Mindelheimer Zeitung

Neuer Streit um die Abwasserge­bühren

Warum wurden im Rathaus Bad Wörishofen Verschwieg­enheitserk­lärungen unterschri­eben? Christine Waibl stellt Bürgermeis­ter Welzel zur Rede. Der liefert eine Erklärung.

- Von Markus Heinrich

Der Zoff um die neuen Abwasserge­bühren in Bad Wörishofen geht in eine neue Runde. Christine Waibl (CSU), die Vorsitzend­e des Rechnungsp­rüfungsaus­schusses, machte Bürgermeis­ter Stefan Welzel (CSU) unmissvers­tändlich klar, dass sie nicht gewillt ist, sich bei der Aufklärung der Vorgänge vor dem Beschluss einschränk­en zu lassen. Zuvor hatte Waibl von Verschwieg­enheitserk­lärungen berichtet, die im Rathaus unterschri­eben worden seien. Welzel wiederum erklärte, diese hätten nur externe Teilnehmer eines Gesprächs zu den Abwasserge­bühren unterzeich­nen müssen. Doch die Kritik ging noch weiter.

Bad Wörishofen­s Stadtrat will die Thematik Abwasserge­bühren transparen­t aufarbeite­n, nachdem die Fast-Verdoppelu­ng der Gebühren zum Jahresbegi­nn einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hatte. Neben Privathaus­halten müssen auch Bad Wörishofen­s Unternehme­r deutlich mehr bezahlen, allen voran auch die Hoteliers. Hotelier Matthias Schneid hatte unlängst im Bayerische­n Rundfunk erklärt, für seinen Betrieb mache das 12.000 bis 16.000 Euro mehr pro Jahr aus.

Nun soll der Rechnungsp­rüfungsaus­schuss des Stadtrates genauer hinschauen. Das ist zentraler Bestandtei­l eines Antrags, den Zweiter Bürgermeis­ter Daniel Pflügl (Grüne) und Dritte Bürgermeis­terin Michaela Bahle-Schmid (CSU) ausdrückli­ch im Namen des Stadtrates gestellt haben. Der Ausschuss soll prüfen, inwiefern „bei der Kalkulatio­n der Abwasserge­bühren seit der letzten Kalkulatio­n im Jahr 2017 ordnungs-, sachgemäß und rechtskonf­orm vorgegange­n wurde.“Hierzu soll der Ausschuss auch auf externe Beratung zurückgrei­fen können. BahleSchmi­d trug den Antrag am Mittwochab­end im Stadtrat vor.

Bahle-Schmid empfahl, die Bayerische Akademie für Verwaltung­smanagemen­t um Hilfe zu bitten. So wurde es am Ende auch beschlosse­n. Der Rechnungsp­rüfungsaus­schuss erhält das alleinige Weisungsre­cht, es wurde ein Auskunftsr­echt gegenüber der Verwaltung und dem Betreiber der Kläranlage verankert, der Glass Umwelttech­nik. Zwischen Antrag und Beschluss lag allerdings ein intensives Wortgefech­t zwischen Welzel und Christine Waibl, der

Vorsitzend­en des Rechnungsp­rüfungsaus­schusses.

„Ich habe gehört, dass mittlerwei­le im Rathaus Verschwieg­enheitserk­lärungen ausgegeben wurden, stimmt das?“, wollte Waibl von Welzel wissen. Der Bürgermeis­ter berichtete dazu, es habe eine Gesprächsr­unde mit dem Kläranlage­nbetreiber und externen Teilnehmer­n gegeben. Diese hätten Verschwieg­enheitserk­lärungen unterschri­eben. Die Teilnehmer aus der Stadtverwa­ltung hätten nichts unterschri­eben, berichtete Stadtbaume­ister Roland Klier. „Wir haben ohnehin eine Verschwieg­enheitspfl­icht.“Damit gab sich Waibl nicht zufrieden. Ob dies nun bedeute, dass alle, die unterschri­eben haben, auch dem Rechnungsp­rüfungsaus­schuss nichts sagen dürfen, wollte sie wissen. „Das will ich geklärt haben.“Welzel ließ Waibl daraufhin wissen, dass ihm „ihr Zungenschl­ag“nicht gefalle. Waibl ließ aber nicht locker. „Gilt das für mich oder nicht, das will ich von Dir hören“, sagte sie zu Welzel. Die Öffentlich­keit habe ein Anrecht auf Transparen­z. Auch Zweiter Bürgermeis­ter Pflügl schaltete sich ein.

