Serienmörder auf Brautschau
Die Oberstufenschüler des Maristenkollegs inszenieren eine moderne Fassung des Blaubart-Märchens.
Neugier, Misstrauen und Egoismus – menschliche Schwächen, die unsere Beziehungen belasten. Doch warum können wir uns zu selten dieser Eigenschaften erwehren? Dieser Frage ging das Oberstufentheater des Maristenkollges in seinen Aufführungen auf der Bühne unter der Studienkirche nach. Die sechzehnköpfige Truppe unter der Leitung von Jochen Schuster inszenierte die moderne MärchenAdaption „Blaubart reloaded“von Heribert Braun und überzeugte das Publikum auf ganzer Linie.
Anders als in der französischen Vorlage handelt es sich bei Blaubart nicht um einen Adeligen, sondern um den Schönheitschirurgen Barbleu, der mithilfe seiner Mutter Cleo junge Mädchen aus einfachen Verhältnissen über das Internet kennenlernt und dann auf rätselhafte Weise „verliert“. Elias Abidi spielte den zu Stimmungsschwankungen neigenden Arzt mit Überzeugung und passte die Darstellung je nach Zusammenspiel der Figuren stets stimmig an. Seine besitzergreifende Mutter – psychologisch beklemmend herausgearbeitet von Christina Hetzl – nährt die Abhängigkeit ihres Sohnes, um sich selbst und ihrem Leben Bedeutung zu verleihen.
Gemeinsam locken sie die erst 18-jährige und aus schlichten Verhältnissen stammende Laura Schimmelpfennig in ihr Haus, wo sie sich als frischvermählte Frau des Schönheitschirurgen anfangs äußerst wohlfühlt und den neuen Reichtum genießt. Doch die Ehe erweist sich recht schnell als Albtraum. Diesen Wandel brachte Mia Ziehensack nachvollziehbar und mit großer Spielfreude zum Ausdruck. In mehreren Szenen gelang den jungen Schauspielerinnen und Schauspielern auch immer wieder das Zuspiel auf absurd-komische Momente, beispielsweise beim Aufeinandertreffen der beiden Familien oder bei der Suche nach einem Hochzeitskleid im Brautladen.
Den Höhepunkt bildet – wie im Originalmärchen – eine Schlüsselübergabe Barbleus an seine Frau, die während seiner Abwesenheit einen bestimmten Raum im Keller nicht betreten soll. Doch Neugier und Misstrauen treiben das junge Mädchen zur Erkenntnis, einen Serienmörder geheiratet zu haben. Das Ganze mündet am Ende in einem Mord an Blaubarts Mutter, dessen Auflösung aber ebenso ausbleibt wie die scheinbaren Lehren, die die Beteiligten aus ihrem Handeln ziehen.
Gelungenes Element der Inszenierung war die Integration eines Sprechchors, dessen Mitglieder die Handlung immer wieder unterbrachen und die Entscheidungen der Protagonisten hinterfragten. Die Texte hierfür hatte Amelie Boxler verfasst, Clemens Dirscherl setzte diese, musikalisch stimmig unterlegt, ins rechte Licht.
Beeindruckt zeigte sich das Publikum von der Fülle an Eindrücken, die in schnellen Szenenwechseln und durch den geschickten Einsatz eines reduzierten Bühnenbildes erzeugt wurden. Den zeitlichen und organisatorischen Aufwand, den die Oberstufenschülerinnen und -schüler geleistet hatten, lobte am Ende auch Kursleiter Jochen Schuster, der vor allem den angehenden Abiturientinnen und Abiturienten seinen Dank für ihren zweijährigen Einsatz aussprach. Der Kurzeinsatz der beiden Sechstklässler Elsa und Anton Boxler auf der Bühne zeigte zudem, dass die Zukunft der Theaterarbeit am Maristenkolleg auch nach den Abgängen gesichert ist. (mz)