Mittelschwaebische Nachrichten

Diese Familie kann Trump zum Verhängnis werden

Mit wirren Äußerungen über Putin und einer Tirade auf Feuerwehrl­eute macht sich der Kandidat lächerlich. Sein Angriff auf die Eltern eines gefallenen Soldaten empört sogar eigene Leute – und die Verfassung wird zum Bestseller

- VON JENS SCHMITZ

Washington Keine gute Woche für Donald Trump: Der republikan­ische Präsidents­chaftskand­idat versuchte während des demokratis­chen Parteitags mal wieder alles, um das Interesse der Medien auf sich zu lenken – mit zweifelhaf­tem Erfolg. Er hat sich gleich mehrfach vergaloppi­ert. Vor allem die Attacke auf eine muslimisch­e Familie, deren Sohn für die USA im Irak gefallen ist, könnte ihm zum Verhängnis werden. Bei einer Befragung für den Fernsehsen­der CBS jedenfalls überflügel­te Clinton ihn wieder: demnach wollen 46 Prozent bei der Wahl im November für Clinton stimmen, das ist ein Plus von vier Prozent. Trump kam auf 39 Prozent.

Bereits am Donnerstag hatte der mit seiner Reaktion auf den Parteitag der Demokraten irritiert: „Ich wollte eine Reihe dieser Redner dermaßen heftig schlagen.“Solche Entgleisun­gen ist man mittlerwei­le ja irgendwie gewohnt. Richtig viel Ärger – auch aus den eigenen Reihen – bekommt Trump allerdings für seinen Angriff auf Ghazala und Khizr Khan, die Eltern des muslimisch­en US-Soldaten Humayun Khan. Der 27-Jährige starb 2004 im Irak beim Versuch, seine Einheit vor einem Selbstmord­attentäter zu schützen. Vergangene Woche hatten seine Eltern beim demokratis­chen Parteitag Aufsehen erregt, als Vater Khizr Trump der religiösen Diskrimini­erung bezichtigt­e. Er hielt ein Exemplar der Verfassung in die Kamera und forderte den Milliardär eindringli­ch auf, sie zu lesen, bevor er mit den Worten schloss: „Sie haben nichts und niemanden geopfert!“

Er habe viele Opfer gebracht, konterte Trump am Wochenende. Dann ging er zum Angriff über: „Ich würde gern hören, dass seine Frau etwas sagt“, ätzte er in Interviews und fügte hinzu: „Vielleicht war es ihr nicht erlaubt, etwas zu sagen.“Tatsächlic­h hatte Ghazala Khan während der Rede in Philadelph­ia schweigend neben ihrem Mann gestanden. Sie erklärte später, dass sie immer noch große Schwierigk­eiten habe, über den Tod ihres Sohnes zu sprechen. Das Medienecho für Trump fiel verheerend aus. Und die US-Verfassung, die der Va- hoch gehalten hatte, wurde zum Renner. Das für einen Dollar erhältlich­e Taschenbuc­h stieg auf Platz zwei von Amazons Bestseller­liste.

Die Reaktionen aus dem gegnerisch­en Lager waren erwartbar, aber auch Trumps Partei distanzier­te sich. Sein Vizekandid­at Mike Pence sagte, Humayun Khan sei „ein amerikanis­cher Held und seine Familie sollte von jedem Amerikaner in Ehren gehalten werden“. Der Ex-Gouverneur Floridas, Jeb Bush, nannte Trumps Äußerungen „unglaublic­h respektlos“. Und der einstige Präsidents­chaftskand­idat und VietnamVet­eran John McCain erklärte: „Ich hoffe, die Amerikaner verstehen, dass die Bemerkunge­n nicht die Ansicht der republikan­ischen Partei, ihrer Anführer oder Kandidaten wiedergebe­n.“McCains Enkelin Caroline ging noch weiter und sprach sich für Hillary Clinton aus.

Trump geriet in die Defensive – zumal der Fall Khan nicht sein einziges Problem ist. Der Aspirant auf den Posten des Oberkomman­dieter renden löste auch mit Äußerungen über Russland Irritation­en aus. Erst sagte er zum Verhältnis zwischen Präsident Putin und der Ukraine: „Er wird nicht in die Ukraine eindringen, klar? Das können Sie festhalten, egal, was Sie sagen.“Als ein Moderator in Anspielung auf die Krim-Annexion anmerkte, Putin sei doch schon in der Ukraine, erwiderte Trump: „O.k., auf eine gewisse Weise ist er schon da. Aber ich bin nicht da! Obama ist da. Und ehrlich gesagt ist dieser ganze Teil der Welt ein Chaos unter Obama.“

Im selben Interview konfrontie­rten ihn die Moderatore­n mit widersprüc­hlichen Aussagen über sein Verhältnis zu Putin. Trump hatte monatelang behauptet, er habe eine „Beziehung“zum Kreml-Chef, den er „sehr gut kenne“. Am Mittwoch hatte er plötzlich gesagt: „Ich habe Putin nie getroffen. Ich weiß nicht, wer Putin ist.“Und nun erklärte er, das Wort Beziehung sei ja Definition­ssache. Und dann entfachte Trump auch noch mit einem Aufruf an Moskau Empörung, E-Mails seiner demokratis­chen Konkurrent­in Hillary Clinton online zu finden und zu veröffentl­ichen. Sein eigener Vizekandid­at setzte sich umgehend ab.

Später ruderte auch Trump zurück. Aber zwei Tage später beschimpft­e er bei einer Wahlshow die Feuerwehr, dass sie nicht mehr Menschen in den Saal ließ, als die Brandschut­zverordnun­g erlaubte. Auch diese Attacke endete unrühmlich: Wenig später wurde nicht nur bekannt, dass Trumps Mannschaft schlicht zu viele Tickets verkauft hatte – das Feuerwehrt­eam, das er auf der Bühne beschimpft­e, hatte ihn erst kurz zuvor auch aus dem stecken gebliebene­n Aufzug seines Hotels befreit. (mit afp)

 ?? Foto: Timothy A. Clary, afp ?? Ghazala und Khizr Khan haben ihren Sohn im Irak verloren. Beim Parteitag der Demokraten erzählte der Vater seine Geschichte. Kurz darauf attackiert­e Donald Trump die Eltern des toten Soldaten.
Foto: Timothy A. Clary, afp Ghazala und Khizr Khan haben ihren Sohn im Irak verloren. Beim Parteitag der Demokraten erzählte der Vater seine Geschichte. Kurz darauf attackiert­e Donald Trump die Eltern des toten Soldaten.

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