Richtiges Atmen kann bei Gesundheitsproblemen helfen
Die Gesundheitstage Bad Wörishofen liefern Tipps und Übungen für Menschen, die einmal richtig durchatmen wollen.
Bad Wörishofen Atmen ist eine Selbstverständlichkeit, der man bei Beschwerdelosigkeit keine erhöhte Aufmerksamkeit schenkt. Wie wichtig die Dimensionen des Atmens für die Gesundheit und das Wohlbefinden sind, wurde bei den Gesundheitstagen deutlich. Erfahrene Atemtherapeutinnen teilten ihre Erfahrungen und gaben praktische Tipps und Übungen mit auf den Weg, die beispielsweise Stress lindern sollen.
Sich für sich selbst Zeit nehmen und einfach mal durchatmen – Atemtherapeutin Carmen Lescheticky aus der Gartenstadt von Bad Wörishofen zeigte, wie das geht. „Atmen ist mehr als ein biochemischer oder körperlicher Vorgang“, betonte sie, atmen sei ein ganzheitliches Geschehen. Im Gegensatz zu Atemtechniken zur bewussten Steuerung des Atems stellte Lescheticky einfache Übungen vor, bei denen der Atem bewusst zugelassen wird. Leichtes Dehnen der Arme nach oben, eine kleine Fußmassage durch den jeweils anderen Fuß, ein Ausstreichen der Beine
mit den Händen, ein bewusstes Stehen mit locker gelassenen Knien, achtsames Beckenkreisen, Massieren der Ohren oder Streicheln der Ellenbogen gehörte dazu.
„Es sollte grundsätzlich darauf geachtet werden, durch die Nase zu atmen“, sagte sie. Da die Nasenöffnung wesentlich kleiner sei als der Mund, sei der Atemwiderstand bei der Nasenatmung im Wachzustand um rund 50 Prozent höher als bei der Mundatmung. „Das hat eine um zehn bis 20 Prozent höhere Sauerstoffaufnahme im Blut zur Folge“, erklärte Lescheticky, zudem sei die Nasenatmung langsamer, tiefer und spanne das Zwerchfell an, was beruhigend wirke. Zusätzlich werde die Luft gefiltert, erwärmt und befeuchtet, bevor sie in die Lunge gerät. Wer sich zwischendurch entspannen wollte, bekam zwei rückenentlastende und atemerleichternde Übungen an die Hand: Den Schaukelsitz, bei dem man ein Knie in beide Hände nimmt und leicht vor und zurück schaukelt und den Kutschersitz, bei dem man sich nach vorne beugt und mit den Unterarmen kurz vor den Knien abstützt. Entspanntes
und ausdrücklich erwünschtes Gähnen zeigte ganz offensichtlich, wie wohltuend die Übungen für die Gäste gewesen waren. „Es war atemberaubend toll, hat uns aber nicht atemlos gemacht“, fasste Kurseelsorger Adalbert Keller den aktiven Vortrag treffend zusammen. Antje Pfenninger war eigens zu den Gesundheitstagen aus Biel in der Schweiz angereist und begeistert. „Ich habe dazugelernt und werde einige Übungen in meinen Alltag integrieren“, sagte sie.
Am Abend sprach dann Evi Schöllmann aus Mittelfranken über „Wie wir atmen – und warum uns die Luft wegbleibt“Die Atmung versorge jede Zelle mit Sauerstoff, betonte sie. Mit zwölf bis 16 Atemzügen in der Minute bewege jeder Mensch täglich zwischen 10.000 und 20.000 Liter Luft, erstaunte sie die Zuhörenden. Auch Schöllmann integrierte kurze Übungen in den Vortrag.
Sich auf die Stuhlkante zu setzen, die Hände auf den Brustraum zu legen, die Augen zu schließen und wahrzunehmen, wie die Luft in den Körper strömt, sei beispielsweise eine kurze Begegnung mit sich selbst, die bereits den Atem verändere. „Dieser kurze Moment unterbricht Stress und reicht oft schon, um mit neuer Energie weiterzugehen“, gab sie den Zuhörenden mit auf den Weg. Der wichtigste Atemmuskel sei das Zwerchfell. „Die Lunge selbst bewegt sich eigentlich nicht, sie braucht dazu unser Zwerchfell“. Diese quer liegende Muskel-Sehnenplatte teile die Brust- von der Bauchhöhle. Beim Einatmen ziehe sich das Zwerchfell zusammen, Lunge und Herz werden gedehnt, erklärte die erfahrene Atemtherapeutin. Bei einer kraftvollen Atmung können sogar Spannungen im unteren Rücken erreicht werden.
„Das Zwerchfell lässt sich wie ein Muskel trainieren“, erklärt Schöllmann, eine einfache Übung sei, ähnlich der Geräusche einer Dampflock explosives Aussprechen von Sch-sch-Lauten. Diese Übung massiere die Bauchorgane und fördere mehrmals am Tag geübt sogar die Verdauung. „Freuen Sie sich über Warteschlangen und nutzen Sie diese zum Lösen Ihrer Knie und einer bewussten Aufrichtung im Atem“, empfahl sie. Durch bewusst tiefes und langsames Atmen gelinge es, dem Parasympathikus vorzugaukeln entspannt zu sein, was in Stresssituationen helfen könne. „Der Vortrag war faszinierend, vor allem, dass man mit dem Atem Rückenproblemen begegnen kann und dass es mehrere Atemräume gibt“, fand Zuhörer Christian Nägele aus Stockheim, der mit Begeisterung erzählte, durch das Erlernen eines Blechblasinstrumentes die korrekte Bauchatmung mit Zwerchfell auch in seinen Alltag integriert zu haben.