Neuer Streit um die Abwassergebühren
Warum wurden im Rathaus Bad Wörishofen Verschwiegenheitserklärungen unterschrieben? Christine Waibl stellt Bürgermeister Welzel zur Rede. Der liefert eine Erklärung.
Der Zoff um die neuen Abwassergebühren in Bad Wörishofen geht in eine neue Runde. Christine Waibl (CSU), die Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, machte Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) unmissverständlich klar, dass sie nicht gewillt ist, sich bei der Aufklärung der Vorgänge vor dem Beschluss einschränken zu lassen. Zuvor hatte Waibl von Verschwiegenheitserklärungen berichtet, die im Rathaus unterschrieben worden seien. Welzel wiederum erklärte, diese hätten nur externe Teilnehmer eines Gesprächs zu den Abwassergebühren unterzeichnen müssen. Doch die Kritik ging noch weiter.
Bad Wörishofens Stadtrat will die Thematik Abwassergebühren transparent aufarbeiten, nachdem die Fast-Verdoppelung der Gebühren zum Jahresbeginn einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hatte. Neben Privathaushalten müssen auch Bad Wörishofens Unternehmer deutlich mehr bezahlen, allen voran auch die Hoteliers. Hotelier Matthias Schneid hatte unlängst im Bayerischen Rundfunk erklärt, für seinen Betrieb mache das 12.000 bis 16.000 Euro mehr pro Jahr aus.
Nun soll der Rechnungsprüfungsausschuss des Stadtrates genauer hinschauen. Das ist zentraler Bestandteil eines Antrags, den Zweiter Bürgermeister Daniel Pflügl (Grüne) und Dritte Bürgermeisterin Michaela Bahle-Schmid (CSU) ausdrücklich im Namen des Stadtrates gestellt haben. Der Ausschuss soll prüfen, inwiefern „bei der Kalkulation der Abwassergebühren seit der letzten Kalkulation im Jahr 2017 ordnungs-, sachgemäß und rechtskonform vorgegangen wurde.“Hierzu soll der Ausschuss auch auf externe Beratung zurückgreifen können. BahleSchmid trug den Antrag am Mittwochabend im Stadtrat vor.
Bahle-Schmid empfahl, die Bayerische Akademie für Verwaltungsmanagement um Hilfe zu bitten. So wurde es am Ende auch beschlossen. Der Rechnungsprüfungsausschuss erhält das alleinige Weisungsrecht, es wurde ein Auskunftsrecht gegenüber der Verwaltung und dem Betreiber der Kläranlage verankert, der Glass Umwelttechnik. Zwischen Antrag und Beschluss lag allerdings ein intensives Wortgefecht zwischen Welzel und Christine Waibl, der
Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses.
„Ich habe gehört, dass mittlerweile im Rathaus Verschwiegenheitserklärungen ausgegeben wurden, stimmt das?“, wollte Waibl von Welzel wissen. Der Bürgermeister berichtete dazu, es habe eine Gesprächsrunde mit dem Kläranlagenbetreiber und externen Teilnehmern gegeben. Diese hätten Verschwiegenheitserklärungen unterschrieben. Die Teilnehmer aus der Stadtverwaltung hätten nichts unterschrieben, berichtete Stadtbaumeister Roland Klier. „Wir haben ohnehin eine Verschwiegenheitspflicht.“Damit gab sich Waibl nicht zufrieden. Ob dies nun bedeute, dass alle, die unterschrieben haben, auch dem Rechnungsprüfungsausschuss nichts sagen dürfen, wollte sie wissen. „Das will ich geklärt haben.“Welzel ließ Waibl daraufhin wissen, dass ihm „ihr Zungenschlag“nicht gefalle. Waibl ließ aber nicht locker. „Gilt das für mich oder nicht, das will ich von Dir hören“, sagte sie zu Welzel. Die Öffentlichkeit habe ein Anrecht auf Transparenz. Auch Zweiter Bürgermeister Pflügl schaltete sich ein.
