360.000 Euro für Kita ergaunert
Ein Sozialpädagoge aus dem Unterallgäu muss sich wegen Betrugs vor dem Amtsgericht Memmingen verantworten. Was den Fall so außergewöhnlich macht.
Ein ungewöhnlicher Betrugsfall ist jetzt am Memminger Amtsgericht verhandelt worden: Denn der Angeklagte hat zwar illegal Geld angehäuft, aber nicht für sich, sondern für einen privaten Kindergarten. Die uneigennützige Tat schützte den 60-Jährigen aber nicht vor Strafe. Am Ende lautete das Urteil zwei Jahre Gefängnis auf Bewährung. Zudem muss der Mann eine Geldstrafe in Höhe von 9000 Euro bezahlen. Für den Angeklagten sprach unter anderem, dass er ein umfassendes Geständnis ablegte.
Wie Staatsanwalt Dr. Michael Bachmann zu Beginn der Verhandlung erläuterte, ist der Angeklagte Vorsitzender eines privaten Vereins,
der im Unterallgäu eine Kindertagesstätte betreibt. In dieser Funktion habe er öffentliche Fördermittel für die Betreuung der Kinder beantragt. Dabei habe er in zahlreichen Fällen falsche Angaben gemacht, sodass der Kita-Trägerverein mehr Geld vom Staat und von Kommunen bekommen habe, als ihm gesetzlich zugestanden hätte. So seien beispielsweise Betreuungszeiten angegeben worden, die gar nicht geleistet wurden. Auch bei der Zahl der eingesetzten Betreuungskräfte habe der Diplom-Sozialpädagoge immer wieder falsche Angaben gemacht und dadurch dem Verein „eine illegale Einnahmequelle geschaffen“, wie es der Staatsanwalt ausdrückte. Laut Anklage wurden auf diese Weise von 2015 bis zum Jahr 2020 insgesamt rund 360.000 Euro ervollständig gaunert. Aufgeflogen ist die Betrugsmasche 2020, nachdem das Landratsamt in Mindelheim Verdacht geschöpft und die Polizei eingeschaltet hatte. Wie eine Ermittlerin vor Gericht aussagte, hätten unter anderem Belege für beantragte Förderungen gefehlt. Letztlich dauerte es bis zum Jahr 2022, bis die Polizei alle Beweise zusammengetragen hatte und es zur Anklage kam.
Bei der Beurteilung des Falls unterstrich Staatsanwalt Bachmann in seinem Plädoyer, dass die hohe Summe von 360.000 Euro gegen den Angeklagten spreche. Gleichzeitig führte er wie Verteidigerin Anja Mack aber auch etliche Punkte auf, die für den Angeklagten sprechen würden. So habe er ein umfassendes Geständnis abgelegt und der finanzielle Schaden sei bereits beglichen worden. Auch dass er das ergaunerte Geld nicht in seine eigene Tasche gesteckt, sondern komplett auf dem Konto des Vereins belassen habe, sei ein besonderer Umstand, der strafmildernd gewertet werden könne. Gleiches gelte für den Umstand, dass der Angeklagte bis zum vorliegenden Fall strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war.
Allerdings ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass der heute 60-Jährige bereits im Juli 2021 wegen Untreue vom Amtsgericht Memmingen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Er hatte als Berufsbetreuer wesentlich mehr Geld für die Betreuung eines 77-Jährigen abgerechnet, als tatsächlich zu bezahlen war. Dadurch sei dem Senior ein Schaden von über 32.000 Euro entstanden.
Da diese Verurteilung aber erst nach den Taten im „Kindergartenfall“erfolgte, gilt der Angeklagte im aktuellen Fall als nicht vorbestraft.
Allerdings bezog das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Nicolai Braun das Urteil vom Juli 2021 in das jetzt zu verhängende Strafmaß mit ein. Am Ende lautete das Urteil zwei Jahre Gefängnis auf Bewährung, wobei die Bewährungszeit auf vier Jahre festgesetzt wurde. Die Geldstrafe beträgt 180 Tagessätze zu je 50 Euro. Darüber hinaus muss der Angeklagte innerhalb eines Jahres seine Tätigkeit im Vorstand des Kita-Trägervereins aufgeben. Die Betreuung der Kinder musste laut Gericht aufgrund des Betrugsfalls im Übrigen nie eingestellt werden, sondern lief in geordneten Bahnen weiter.