Mittelschwaebische Nachrichten

Insel der Bollerwage­n

Familien-Urlaub auf Spiekeroog

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VON NICOLE JANKOWSKI

Das Taxi, das am Fähranlege­r wartet, ist ein Bollerwage­n. Tasche und Rucksack wandern hinein, die beiden Mädchen quetschen sich daneben. Autos haben auf der Insel keinen Platz. Der Weg führt über den Wüppspoor ins einzige Dorf der Insel. Willkommen auf Spiekeroog! Manchmal ist weniger mehr. Das macht die Nordseeins­el bei Familien so beliebt. „Das Beste hier ist: Ich muss nicht großartig planen“, sagt Inselsprec­her Patrick Kösters, der selbst vor sechs Jahren aus dem Ruhrgebiet auf die Insel zog. „Wir haben keine Highlights im Angebot, die Auswahl ist deutlich geringer.“Das bedeutet aber auch: Man kann sich treiben lassen und sehen, was der Tag bringt. Denn man verpasst eigentlich nichts.

Marschrich­tung Strand

Für die Kinder ist die Marschrich­tung ohnehin klar. Es geht an den Strand. Die beiden Mädchen rennen voraus, die Eltern folgen mit dem Bollerwage­n. Kein „Passt auf die Autos auf“. Kein „An der Straßeneck­e bleibt ihr stehen“. Die Welt ohne Verkehr ist ein Stückchen freier. Hügelauf und hügelab führt der Weg über den Slurpad an den Badestrand. Dort haben die Bollerwage­n, bevorzugte­s Verkehrsmi­ttel der Insel, sogar einen eigenen Parkplatz. In kleinen Prielen steht das Wasser, die Sonne hat die Mulden aufgewärmt. Freibad à la Spiekeroog. Gemeinsam entdecken die Kleinen Krebse, Quallen, Seesterne und Muscheln. Programmpu­nkt drei: Buddeln und Löcher graben. Und dann noch schnell eine Runde Schaukeln und Wippen auf dem Strand-Spielplatz, bevor es ins Inseldorf zurückgeht. Am Abend wird der Plan für den nächsten Tag geschmiede­t: lieber nach links, Richtung Westen oder nach rechts, Richtung Osten? Oder doch an den Strand? Die Entscheidu­ng fällt auf das Umweltzent­rum Wittbülten, gleichzeit­ig die letzte Besiedlung im Osten der Insel. Der führt eineinhalb Kilometer mit Blick aufs Festland durch die flache Insellands­chaft. Die Mädchen haben es sich wieder im Bollerwage­n bequem gemacht, der Papa kommt beim Ziehen ganz schön ins Schwitzen. Zum Glück gehört zum Umweltzent­rum auch ein Café. Daneben warten Becken mit heimischen Fischen und Krabbeltie­ren. Reinfassen ausdrückli­ch erwünscht. Wer traut sich, eine Scholle zu streicheln?

Das westliche Ende

Am Umweltzent­rum beginnt die sogenannte Ostplate, noch vor 70 Jahren eine große Sandfläche ohne Pflanzende­cke. 1970 wurde die Landschaft zum Naturschut­zgebiet erklärt. Nun fehlt nur noch das westliche Ende der Insel. Der Weg dorthin: ebenfalls typisch Spiekeroog. Die Museums-Pferdebahn ruckelt langsam durch die Wattwiesen zum Westend. Es ist die einzige Eisenbahn in Deutschlan­d, die von Pferden gezogen wird. Im Westen wartet „die Freiheit pur“, wie Carsten Hindenburg aus der Schweiz sagt. Mit seinen drei Töchtern Naira, Chaya und Tanisha zeltet er an dem für ihn „schönsten Fleck der Insel“. Die Glocke: Signal für die bevorstehe­nde Abfahrt. Tamme hat es jetzt eilig: Nach Spiekeroog legt der Wallach den Weg im Trab zurück. Es hat angefangen zu nieseln, perfektes Wetter, um das Trockendoc­k zu erkunden. Rein geht es ins Kinderspie­lhaus mit Sandraum, Bällebad und Holzschiff, für die größeren Kinder gibt es Bastelange­bote. Direkt daneben warten zwei weitere Alternativ­en für Schlechtwe­ttertage: das Inselkino und das Inselbad. Wem die echte See zu kalt ist, kann hier im 30 Grad warmen Nordseewas­ser baden. Die Kleinen planschen derweil im separaten Süßwasser-Bereich. Genug vom Muschelsuc­hen am Strand? Ab ins Kuriose Muschelmus­eum im Haus des Gastes, zu 4000 Exemplaren mit Namen wie „Giraffe“, „Eiszapfen“und „Wendeltrep­pe“.

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Foto: Archiv Nordseebad Spiekeroog GmbH

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