Bald kommt Milch aus dem Schwarzwald
Hunderte Bauern liefern Milch nach Bad Wörishofen. Das Milchwerk wird ausgebaut. Sogar eine Erweiterung scheint möglich, wenn es genügend Interessenten gibt.
Im Milchwerk Bad Wörishofen wurden zuletzt über 180 Millionen Kilogramm Milch zu Käse verarbeitet, heuer werden es noch mehr sein. Wer diesen Käse jedoch probieren will, muss nach Frankreich fahren und dort eine Pizza essen – darauf landet er nämlich zu großen Teilen. In den Läden im Unterallgäu findet man den Käse dagegen nicht. Daran ändert sich auch nichts, wenn das Milchwerk nun den nächsten Wachstumsschritt macht, zu dem ein Millionen Euro schwerer Ausbau und der überraschende Bezug von großen Mengen Milch aus dem Schwarzwald gehören.
Das Milchwerk Bad Wörishofen gehört seit fünf Jahren der belgischen Vache Bleue Gruppe und behauptet sich seither in einem umkämpften Markt. „Alleine in Schwaben gibt es 38 Molkereien“, sagt Jörg van Loock, der damals den Werksverkauf begleitete und in Bad Wörishofen nun die Geschäfte führt. „Die Konkurrenz ist groß“, betont er. Nirgendwo sonst in Deutschland sei die Molkereidichte größer.
Die Milchwerk Bad Wörishofen GmbH habe deshalb das Ziel, immer mindestens den durchschnittlichen bayerischen Milchpreis zu zahlen. Das gebe den Bauern Sicherheit. Zuletzt lag dieser Preis bei 47 Cent für ein Kilo Milch mit 4,2 Prozent Fett, berichtet der Geschäftsführer. Das habe man auch in Bad Wörishofen bezahlt. Im Jahr 2023 hätten die Lieferanten über das Jahr hinweg im Schnitt 50 Cent erhalten, für Bio-Milch gab es 58,50 Cent. Man habe sich auf diese Weise eine gute Reputation erarbeitet, sagt van Loock, der in Bad Wörishofen momentan 67 Mitarbeitende beschäftigt. Rund 300 Landwirte belieferten das Milchwerk direkt, weitere 300 bis 400 indirekt, etwa über Liefergemeinschaften. Das Milchwerk setzt zudem auf Bio, der Anteil sei mit zwölf Prozent hoch. „Wir erhalten dreimal mehr als prozentual eigentlich produziert wird“, rechnet van Loock vor.
Der in Bad Wörishofen hergestellte Emmentaler gehe zu 70 Prozent nach Frankreich, sagt van Loock. Dort könne man bessere Preise erzielen, als in Deutschland. In Frankreich komme auf die Pizza Emmentaler, kein Mozzarella, sagt van Loock. Die Gastronomie sei deshalb der größte Abnehmer. Beliefert werde zudem der belgische Einzelhandel und auch Märkte in Italien, wo man den Käse aus Bayern sehr schätze. Insgesamt 16.500 Tonnen Käse wurden in Bad Wörishofen zuletzt hergestellt, dazu
59.000 Tonnen Molkekonzentrat und 7000 Tonnen Rahm. Produziert wird rund um die Uhr. Rahm und Molke gehen vor allem an Industriekunden in Deutschland. Das Milchwerk hat im Jahr 2023 einen Umsatz von 109 Millionen Euro gemacht.
Seit über 60 Jahren wird in Bad Wörishofen schon Käse hergestellt. Dabei hatte das Milchwerk schon viele Eigentümer, zuletzt Arla Foods, davor gehörte es zu den Allgäuland Käsereien. 1994 beschäftigte das Milchwerk sogar 140 Mitarbeitende an drei Standorten: Bad Wörishofen, Kaufbeuren und Woringen. Nun soll das Werk wieder wachsen, wenngleich bei Weitem nicht auf einstige Größe. Mit 67 Beschäftigten sei man derzeit optimal aufgestellt, flexibel und effizient, lobt der Geschäftsführer. Allerdings hat van Loock gerade erst die Fühler in den Schwarzwald ausgestreckt, mit Erfolg. „Mit den Landwirten aus Oberschwaben und aus dem Raum Stuttgart haben wir bereits langjährige Erfahrung“, sagt van Loock. Seit Januar 2024 bezieht das Werk auch Rohmilch aus dem österreichischen Rheintal zwischen Bregenz und Feldkirch. „Ab 2025 erweitern wir die Milchsammlung in BadenWürttemberg um die Region Villingen-Schwenningen“, gibt van Loock bekannt. Ab 2026 komme dann noch die Region WaldshutTiengen dazu.
„Ab 2026 erhalten wir dann über 50 Prozent unserer Rohmilch aus Baden-Württemberg“, rechnet der Geschäftsführer vor. „Da es durchweg große Betriebe sind, die zu uns stoßen, sind die Kosten der Milchsammlung gering und erlauben daher den Transport der Milch mit Sattelzügen nach Bad Wörishofen.“ Mit den neuen Lieferanten könne das Milchwerk in den nächsten Jahren voll ausgelastet werden. Für 2024 habe man Verträge über 191 Millionen Kilogramm Milch vorliegen, für das Jahr 2025 sind es 197 Millionen Kilogramm. „Gern unterhalten wir uns auch mit Liefergruppen in der näheren Umgebung“, sagt van Loock. „Bei Erfolg können wir die Kapazität des Milchwerks erweitern.“
Gebaut wird schon jetzt, allerdings geht es um die Anlieferungszone. Bereits in den vergangenen fünf Jahren habe man etwa eine Million Euro in das Milchwerk investiert, sagt van Loock. Davon habe man allerdings nicht viel sehen können. Das wird nun anders. Gebaut wird eine neue Abtankanlage für die Milchfahrzeuge, welche mit ihrer Überdachung an eine übergroße Tankstelle erinnert wird. Von dort aus können die Lastwagen dann leer gleich in die Reinigungsanlage fahren, die komplett modernisiert werde. Rund drei Millionen Euro werde das alles kosten. Im Oktober 2024 soll es losgehen. Auch die Zufahrt zum Werk werde neu gestaltet.
Bis Ende Dezember soll bereits alles fertig sein. „Das wird eine Herausforderung“, sagt van Loock. Denn der Ausbau soll bei Vollbetrieb erfolgen. Zwar komme im Herbst weniger Milch an als im Rest des Jahres. Aber rund 500.000 Liter pro Tag seien es weiterhin. Ungefähr 40 Sattelzüge voller Milch kommen pro Tag am Milchwerk an, zwölf Sattelzüge holen die Molke ab und ein Sattelzug pro Tag den Rahm. Das muss alles koordiniert werden. Van Loock freut sich darauf. Es sei schön, dass das Milchwerk deutlich sichtbar ausgebaut werde, sagt er.