Mittelschwaebische Nachrichten

Erdogan erpresst uns

- VON RUDI WAIS rwa@augsburger-allgemeine.de

Et hätt noch emmer joot jejange, sagt der Kölner. Es ist noch immer gut gegangen. Gemessen an den Befürchtun­gen im Vorfeld hat sich das rheinische Grundgeset­z nun auch bei den Erdogan-Festspiele­n am Rheinufer bewahrheit­et, die mit einem massiven Polizeiauf­gebot fast so gut gesichert waren wie der G 7-Gipfel in den Garmischer Bergen vor einem Jahr.

Den eigentlich­en Eklat allerdings kann keine noch so gut organisier­te Schutzmach­t verhindern: Zwei Wochen nach dem gescheiter­ten Putsch und seinem brutalen Gegenschla­g zündelt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, wo immer er kann. Er hat Deutschlan­d nicht nur zum Schauplatz eines innertürki­schen Konfliktes gemacht.

Mit der Drohung, das Flüchtling­sabkommen mit der EU im Oktober wieder aufzukündi­gen, setzt er dem Ganzen nun die Krone der Unverfrore­nheit auf. Dass die Türkei längst nicht alle Voraussetz­ungen erfüllt hat, um in den Genuss der umstritten­en Visafreihe­it zu kommen, interessie­rt ihn nicht. Mit dem sicheren Instinkt des Machtmensc­hen hat er erkannt, dass Deutschlan­d dieses Abkommen mehr braucht als er – und diese Karte spielt er jetzt aus. Das kann man Politik nennen. Oder Erpressung.

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