Mindelheimer Zeitung

Das ungewöhnli­che Hobby von Bayerns Ex-Justizmini­sterin

Das Haus für Kunst und Krippen in Bad Wörishofen zeigt eine besondere Ausstellun­g zu Ostern. Die Zustiftung gilt bereits jetzt als Glücksfall.

- Von Bernhard Ledermann

War es Zufall oder glückliche Fügung? In jedem Fall dürfte die Sammlung der früheren bayerische­n Justizmini­sterin Mathilde Berghofer-Weichner in Bad Wörishofen eine gute neue Bleibe gefunden haben. Vorausgega­ngen war eine jahrelange Suche nach einer Zukunft für die bedeutende Kunstsamml­ung. Dass die Suche vor einem Jahr ein glückliche­s Ende gefunden habe, darin waren sich bei der Eröffnung der neuen Ausstellun­g im Haus der Kunst und Krippen die Ehrengäste einig.

Bad Wörishofen­s Altbürgerm­eister Klaus Holetschek, inzwischen Vorsitzend­er der CSU-Fraktion im Bayerische­n Landtag, bemühte sogar ein historisch­es Zitat: „Jetzt wächst zusammen, was zusammenge­hört“, sagte er bei der Vernissage in Anlehnung an den früheren Bundeskanz­ler Willy Brandt. Die aktuelle Sonderauss­tellung im Bad Wörishofer Haus der Kunst und Krippen ist eine Gedenkauss­tellung für die einstige CSU-Ministerin und frühere stellvertr­etende Ministerpr­äsidentin Berghofer-Weichner. Über die Politikeri­n kursierte einst das Bonmot, sie sei der einzige Mann im Kabinett von Franz Josef Strauß.

Doch Berghofer-Weichner war nicht nur eine taffe Politikeri­n. Vielmehr wurde bereits zu Lebzeiten der 2008 verstorben­en Politikeri­n deutlich, dass sie eine feinsinnig­e Frau mit einer großen Liebe besonders zur Volkskunst war. Die einstige Ministerin zeichnete sich durch eine große Sammelleid­enschaft aus. Diese bezog sich nicht nur auf die Kunst. Auch Pflanzen hatten es ihr angetan. „In ihrem Dienstwage­n hatte sie immer einen Spaten“, verrät Professori­n Ursula Männle. Besondere Pflanzen grub sie aus, nahm sie mit und pflanzte sie in ihren Garten. „Der Garten war über und über blühend“, erzählt Männle. „Wenn man in ihr Haus kam, war alles übervoll: der Dachboden, der Keller. Es war ein kleines Häuschen, aber sie hatte überall Kunstgegen­stände lagern“, berichtet die frühere Ministerin Ursula Männle. „Sie selbst hatte einen Verein gegründet: den Verein Christlich­e Volkskunst aus aller Welt“, teilt Ursula Männle mit. Dieser Verein, dem Männle seit vielen Jahren vorsitzt, sollte für die Sammlung von überwiegen­d christlich­er Volkskunst eine bleibende Stätte organisier­en.

„Ich habe Frau Dr. BerghoferW­eichner noch im Krankenhau­s, kurz vor ihrem Tod, versichert, ich kümmere mich um die Sammlung“, erinnert sich Männle und schiebt nach: „Ich hätte nicht gedacht, dass das so lange geht.“Nach der Wende wollte BerghoferW­eichner ihre Sammlung nach Ostdeutsch­land an das Kloster Helfta übergeben. Die überzeugte Katholikin verband damit die Hoffnung, dass die christlich­e Kunst einen Beitrag zur Verbreitun­g des christlich­en Glaubens im vielfach atheistisc­h und säkular geprägten Osten Deutschlan­ds leisten könne. Diese Verkündigu­ng des Glaubens ist eine Absicht, die der Bad Wörishofer Kunstsamml­er und Begründer der Sankt-LukasStift­ung, Bartholomä­us Ernst, zeitlebens mit der früheren Ministerin teilt.

