Hinter dem Kaugummibaron steht viel Arbeit
Die Laiendarsteller des Theaterstadels in Wiedergeltingen freuen sich, dass es endlich wieder losgeht. Das neue Stück spielt im Wiedergeltinger Dorfladen.
Das Gebäude im Osterweg in Wiedergeltingen hat eine lange und bunte Vergangenheit. Bis in die 1980er-Jahre hinein der Zauberstadl, dann die auch in der Region äußerst bekannte und beliebte Disco Stechmücke, dann eine Weile Leerstand, danach Gemeindebauhof und jetzt, seit 15 Jahren, die Heimat des Vereins Theaterstadl Wiedergeltingen. Das Haus, von den Vereinsmitgliedern selbst um- und ausgebaut, beherbergt im Dachgeschoss Zuschauerraum, Bühne und ein kleines Labyrinth dahinter mit Aufenthaltsraum und den Umkleiden. Außerdem befinden sich in dem Gebäude – in bester Dorfgemeinschaft – noch das Musikerheim, der Jugendraum und das Schützenheim.
Der Theaterverein Wiedergeltingen hat 50 Mitglieder. Knapp 20 davon sind aktive Spieler. Seit 2007 wird regelmäßig ein Stück im Jahr aufgeführt, mit dreimal Corona-Zwangspause in den Jahren 2020 bis 2022. Das sei damals sehr bitter gewesen, weil sie der Lockdown 2020 eine Woche vor der Premiere im März kalt erwischt habe, erzählt Alexandra Knobloch: „Ein halbes Jahr Arbeit umsonst!“Und danach hätten sie sich lieber ein neues Stück ausgesucht.
In diesem Jahr steht am Palmsonntag die Premiere des diesjährigen Stücks „Der Kaugummibaron“von Michael May. Eine Woche zuvor wurden die 150 Zuschauerstühle aus dem Depot geholt und in Reihen aufgestellt, es wurde sauber gemacht, abgestaubt und Getränke und die Garderobe für die Besucher hergerichtet. Viele Hände halfen mit. Und die Theaterleute erzählten, was da so alles noch im Vorfeld einer Theateraufführung dazugehört hätte. Denn das sei viel.
Die Vorbereitungen begännen ein gutes halbes Jahr zuvor im Oktober mit einer ersten Leseprobe. Bis dahin hat sich Spielleiterin Karina Leinsle schon mit der Auswahl eines passenden Stücks beschäftigt. Am wichtigsten: Wer kann mitspielen? „Ich hab’ dann vielleicht zehn Mitspieler. Was für Charaktere brauche ich, junge, ältere? Und das Allerwichtigste im Vorfeld: Passt das Stück?“Wenn ihre Wahl Zustimmung findet, beschäftigen sich die zukünftigen Darsteller mit ihren Texten. Einer lerne leicht auswendig, einem anderen falle es schwerer.
Zum Theaterglück gibt es deshalb die Souffleusen. Susanne Haller und Roswitha Müller sitzen in der kleinen Box mit dem runden Dach in der vorderen Bühnenmitte und haben ständigen Blickkontakt mit den Spielern. So kann jeder Text-Blackout sofort aufgefangen werden. Und: Jede Rolle werde nur einmal besetzt, „mehr ginge gar nicht“, so Vorsitzender Winfried Filser.
„Dafür haben wir einfach nicht die Leute.“Und wenn jemand kurzfristig ausfalle? Das sei zum Glück noch nie passiert. Aber es habe durchaus schon mal den Auftritt mit dicker Backe nach einer Zahn-OP oder einen Spieler mit im Drehbuch nicht vorgesehener Krücke gegeben.
Auch Bühnenbauer Thomas Strauß hat schon früh im Jahr mit dem Aufbau begonnen. Stolz zeigt er seine passgenau für das Stück gebauten Trennwände und die Türen. Variable Deckenführungen würden ihm großen Spielraum erlauben. Für einen Innenraum – wie heuer den schön bestückten Dorfladen mit der maßgeschreinerten Theke – oder auch mal für die Gestaltung von Außenbereichen. Da die Bühne nicht groß ist, sei das jedes Mal eine Herausforderung. Und der Bühnenbauer Thomas Strauß spielt auch selbst mit auf „seiner“Bühne. Zuständig für die Lichtregie – und als Kassenwart auch für die Finanzen – ist Karsten Icke Lincke. Gerade noch vor der Coronapause habe man eine komplette – und teure – Lichttechnik angeschafft. Die habe jetzt ihren zweiten Einsatz und funktioniere super. Die Darsteller seien auf ihre eigene Stimme angewiesen, es würden keine Mikrofone benutzt. Dafür sei der Raum zu klein. Da sei man am Montag nach einer Wochenendvorstellung schon mal ordentlich heiser, so Winfried Filser. Glockengeläut oder Autohupen werde über eine Musikbox mit Steuerung über ein Handy erzeugt. Eine Kamera sei über der Bühne aufgehängt, und zwei Bildschirme in den Aufenthaltsräumen dahinter zeigen den Akteuren, was gerade laufe und wann sie selbst wieder dran seien.
Nach der ersten Leseprobe im Oktober würden ab Januar dann die eigentlichen Proben beginnen. Erst einzelne Szenen, dann ein Akt, dann „alles durch“. Und das regelmäßig an zwei Abenden die Woche. Alles sehr, sehr aufwendig, aber: „Wir sind ein guter Haufen, und haben einen schönen Zusammenhalt!“
„Der Kaugummibaron“hat sicher amerikanische Anklänge, spielt aber im Dorfladen in Wiedergeltingen. Ob die revolutionäre Erfindung des Barons – „ein Verkaufsschlager!“– den von der Schließung bedrohten Dorfladen retten kann, Irrungen und Wirrungen eingeschlossen? Die vier Damen und die fünf Herren auf der Bühne warten schon ungeduldig auf ihren ersten Auftritt. Bis zum 7. April sind alle Vorstellungen vom „Kaugummibaron“ausverkauft. Restkarten gibt es noch für den 21. und 27. April 2024. Die können unter der Telefonnummer 0174/7947892, montags und dienstags von 18 bis 20 Uhr, reserviert werden.