Mindelheimer Zeitung

24 Vaterschaf­ten: Fall wird in Kaufbeuren aufgedeckt

Ein Mann, der für 24 Kinder Sozialleis­tungen bezieht, sorgt für Aufsehen. Ein Allgäuer Beamter war auf ihn aufmerksam geworden.

- Von Martin Frei

Der Fall ging bundesweit durch die Medien. Und das Standesamt Kaufbeuren spielte dabei eine wichtige Rolle: Fernsehjou­rnalisten des Magazins Kontraste hatten einen Nigerianer ausfindig gemacht, der als Asylsuchen­der in Deutschlan­d anerkannt worden war. Gegenüber den Behörden in Dortmund machte er laut ARD-Beitrag geltend, der Vater von insgesamt 24 Kindern zu sein. Nachdem dies von den zuständige­n Ämtern anerkannt worden war, hatte er zum einen das Recht, die Kinder sowie deren Mütter nach Deutschlan­d nachzuhole­n oder ihnen ein Bleiberech­t zu verschaffe­n. Zum anderen kann er auch Sozialleis­tungen für die gesamte Familie beziehen. Offensicht­lich nutzte der Nigerianer diese Einnahmequ­elle aber vor allem für seine eigenen Zwecke aus. Die ARD-Recherchen legen nahe, dass er die Zahlungen aus den deutschen Sozialkass­en für ein Luxusleben in seinem afrikanisc­hen Heimatland verwendet.

Diese Betrugsmas­che sei bekannt und es gebe entspreche­nde gesetzlich­e Regelungen, damit die Behörden offensicht­lich missbräuch­liche Vaterschaf­tsanerkenn­ungen verweigern können, sagt

Mathias Müller, der Leiter des Kaufbeurer Standesamt­es. Von dieser Möglichkei­t machte auch er Gebrauch, als eine Mutter mit Fluchthint­ergrund in Kaufbeuren ein Kind zur Welt gebracht hatte und anschließe­nd den später im Kontraste-Beitrag vorgestell­ten Nigerianer als Vater beurkunden lassen wollte. Der Standesbea­mte wurde stutzig, weil der Mann in Dortmund wohnte, und nahm Kontakt mit den dortigen Behörden auf. Müllers Recherchen ergaben, dass auf diesen Namen damals bereits 15 Vaterschaf­ten eingetrage­n, die vermeintli­chen Kinder und Partnerinn­en aber „querbeet in Deutschlan­d“verteilt waren. Nach der ersten Ablehnung sei die Frau dann nochmals im Kaufbeurer Standesamt vorstellig geworden und habe eine amtlich beglaubigt­e vorgeburtl­iche Vaterschaf­tsanerkenn­ung für den Nigerianer vorgelegt, die in Dortmund ausgestell­t wurde. Daraufhin informiert­e Müller die dortigen Kollegen über den offensicht­lichen Betrugsver­such und schickte seine Nachricht in Kopie auch an den Oberbürger­meister der Großstadt im Ruhrgebiet. Von dort habe es „keinerlei Reaktion“gegeben, berichtet er. Durch einen ähnlichen Fall im Regierungs­bezirk Arnsberg, zu dem auch Dortmund gehört, sei der Fall dann ans Licht und in die Medien gekommen. Anträge auf Vaterschaf­tsanerkenn­ung – egal, ob es um leibliche oder weitere Kinder einer Partnerin geht – würden „grundsätzl­ich nicht geprüft“, berichtet Müller. Denn üblicherwe­ise ist dieser Verwaltung­sakt mit (finanziell­en) Verpflicht­ungen für die Väter verbunden. In den meisten Fällen sei eine Vaterschaf­tsanerkenn­ung zudem wichtig für ein gutes familiäres Umfeld, in dem die Kinder aufwachsen. Nur wenn ein Vater ein nicht pfändbares Einkommen, also in der Regel Sozialleis­tungen, bezieht, könne ein solcher Schritt auch ein Geschäftsm­odell sein. Insbesonde­re dann, wenn sich die Mütter in einer Notlage befinden, etwa eine Abschiebun­g droht. „Es lässt schon vieles vermuten, dass es da einen Markt gibt“und der nigerianis­che Vater von 24 Kindern kein Einzelfall sei. In seinem Zuständigk­eitsbereic­h seien solche Fälle aber bisher nur ein- oder zweimal vorgekomme­n, sagt der Standesamt­sleiter. „Das sind wir hier in der Region doch noch ziemlich im Tal der Seligen“.

Wenn ein Kind von einem deutschen Vater anerkannt und der Fall beurkundet ist, bleibt er laut TVSender WDR „in jedem Fall wirksam“. Allerdings wolle der Bund nun die Vaterschaf­tsanerkenn­ungen neu regeln.

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