Bis es jedoch zur Aufnahme eines großen Teils der Kunstsamml­ung von Berghofer-Weichner in Bad Wörishofen kommen sollte, dauerte es aber noch eine ganze Weile. Nach Angaben von Männle scheiterte die Aufnahme der Sammlung in Ostdeutsch­land wegen unklaren Eigentumsv­erhältniss­en. Schließlic­h kam sie auf die Abtei Waldsassen. Die Pläne für ein Museum waren weit gediehen, wurden schließlic­h aber nicht verwirklic­ht. Die Kunstsamml­ung war 2008, als Berghofer-Weichner gestorben ist, bereits nach Waldsassen transporti­ert worden, um einige Jahre später zur Zwischenla­gerung nach Kloster Banz gebracht zu werden. Ursula Männle hat in all den Jahren intensiv nach einer Lösung gesucht. Einen Teil der Sammlung konnte sie an das Bayerische Nationalmu­seum übergeben, das sich für die Stiftung Weinhold in Schleißhei­m interessie­rte. Vor einem guten Jahr erreichte Männle dann der entscheide­nde Hinweis. Er kam von Josef Erhard, dem früheren Amtschef im Kultusmini­sterium. Erhard hatte das neu errichtete Haus der Kunst und Krippen in Bad Wörishofen besucht und war begeistert. Sogleich machte er Männle darauf aufmerksam, die wiederum „inkognito“, so teilt sie es mit, das Haus besichtigt­e. Auch Männle war sehr angetan. „Es ist erstaunlic­h, wie jeder Raum in diesem Kunsthaus eine eigene Qualität hat“, urteilt sie. Man spüre „das Herzblut“, das Bartholomä­us Ernst in dieses Haus gelegt habe. Das Ganze sei „so glaubwürdi­g“, sagt Männle und ergänzt: „Die Entdeckung in Wörishofen war ein Glücksfall.“

„Ich habe den persönlich­en Umgang von Bartholomä­us Ernst mit der Kunst und auch mit dem tieferen Sinn dahinter erlebt“, sagte Männle bei der Eröffnung am Samstag. Von daher sei das Wörishofer Haus ein würdiges Haus. Mehrere tausend Ostereier – aus den unterschie­dlichsten Materialie­n, aber auch von Federtier – wurden im vergangene­n Jahr als Zustiftung an die Sankt-LukasStift­ung übergeben. Viele der Eier aus der Sammlung BerghoferW­eichner sind von nun an ausgestell­t – vielfach im gewohnten „Ernst-Stil“: eingebette­t in Lebenswelt­en, in passenden Zusammenst­ellungen, geschmackv­oll dekoriert, inhaltlich und thematisch sortiert und passend zusammenge­stellt. Zur sehenswert­en Ausstellun­g trug nicht zuletzt der unermüdlic­he Einsatz von Bartholomä­us Ernst, oft bis in die Nachtstund­en hinein, bei. Bartholomä­us Ernst und Bürgermeis­ter Stefan Welzel dankten alle Helfern, allen voran dem rührigen Freundeskr­eis der Stiftung. Ernst selbst zeigte sich dankbar für die Kraft, über die er als 81-jähriger Ausstellun­gsmacher immer noch verfügt. Er mahnte aber zu einer schnellen Lösung zur Zukunft des Hauses für Kunst und Krippen. Die Einstellun­g einer Stadtarchi­varin, die auch in der Betreuung des Kunsthause­s tätig werden soll, verstanden die Festgäste bei der Eröffnung als ersten Schritt. Ursula Männle deutete an, dass sie weitere Gespräche führen werde, um Kooperatio­nen mit überörtlic­hen Institutio­nen anzubahnen.

> Die Gedenkauss­tellung „Ostereier aus aller Welt“ist bis zum Pfingstmon­tag, 17. Mai, im Haus der Kunst und Krippen, Erlenweg 7, zu sehen. Das Kunsthaus ist täglich, außer montags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Am Karfreitag ist es geschlosse­n. Am Ostermonta­g und am Pfingstmon­tag ist es ausnahmswe­ise geöffnet.

 ?? ?? Eine große Anzahl an kunstvolle­n Ostereiern ist nun in Bad Wörishofen zu sehen. Die Sammlung hat Bayerns frühere Justizmini­sterin zusammenge­tragen.
Eine große Anzahl an kunstvolle­n Ostereiern ist nun in Bad Wörishofen zu sehen. Die Sammlung hat Bayerns frühere Justizmini­sterin zusammenge­tragen.
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Fotos: Bernhard Ledermann Ursula Männle hat viele Jahre lang nach einem würdigen Ort für die Kunstsamml­ung ihrer Mentorin gesucht.
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Bartholomä­us Ernst ist auch mit 81 Jahren noch ein unermüdlic­her Ausstellun­gsmacher.

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