„Es kann nicht sein, dass Leute
mit Verschwiegenheitserklärungen ausgestattet werden, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss etwas zu tun hat“, machte Pflügl deutlich. „Ob das mit diesem Gedanken geschah, weiß ich nicht; Du hast Dich nicht geäußert“, sagte er zu Welzel. „Mit Sicherheit nicht“, sagte der Bürgermeister zu der Vermutung. Pflügl machte aber weiter Druck. Welzel möge das zügig klären und den Rat informieren. „Da steht was im Raum“, betonte Pflügl. Er wisse im Moment nicht, ob an der Formulierung der Verschwiegenheitserklärungen etwas geändert werden müsse, erklärte Welzel, betonte aber: „Ihr könnt Eure Arbeit machen.“Waibl hat das auch vor und stellte klar: „Ich entscheide, wen ich frage, das wird nicht von der Stadt gefiltert.“
Finanzreferent Konrad Hölzle (CSU) stellte sich ebenfalls an Waibls Seite und sprach von „unterschwelligen Einschüchterungsversuchen“. Dabei hätten die Bürger aber „ein Recht auf eine neue Kalkulation“. Schon Waibl hatte gesagt, dass keineswegs sicher sei, dass nach der Prüfung andere Zahlen herauskämen. Man müsse aber sichergehen, betonte auch Hölzle. „Es könnte sein, dass wir 2023 etwas überstürzt gemacht haben, dann müssen wir in diesen sauren Apfel beißen“, sagte er. Dafür gab es lautstarke Zustimmung in der Ratsrunde.
Welzel wiederum betonte, die „zeitlichen Zusammenhänge“hätten die Entscheidung kurz vor Weihnachten erfordert. Damit habe man sich auch Zeit erkauft, jetzt die Dinge nachzurechnen. Die Stadt habe auch die Sanierung der Kanäle und den Ausbau der Kläranlagen angepackt, das dürfe nicht vergessen werden. Andere Gemeinden seien noch nicht so weit. Eine Vergleichbarkeit des Bad Wörishofer Modells mit anderen Gemeinden sei zudem nicht so einfach. „Wir schauen uns das in Ruhe an“, sagte Welzel. Deutlich wurde, dass es einigen im Rat mit der Aufklärung zu langsam geht.
„Wann kriegen wir endlich mal Zahlen oder Grundlagen?“, wollte Wolfgang Schweyer (Generation Fortschritt) wissen. „Ich kann es langsam nicht mehr hören, jeder von uns wird darauf angesprochen“, berichtete er. „Das wird unter den Teppich gekehrt“, warf er Welzel vor. Der Bürgermeister mahnte Schweyer: „Passen Sie auf, was Sie sagen.“Auch Ottilia Trommer (CSU) drückte aufs Tempo. „Dürfen wir dann wenigstens die alten Zahlen sehen oder sind die auch unter Verschluss?“, wollte sie von Welzel wissen. „Da ist überhaupt nichts unter Verschluss“, beteuerte der Bürgermeister. „Das kommt ja alles.“Trommer befand allerdings, das komme zu spät. „Wir müssen das dafür aushalten“, schilderte sie die Stimmung in der Bevölkerung.
„Der Vertrag ist wirklich komplex“, berichtete Stadtbaumeister Klier. Dass es seine Zeit brauche, hatte zuvor auch Welzel betont. In Bad Wörishofen gelten seit dem Jahresbeginn neue Abwassergebühren. Es sind die höchsten im näheren Umkreis und sie sind deutlich höher als der bayerische Durchschnitt. Statt 2,18 Euro für jeden Kubikmeter Abwasser werden nun in der Kneippstadt 4,20 Euro fällig. Zum Vergleich: In Mindelheim werden 2,69 Euro fällig, Kaufbeuren berechnet 1,67 Euro und Buchloe veranschlagt 1,54 Euro pro Kubikmeter. Seit der Stadtrat die neuen Gebühren kurz vor Weihnachten mit 14:6 Stimmen beschlossen hat, reißt die Kritik nicht ab.