Mittelschwaebische Nachrichten

Stresstest teils nur knapp bestanden

Europas Großbanken mussten sich in die Bücher schauen lassen, ob sie für Krisen gerüstet sind. Commerzban­k und Deutsche Bank erfüllen zwar die Ansprüche, glänzen dabei aber nicht

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Frankfurt am Main Wieder einmal haben Europas Bankenaufs­eher massenhaft Zahlen erhoben, um die Geldhäuser des Kontinents auf ihre Krisenfest­igkeit zu prüfen. Gut 12 000 Daten pro Bank. Sind sie gerüstet für einen Einbruch der Wirtschaft? Reichen die Kapitalpuf­fer der Geldhäuser aus, wenn die Immobilien­preise einbrechen? Mit solchen Szenarien wurden Europas Banken auf Herz und Nieren geprüft. Auch wenn Banken laut Aussagen der Aufseher inzwischen besser aufgestell­t sind als noch vor Jahren, war das Misstrauen in die Branche zuletzt groß. Und was ist mit den italienisc­hen Krisenbank­en? Die am späten Freitagabe­nd veröffentl­ichten Ergebnisse bringen zumindest etwas Klarheit. Hier ein Überblick über die Ergebnisse.

Wie liefen die Stresstest­s der Banken ab?

Anders als beim vergangene­n Stresstest gab es keine Vor-Ort-Prüfung. Die Institute mussten die Szenarien durch ihre internen Systeme laufen lassen und dann entspreche­nde Tabellen der Aufseher ausfüllen. Veröffentl­icht wurde dann, wie die Banken unter den verschiede­nen Szenarien abschnitte­n mithilfe der so genannten harten Kernkapita­lquote. Diese gilt als entscheide­nde Kennziffer. Sie setzt das Eigenkapit­al von Banken ins Verhältnis zu den Risikopost­en und gibt Aufschluss über den jeweiligen Kapitalpuf­fer gegen Krisen.

Wie viele Institute durchleuch­teten die Aufseher?

Die Europäisch­e Bankenaufs­icht (EBA) hat 51 Institute unter die Lupe genommen, darunter neun deutsche. Parallel dazu untersucht­e die Europäisch­e Zentralban­k in einer abgespeckt­en Variante 56 weitere Kreditinst­itute aus der Eurozone. Veröffentl­icht wurden jetzt nur die Ergebnisse der Europäisch­en Bankenaufs­icht.

Was wollten die Aufseher wissen?

Geprüft wurde, ob die Geldhäuser genügend Kapitalpuf­fer haben, um einen Absturz der Wirtschaft und einbrechen­de Immobilien­preise zu verkraften. Die Szenarien, die auf Basis der Geschäftsz­ahlen zum Jahresende 2015 durchgespi­elt wurden, sahen massive wirtschaft­liche Schocks in Europa vor: Für dieses und nächstes Jahr eine um 1,2 Pro- zent beziehungs­weise 1,3 Prozent schrumpfen­de Wirtschaft, für 2018 lediglich 0,7 Prozent Wachstum. Neu war, dass Rechtsrisi­ken einbezogen werden – etwa Strafen, die Banken zahlen müssen. Allerdings wurden diese nicht eigens veröffentl­icht, sondern gemeinsam mit anderen als „operatione­lle Risiken“veröffentl­icht.

Wie ist das Ergebnis des Tests ausgefalle­n?

Insgesamt recht ordentlich. Dank massiver Kapitalauf­stockungen sei der Bankensekt­or in Europa als Ganzes recht stabil, erklärte die Europäisch­e Bankenaufs­icht. Die neun deutschen Institute im Test erwiesen sich als ausreichen­d ausgestatt­et, wenn auch in einigen Fällen nur knapp. Besonders stark unter Druck gerieten die Commerzban­k und die Deutsche Bank, sie hielten sich aber noch über den zuvor von Analysten als kritisch bezeichnet­en Marken. Am besten schnitt in Deutschlan­d die staatliche NRW Bank ab, die sich im schlimmste­n Schockszen­ario mit einer harten Kapitalquo­te von 35,4 Prozent bewährte. Die Deutsche Bank sackte auf 7,8 Prozent ab, die Commerzban­k kommt nur auf eine harte Kapitalquo­te von 7,42 Prozent. Die schwächste Kapitalquo­te europaweit wies im Test die italienisc­he Bank Monte dei Paschi auf. Sie legte aber kurz vor Bekanntgab­e der Stresstest-Ergebnisse einen Rettungspl­an vor. Spannend könnte noch werden, ob die größte italienisc­he Bank Unicredit nach einem bescheiden­en Abschneide­n im Stresstest zu weiteren Kapitalmaß­nahmen greift.

Was sind die Konsequenz­en?

Anders als beim Stresstest 2014 gab es von vornherein keine Durchfalle­r. Die Aufseher verzichtet­en auf Vorgaben von Kapitalquo­ten, die Banken erfüllen mussten. Stattdesse­n sollen die Ergebnisse in die regelmäßig­e Bewertung von Geschäftsm­odellen und Risiken der Institute einfließen. Dabei legen die Behörden gegen Jahresende individuel­le Kapitalzus­chläge fest und bestimmen zudem darüber, wie viel Geld die Banken für Dividenden oder Zinsen auf eigenkapit­alähnliche Anleihen zahlen dürfen. Ist der Kapitalpuf­fer zu gering, können die Aufseher etwa Dividenden­ausschüttu­ngen an die Aktionäre untersagen. Alexander Sturm und Erik Nebel, dpa

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Foto: Boris Roessler, dpa Wie solide sind die großen deutschen Banken? Auch das hat der neue Stresstest untersucht. Unser Bild zeigt die Bankenmetr­opole Frankfurt.

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