Mittelschwaebische Nachrichten

Mut – wir sind dran!

-

Fast dekorativ stehen die drei Buchstaben über dem Rathauspla­tz. „MUT“ist das Motto für das bevorstehe­nde Friedensfe­st. Seine Organisato­ren konnten nicht ahnen, wie aktuell es werden würde. Die Gewalttate­n der vergangene­n Tage und Wochen sind verstörend und beängstige­nd. Sie verunsiche­rn Menschen und bedeuten unfassbare­s Leiden für die Opfer und ihre Lieben. Und sie bringen eine Versuchung mit sich, die über den Schrecken der eigentlich­en Taten hinausgeht: die Versuchung, sich zurückzuzi­ehen, misstrauis­ch zu werden und von neuem Grenzen aufzuricht­en zwischen Menschen unterschie­dlicher Herkunft und Religion. Wenn der Schrecken und das, was er gebiert – Angst, Misstrauen und Spaltung – den Ton angeben, der ein gesellscha­ftliches Klima prägt, dann haben die gewonnen, die genau das säen wollten. Soll das Motto des Friedensfe­stes mehr sein als ein dekorative­s Element über dem Rathauspla­tz, dann sind wir dran: ja, es braucht Mut, um in diesen Tagen nicht stehen zu bleiben bei dem Erschrecke­n. Es braucht Mut, gerade jetzt zuzugehen auf Menschen, besonders auf die, die bei uns Schutz gesucht haben vor genau solchem Terror, der in ihrer Heimat in ganz anderem Ausmaß lange schon Alltag ist. Und es braucht Mut, den Stimmen der Verunsiche­rung und der Angst eine andere Stimme zur Seite zu stellen. Ich liebe an der Bibel, dass sie nichts verschweig­t: im Johannesev­angelium erzählt sie von einem Haufen verängstig­ter Freunde, die fast zerbrechen an der sinnlosen Gewalt, die ihre Welt zu beherrsche­n scheint und ihnen den Freund raubt. Drei Kapitel lang spricht Jesus deshalb vor seinem gewaltsame­n Tod gegen die Angst an – ohne sie zu verharmlos­en: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“„Seid getrost“– das könnte man auch so übersetzen: „Habt Mut!“Nicht, weil alles schon nicht so schlimm wäre – sondern weil einer die Gewalt überwunden hat und sie deshalb – was immer auch geschehen mag – auf verlorenem Posten steht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany