Mindelheimer Zeitung

Große Erleichter­ung

Mit einem 34:31-Sieg gegen Österreich qualifizie­ren sich die deutschen Handballer für Olympia. Damit ist nun auch die Zukunft des Bundestrai­ners geklärt.

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Die Olympia-Party startete mit der Schlusssir­ene. Völlig losgelöst stürzten Deutschlan­ds Handballer nach der erfolgreic­hen Qualifikat­ion für die Sommerspie­le in Paris über das Parkett und feierten den 34:31 (18:15)-Sieg gegen Österreich mit einem ausgelasse­nen Jubel-Tanz. Nur Bundestrai­ner Alfred Gislason, dessen Vertrag sich damit bis zur Heim-WM 2027 verlängert, blieb gewohnt zurückhalt­end. Mit vor der Brust verschränk­ten Armen verfolgte der Isländer fast emotionslo­s die Ehrenrunde seiner DHB-Profis, die von den 10.099 Fans in Hannover lautstark gefeiert wurden. „Es war schön, diese Leistung zu sehen. Das Feuer ist da in der Mannschaft“, lobte Gislason den Auftritt des EM-Vierten, der das Qualifikat­ionsturnie­r auf Rang zwei hinter Kroatien beendete.

„Ich fühle große Erleichter­ung. Es war das erwartet schwere Spiel“, frohlockte Torwart Andreas Wolff und lobte: „Die Jungs haben Moral gezeigt. Wir haben verdient gewonnen.“

Julian Köster und Renars Uscins waren am Sonntag mit jeweils acht Toren beste Werfer für die deutsche Auswahl, die nach der 30:33-Niederlage gegen die Kroaten am Vortag mächtig unter Druck gestanden hatte. „Ich bin unglaublic­h stolz. Wir haben einen riesigen Fight geliefert“, sagte U21-Weltmeiste­r Uscins.

Für das DHB-Team ist es die dritte Olympia-Teilnahme nacheinand­er. 2016 holte Deutschlan­d in Rio de Janeiro Bronze. In Tokio war im Viertelfin­ale Schluss. Olympiasie­ger wurde eine deutsche Mannschaft erst einmal. Die DDR-Auswahl triumphier­te 1980 im legendären Finale gegen die Sowjetunio­n.

Durch die Qualifikat­ion herrscht auch in der Bundestrai­ner-Frage endlich Gewissheit. Gislason, der in den vergangene­n Tagen gereizt auf Nachfragen zu seiner Zukunft reagiert hatte, bleibt bis Februar 2027 im Amt. „Ich war etwas genervt von den Nachfragen“, räumte er ein. In Hannover hatte der Isländer seinen Job auf Bewährung erledigt. Hätte das DHB-Team das Paris-Ticket nicht gelöst, wäre Gislasons Zeit beim DHB vorbei gewesen. „Ich freue mich sehr, die Mannschaft weiter zu betreuen. Ich denke, sie wird

von Jahr zu Jahr besser werden“, sagte der 64-Jährige, der das Amt im Februar 2020 übernommen hatte.

„Es freut uns sehr, dass wir mit Alfred weitermach­en. Wir haben schon vor dem Turnier gesagt, dass er der richtige Trainer ist“, bekräftigt­e Torwart-Routinier Wolff. Gislason hat nun rund vier Monate

Zeit, um aus einer verunsiche­rten Mannschaft einen ernst zu nehmenden Medaillenk­andidaten zu formen.

Beim Fünf-Ringe-Turnier in Frankreich könnte sich für Handball-Deutschlan­d sogar eine doppelte Chance bieten. Auch die Frauen kämpfen im April in einer Gruppe mit Slowenien, Paraguay und Montenegro um ihr OlympiaTic­ket. Die Qualifikat­ion der DHBKollege­n sollte Ansporn genug sein.

24 Stunden nach der katastroph­alen Anfangspha­se gegen Kroatien wirkte Deutschlan­d im entscheide­nden Duell mit den Österreich­ern, gegen die es bei der Heim-EM im Januar nur zu einem Remis gereicht hatte, wie ausgewechs­elt. Von Abschlusss­chwäche kaum eine Spur. Die Führungssp­ieler um Julian Köster brachten die nötige Emotionali­tät und Körperlich­keit auf das Parkett, die Abwehrspie­ler leisteten deutlich mehr Widerstand.

Die 9:7-Führung nach einer Viertelstu­nde war verdient. Gislason wählte in einer ersten Auszeit sogar das Adjektiv „überragend“. Dass sich der EM-Vierte trotz guter Paraden von Wolff nicht entscheide­nd absetzen konnte, lag an einfachen Ballverlus­ten. Technische Fehler konnte das DHB-Team im Vergleich zum Vortag zwar verringern, aber nicht vermeiden. Umso besser, dass Turnier-Überfliege­r Uscins wieder einen Sahne-Tag erwischte und sein Team mit fünf Toren in Führung brachte (18:13).

Nach der Pause erhöhte sich die Intensität noch einmal. Im Tor setzte Gislason nun phasenweis­e auf U21-Weltmeiste­r David Späth, der die Halle mit zwei Paraden gleich in Ekstase versetzte. Von der aufgeladen­en Stimmung profitiert­e auch Köster. Das Rückraum-Ass erzielte drei Tore in Serie und stellte den Fünf-Tore-Vorsprung wieder her (24:19). Immer wieder durchbrach der 24-Jährige mit seinem unbändigen Willen Österreich­s hintere Reihen.

Teamkolleg­e Lukas Zerbe scheiterte hingegen zweimal aus aussichtsr­eicher Position, sodass Deutschlan­d am Ende noch einmal zittern musste. Acht Minuten vor Spielende schrumpfte der Vorsprung auf zwei Tore, doch das DHB-Team ließ sich den Sieg nicht mehr nehmen und fährt zu Olympia. (dpa)

„Wir haben einen riesigen Fight geliefert.“

Renars Uscins

 ?? Foto: David Inderlied, dpa ?? Alfred Gislason hat die deutschen Handballer zu den Sommerspie­len geführt und damit auch seinen Vertrag verlängert.
Foto: David Inderlied, dpa Alfred Gislason hat die deutschen Handballer zu den Sommerspie­len geführt und damit auch seinen Vertrag verlängert.

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