Bahn baut um und schließt derweil das Video-Reisezentrum
Seit Mitte Oktober 2018 können Bahnfahrkarten im Video-Reisezentrum gelöst werden. Bald ist damit vorübergehend Schluss. Was Pendler jetzt wissen müssen.
Der 84-jährige Rainhold Jopp kommt aus dem VideoReisezentrum und hält lächelnd seine Fahrkarte in der Hand. „Am Anfang war es schwer, aber ich hab´s gelernt“, sagt er. Von den derzeit 90 installierten Video-Reisezentren im Süden Deutschlands liege das Wörishofer hinsichtlich der Anrufzahlen im obersten Bereich, teilt eine Sprecherin der Bahn mit. Doch schon bald stehen Veränderungen an.
Am Wörishofer Bahnsteigende steht ein modernes rotes Häuschen, das Video-Reisezentrum der Deutschen Bahn. Doch wie ist es für die ältere Generation, ohne persönlichen Kontakt am Schalter oder im Reisebüro Fahrkarten zu kaufen? „Für die Jungen ist es einfach, aber für die ältere Generation, die nicht mit der Technik aufgewachsen ist, ist es schwierig“, sagt Rainhold Jopp. „Ich habe hier auch keine Verwandten, die mir dabei helfen.“So lange es ging, fuhr er deshalb mit dem Fahrrad nach Buchloe, um sich Bahnfahrkarten zu kaufen, da es dort noch einen Fahrkartenschalter gibt. Inzwischen habe er sich aber an das Video-Reisezentrum in Bad Wörishofen gewöhnt. „Man muss Geduld haben, ich habe inzwischen auch schon anderen geholfen.“Erstaunlicherweise gäbe es noch einen anderen Grund, warum ältere Menschen vor der Nutzung zurückschreckten. „Ich höre immer wieder: rot ist gefährlich, ich möchte nicht in die rote Bude.“Im Gespräch mit Mitarbeiterinnen des Zeitschriftenladens wird noch ein anderes Problem deutlich. „Die Menschen sehen uns als erste Anlaufstelle, sie denken, wir gehören zur Deutschen Bahn und
sie könnten hier eine Fahrkarte kaufen“. Dass es ein Video-Reisezentrum gibt, sehen die Kunden auf den ersten Blick nur, wenn sie
das Bahnhofsgelände von der hinteren Seite kommend betreten. „Die älteren Menschen haben ein bisschen Berührungsängste damit“,
verrät eine Mitarbeiterin, die meisten kämen jedoch gut damit zurecht, wenn sie sich einmal getraut hätten. Nach dem Betreten des Video-Reisezentrums drückt man den grünen Knopf. Es dauert nur wenige Sekunden, bis in diesem Fall eine freundliche BahnMitarbeiterin auf dem Bildschirm erscheint. „Keine Sorge, das Gespräch wird nicht aufgezeichnet“, nimmt sie erste Hemmungen. Und dann ist eigentlich alles wie am echten Schalter. Sie tippt die Reisewünsche in ihren Computer ein und man kann an einem zweiten Bildschirm genau verfolgen, welche Zugverbindung ausgewählt wird. Bezahlen kann man bar oder mit Karte. Am Ende gibt es eine ausgedruckte Fahrkarte.
Die Deutsche Bahn selbst zeigt sich zufrieden mit der Nutzung des Video-Reisezentrums in der Kneippstadt. Es werde sehr gut von den Reisenden angenommen, bislang hätten die DB keine Beschwerden von Kunden oder Meldungen erreicht, die darauf hindeuten, dass ältere Personen Schwierigkeiten mit der Nutzung hätten. „Im Gegenteil, nach der ersten Inanspruchnahme des Video-Reisezentrums erhalten wir häufig positive Rückmeldungen über die erneute Nutzung des Formats“, teilt eine Sprecherin der Deutschen Bahn mit. Die Verbindung zur Video-ReisezentrumsZentrale in Kempten funktioniere stabil und verlässlich, zu Ausfällen lägen keine Meldungen vor.
Doch bald werden sich die Wörishofer Fahrgäste erneut umstellen müssen. Ab dem 8. April beginnen am Bahnhof Umbauarbeiten, die nach aktuellem Stand zwei Monate dauern werden. „Das DB Video-Reisezentrum kann während der Bauausführung leider nicht in Betrieb bleiben, es ist dementsprechend geschlossen“, teilt die Deutsche Bahn mit. Was genau gemacht wird, teilte die Bahn auf Nachfrage bislang nicht mit.