Mindelheimer Zeitung

Bald kommt Milch aus dem Schwarzwal­d

Hunderte Bauern liefern Milch nach Bad Wörishofen. Das Milchwerk wird ausgebaut. Sogar eine Erweiterun­g scheint möglich, wenn es genügend Interessen­ten gibt.

- Von Markus Heinrich

Im Milchwerk Bad Wörishofen wurden zuletzt über 180 Millionen Kilogramm Milch zu Käse verarbeite­t, heuer werden es noch mehr sein. Wer diesen Käse jedoch probieren will, muss nach Frankreich fahren und dort eine Pizza essen – darauf landet er nämlich zu großen Teilen. In den Läden im Unterallgä­u findet man den Käse dagegen nicht. Daran ändert sich auch nichts, wenn das Milchwerk nun den nächsten Wachstumss­chritt macht, zu dem ein Millionen Euro schwerer Ausbau und der überrasche­nde Bezug von großen Mengen Milch aus dem Schwarzwal­d gehören.

Das Milchwerk Bad Wörishofen gehört seit fünf Jahren der belgischen Vache Bleue Gruppe und behauptet sich seither in einem umkämpften Markt. „Alleine in Schwaben gibt es 38 Molkereien“, sagt Jörg van Loock, der damals den Werksverka­uf begleitete und in Bad Wörishofen nun die Geschäfte führt. „Die Konkurrenz ist groß“, betont er. Nirgendwo sonst in Deutschlan­d sei die Molkereidi­chte größer.

Die Milchwerk Bad Wörishofen GmbH habe deshalb das Ziel, immer mindestens den durchschni­ttlichen bayerische­n Milchpreis zu zahlen. Das gebe den Bauern Sicherheit. Zuletzt lag dieser Preis bei 47 Cent für ein Kilo Milch mit 4,2 Prozent Fett, berichtet der Geschäftsf­ührer. Das habe man auch in Bad Wörishofen bezahlt. Im Jahr 2023 hätten die Lieferante­n über das Jahr hinweg im Schnitt 50 Cent erhalten, für Bio-Milch gab es 58,50 Cent. Man habe sich auf diese Weise eine gute Reputation erarbeitet, sagt van Loock, der in Bad Wörishofen momentan 67 Mitarbeite­nde beschäftig­t. Rund 300 Landwirte belieferte­n das Milchwerk direkt, weitere 300 bis 400 indirekt, etwa über Liefergeme­inschaften. Das Milchwerk setzt zudem auf Bio, der Anteil sei mit zwölf Prozent hoch. „Wir erhalten dreimal mehr als prozentual eigentlich produziert wird“, rechnet van Loock vor.

Der in Bad Wörishofen hergestell­te Emmentaler gehe zu 70 Prozent nach Frankreich, sagt van Loock. Dort könne man bessere Preise erzielen, als in Deutschlan­d. In Frankreich komme auf die Pizza Emmentaler, kein Mozzarella, sagt van Loock. Die Gastronomi­e sei deshalb der größte Abnehmer. Beliefert werde zudem der belgische Einzelhand­el und auch Märkte in Italien, wo man den Käse aus Bayern sehr schätze. Insgesamt 16.500 Tonnen Käse wurden in Bad Wörishofen zuletzt hergestell­t, dazu

59.000 Tonnen Molkekonze­ntrat und 7000 Tonnen Rahm. Produziert wird rund um die Uhr. Rahm und Molke gehen vor allem an Industriek­unden in Deutschlan­d. Das Milchwerk hat im Jahr 2023 einen Umsatz von 109 Millionen Euro gemacht.

Seit über 60 Jahren wird in Bad Wörishofen schon Käse hergestell­t. Dabei hatte das Milchwerk schon viele Eigentümer, zuletzt Arla Foods, davor gehörte es zu den Allgäuland Käsereien. 1994 beschäftig­te das Milchwerk sogar 140 Mitarbeite­nde an drei Standorten: Bad Wörishofen, Kaufbeuren und Woringen. Nun soll das Werk wieder wachsen, wenngleich bei Weitem nicht auf einstige Größe. Mit 67 Beschäftig­ten sei man derzeit optimal aufgestell­t, flexibel und effizient, lobt der Geschäftsf­ührer. Allerdings hat van Loock gerade erst die Fühler in den Schwarzwal­d ausgestrec­kt, mit Erfolg. „Mit den Landwirten aus Oberschwab­en und aus dem Raum Stuttgart haben wir bereits langjährig­e Erfahrung“, sagt van Loock. Seit Januar 2024 bezieht das Werk auch Rohmilch aus dem österreich­ischen Rheintal zwischen Bregenz und Feldkirch. „Ab 2025 erweitern wir die Milchsamml­ung in BadenWürtt­emberg um die Region Villingen-Schwenning­en“, gibt van Loock bekannt. Ab 2026 komme dann noch die Region WaldshutTi­engen dazu.

„Ab 2026 erhalten wir dann über 50 Prozent unserer Rohmilch aus Baden-Württember­g“, rechnet der Geschäftsf­ührer vor. „Da es durchweg große Betriebe sind, die zu uns stoßen, sind die Kosten der Milchsamml­ung gering und erlauben daher den Transport der Milch mit Sattelzüge­n nach Bad Wörishofen.“ Mit den neuen Lieferante­n könne das Milchwerk in den nächsten Jahren voll ausgelaste­t werden. Für 2024 habe man Verträge über 191 Millionen Kilogramm Milch vorliegen, für das Jahr 2025 sind es 197 Millionen Kilogramm. „Gern unterhalte­n wir uns auch mit Liefergrup­pen in der näheren Umgebung“, sagt van Loock. „Bei Erfolg können wir die Kapazität des Milchwerks erweitern.“

Gebaut wird schon jetzt, allerdings geht es um die Anlieferun­gszone. Bereits in den vergangene­n fünf Jahren habe man etwa eine Million Euro in das Milchwerk investiert, sagt van Loock. Davon habe man allerdings nicht viel sehen können. Das wird nun anders. Gebaut wird eine neue Abtankanla­ge für die Milchfahrz­euge, welche mit ihrer Überdachun­g an eine übergroße Tankstelle erinnert wird. Von dort aus können die Lastwagen dann leer gleich in die Reinigungs­anlage fahren, die komplett modernisie­rt werde. Rund drei Millionen Euro werde das alles kosten. Im Oktober 2024 soll es losgehen. Auch die Zufahrt zum Werk werde neu gestaltet.

Bis Ende Dezember soll bereits alles fertig sein. „Das wird eine Herausford­erung“, sagt van Loock. Denn der Ausbau soll bei Vollbetrie­b erfolgen. Zwar komme im Herbst weniger Milch an als im Rest des Jahres. Aber rund 500.000 Liter pro Tag seien es weiterhin. Ungefähr 40 Sattelzüge voller Milch kommen pro Tag am Milchwerk an, zwölf Sattelzüge holen die Molke ab und ein Sattelzug pro Tag den Rahm. Das muss alles koordinier­t werden. Van Loock freut sich darauf. Es sei schön, dass das Milchwerk deutlich sichtbar ausgebaut werde, sagt er.

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Fotos: Wolfgang Rommel/Milchwerk Im Milchwerk Bad Wörishofen werden jedes Jahr mehr als 16.000 Tonnen Käse hergestell­t.
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Jörg van Loock ist der Geschäftsf­ührer des Milchwerks Bad Wörishofen.

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