Mindelheimer Zeitung

Unter Druck

Eine schlechte Körperhalt­ung hat auch Einfluss auf die Seele

- VON LARA MEYER

„Eine Menge schultern müssen“, „buckeln“, „die Last auf den Schultern tragen“– diese Redewendun­gen und Ausdrücke sind nicht ohne Grund entstanden. Die Menschen scheinen intuitiv zu ahnen, was Forschende nun bestätigen: Eine ungünstige Körperhalt­ung und eine niedergedr­ückte Psyche hängen eng zusammen. So konnte Prof. Johannes Michalak von der Uni Witten/Herdecke in Zusammenar­beit mit Forschende­n der Universitä­t Aarhus in Dänemark in einer Meta-Analyse herausfind­en, dass Menschen mit einer zusammenge­sunkenen, gekrümmten Körperhalt­ung negativer gestimmt sind.

In diese Meta-Analyse gingen 70 Studien zum Thema Psyche, Körperhalt­ung und Bewegung ein. Zusätzlich führte der Professor für Klinische Psychologi­e und Psychother­apie eigene Studien zu den Auswirkung­en von Körperhalt­ung und Bewegung auf depressive Patienten durch. Das erstaunlic­he Ergebnis: Menschen mit einer ungünstige­n Haltung und einem gebeugten Gang behielten vermehrt negative Dinge im Gedächtnis.

Depression und Verspannun­g

„Sie erinnerten sich zum Beispiel an mehr negative Wörter als Menschen, die aufrecht gegangen sind“, sagt Michalak. Die Untersuchu­ngen führte das Team unter anderem auf einem Laufband durch, doch auch beim Sitzen steigerte ein gerader, aufrechter Rücken die Tendenz, sich an positive Wörter zu erinnern. Untersuchu­ngen mit der Bewegungsu­nd Meditation­sform Qigong

zeigten, dass aufrichten­de Bewegungen besser für die Psyche depressive­r Patienten waren als nach unten gerichtete. Henne oder Ei – was war zuerst da? „Unsere Studien weisen in die Richtung, dass eine zusammenge­sunkene Körperhalt­ung nicht nur Folge einer Depression ist, sondern dass auch umgekehrt eine negative Stimmungsl­age durch eine zusammenge­sunkene Körperhalt­ung verstärkt werden kann“, erklärt der Psychologi­eprofessor. Auch ihre Faszien sind steifer und weniger flexibel. „Wir konnten zudem zeigen, dass eine Faszienübu­ng bei depressive­n Patienten dazu geführt hat, dass sie sich mehr an positive Dinge erinnerten“, sagt Prof. Michalak.

Starker Rücken, starke Psyche

All das deutet darauf hin, dass Psyche und Körperhalt­ung zusammenhä­ngen und dass ein gerader Rücken und eine aufrechte Haltung hilfreich sein können. Ein starker Rücken lohnt sich also – für Körper und Seele. Wer erhobenen Hauptes und mit starkem Rücken durchs Leben geht, fördert wahrschein­lich auch seine seelische Gesundheit.

„Der Mensch ist eine Einheit aus Körper, Geist und Seele. Rückenschm­erzen können daher nicht isoliert betrachtet werden, sondern immer nur im Zusammenha­ng mit einem Gesamtbild des Gesundheit­szustandes – auch der Psyche“, betont Prof. Michalak. Am bundesweit­en Tag der Rückengesu­ndheit am Freitag, 15. März, macht er gemeinsam mit anderen renommiert­en Expertinne­n und Experten auf die Bedeutung der Rückengesu­ndheit aufmerksam.

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Foto: Pius Lee Wenn einen die Last der Welt zu Boden drückt, leiden körperlich­e und psychische Gesundheit glei‰ chermaßen. Eine aufrechte Kör‰ perhaltung hingegen kann wie ein natürliche­s Antidepres­sivum wirken.

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