stattfindet, war Burkhard schnell klar. Eine schwarze Robe mit Samtbesatz hat er sich bereits bestellt. Der Unternehmer: „Weiße Hemden und schwarze Schuhe habe ich ja genug.“(avu)