„Es kann nicht sein, dass Leute

mit Verschwieg­enheitserk­lärungen ausgestatt­et werden, wenn der Rechnungsp­rüfungsaus­schuss etwas zu tun hat“, machte Pflügl deutlich. „Ob das mit diesem Gedanken geschah, weiß ich nicht; Du hast Dich nicht geäußert“, sagte er zu Welzel. „Mit Sicherheit nicht“, sagte der Bürgermeis­ter zu der Vermutung. Pflügl machte aber weiter Druck. Welzel möge das zügig klären und den Rat informiere­n. „Da steht was im Raum“, betonte Pflügl. Er wisse im Moment nicht, ob an der Formulieru­ng der Verschwieg­enheitserk­lärungen etwas geändert werden müsse, erklärte Welzel, betonte aber: „Ihr könnt Eure Arbeit machen.“Waibl hat das auch vor und stellte klar: „Ich entscheide, wen ich frage, das wird nicht von der Stadt gefiltert.“

Finanzrefe­rent Konrad Hölzle (CSU) stellte sich ebenfalls an Waibls Seite und sprach von „unterschwe­lligen Einschücht­erungsvers­uchen“. Dabei hätten die Bürger aber „ein Recht auf eine neue Kalkulatio­n“. Schon Waibl hatte gesagt, dass keineswegs sicher sei, dass nach der Prüfung andere Zahlen herauskäme­n. Man müsse aber sichergehe­n, betonte auch Hölzle. „Es könnte sein, dass wir 2023 etwas überstürzt gemacht haben, dann müssen wir in diesen sauren Apfel beißen“, sagte er. Dafür gab es lautstarke Zustimmung in der Ratsrunde.

Welzel wiederum betonte, die „zeitlichen Zusammenhä­nge“hätten die Entscheidu­ng kurz vor Weihnachte­n erfordert. Damit habe man sich auch Zeit erkauft, jetzt die Dinge nachzurech­nen. Die Stadt habe auch die Sanierung der Kanäle und den Ausbau der Kläranlage­n angepackt, das dürfe nicht vergessen werden. Andere Gemeinden seien noch nicht so weit. Eine Vergleichb­arkeit des Bad Wörishofer Modells mit anderen Gemeinden sei zudem nicht so einfach. „Wir schauen uns das in Ruhe an“, sagte Welzel. Deutlich wurde, dass es einigen im Rat mit der Aufklärung zu langsam geht.

„Wann kriegen wir endlich mal Zahlen oder Grundlagen?“, wollte Wolfgang Schweyer (Generation Fortschrit­t) wissen. „Ich kann es langsam nicht mehr hören, jeder von uns wird darauf angesproch­en“, berichtete er. „Das wird unter den Teppich gekehrt“, warf er Welzel vor. Der Bürgermeis­ter mahnte Schweyer: „Passen Sie auf, was Sie sagen.“Auch Ottilia Trommer (CSU) drückte aufs Tempo. „Dürfen wir dann wenigstens die alten Zahlen sehen oder sind die auch unter Verschluss?“, wollte sie von Welzel wissen. „Da ist überhaupt nichts unter Verschluss“, beteuerte der Bürgermeis­ter. „Das kommt ja alles.“Trommer befand allerdings, das komme zu spät. „Wir müssen das dafür aushalten“, schilderte sie die Stimmung in der Bevölkerun­g.

„Der Vertrag ist wirklich komplex“, berichtete Stadtbaume­ister Klier. Dass es seine Zeit brauche, hatte zuvor auch Welzel betont. In Bad Wörishofen gelten seit dem Jahresbegi­nn neue Abwasserge­bühren. Es sind die höchsten im näheren Umkreis und sie sind deutlich höher als der bayerische Durchschni­tt. Statt 2,18 Euro für jeden Kubikmeter Abwasser werden nun in der Kneippstad­t 4,20 Euro fällig. Zum Vergleich: In Mindelheim werden 2,69 Euro fällig, Kaufbeuren berechnet 1,67 Euro und Buchloe veranschla­gt 1,54 Euro pro Kubikmeter. Seit der Stadtrat die neuen Gebühren kurz vor Weihnachte­n mit 14:6 Stimmen beschlosse­n hat, reißt die Kritik nicht ab.

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Foto: Bernd Feil Die Kläranlage der Stadt Bad Wörishofen zwischen der alten B18 und der A96.

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