Mittelschwaebische Nachrichten
CDU-Länder für Truppe im Inneren
Koalition streitet über Anti-Terror-Einsätze
Berlin Willkommene Hilfe für die Polizei – oder aber Respektlosigkeit: In der Debatte über Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inneren wird der Ton in den Regierungsparteien rauer. Die SPD verweist darauf, dass doch gerade der erfolgreiche Einsatz der Polizei nach dem Münchner Amoklauf und bei der Kölner Demonstration zehntausender Türken dagegen spreche, den Streitkräften für solche Fälle mehr Kompetenzen zuzuweisen.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte der Rheinischen Post, der Koalitionskonflikt sei „eine sehr aufgesetzte Debatte“. Die Polizei in München vor knapp zwei Wochen wie auch die in Köln am vergangenen Wochenende habe „erstklassige Arbeit gemacht. Die Polizei ist trainiert für solche Lagen und hat die dafür notwendige Erfahrung.“Ein Einsatz der Bundeswehr im Inneren sei laut Grundgesetz begrenzt auf Amtshilfe und Großkatastrophen. „Das hat seinen Grund, und daran müssen wir nichts ändern.“Der stellvertretende SPDVorsitzende, Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz, nannte die Vorschläge aus der Union respektlos gegenüber der Polizei. Diese müsse stattdessen personell wie technisch gut ausgestattet werden. Wer die Hürden für die Bundeswehr absenken wolle, müsse das Grundgesetz ändern. „Dafür gibt es keine Mehrheit.“
Dagegen sieht der Chef der Innenministerkonferenz, Klaus Bouillon (CDU), viele Möglichkeiten für einen Bundeswehr-Einsatz im Inneren bei Terrorangriffen. So könnten Soldaten die Polizei logistisch unterstützen, bei Absperrungen helfen, Objekte schützen oder mit den Verkehr regulieren. „Wir brauchen die Bundeswehr in den Situationen, in denen feststeht, dass die Polizei irgendwann an ihre Grenzen stößt“, sagte der Saar-Innenminister im ZDF. Es wäre „paradox und absurd, wenn wir feststellen, dass die Polizei in einer besonderen Notlagesituation an ihre Grenzen stößt und die Bundeswehr hilflos zusehen müsste.“Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), begrüßte die Pläne von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für Anti-TerrorÜbungen. „Die verfassungsrechtlichen Regelungen reichen völlig aus. Die Forderungen nach einer Grundgesetzänderung für den Einsatz der Bundeswehr im Innern sind Quatsch.“
Das Grundgesetz setzt dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren enge Grenzen. Die strikte Trennung zwischen Militär und Polizei ist den historischen Erfahrungen der NSZeit geschuldet. Union und SPD haben sich im neuen Weißbuch zur Sicherheitspolitik auf den Kompromiss verständigt, dass die Bundeswehr bei größeren Anschlägen auch ohne Grundgesetzänderung eingesetzt werden kann. Trotzdem ist der Streit über solche Einsätze neu ausgebrochen – auch weil strittig ist, wie groß die akute Terrorlage denn konkret sein müsste. (dpa)