Mittelschwaebische Nachrichten

Wieder Hoffnung für Strenesse

Das insolvente Nördlinger Unternehme­n ist gerettet. Der Käufer will alle Mitarbeite­r übernehmen. Rätselhaft bleibt jedoch, wer hinter dem Investor steht

- VON JAN KANDZORA

Nördlingen Es gab eine Phase, in der die Marke Strenesse vor allem für Glamour stand, für elegante Mode, gestaltet von der Designerin Gabriele Strehle. Das Unternehme­n, geleitet von ihrem damaligen Mann Gerd, beschäftig­te 500 Mitarbeite­r, Jogi Löw trug am Spielfeldr­and Strenesse-Hemden. Es waren gute Zeiten. Dem Modeherste­ller aus der schwäbisch­en Provinz gelang nicht alles, aber vieles, etwa die Einführung der jungen Zweitlinie „Strenesse Blue“, ab 2008 geleitet von Strehle-Tochter Viktoria.

Am 16. April 2014 war diese Zeit vorerst vorbei. Damals musste das Unternehme­n Insolvenz in Eigenverwa­ltung anmelden, es war pleite. Gerd Strehle hatte sich 2012 aus dem Chefsessel in den Aufsichtsr­at zurückgezo­gen, im April 2014 räumte auch sein Nachfolger den Posten, sein Sohn Luca. Gabriele und Viktoria waren ebenfalls gegangen. Die Strenesse AG taumelte am Abgrund. Die Suche nach einem Investor war schwierig. Zuweilen sah es so aus, als würde der Nördlinger Modeherste­ller nicht wieder auf die Beine kommen. Als wäre Strenesse in einer kriselnden Branche die nächste Firma, die es erwischt. Glamourös war das nicht.

Nun sieht es wieder besser aus. Gestern verkündete das Unternehme­n, einen Käufer gefunden zu haben. Die Maeg Holding mit Sitz in Amsterdam hat den Geschäftsb­etrieb von Strenesse übernommen: die Marken, die Standorte, die Lizenzen. Was für die verblieben­en 240 Mitarbeite­r von Strenesse eine gute Nachricht ist: Auch sie werden von dem neuen Besitzer übernommen, und zwar ausnahmslo­s. „Eine perfekte Lösung“, findet Finanzchef Gerhard Geuder. Der Standort in Nördlingen soll ebenfalls erhalten bleiben. Das alles ändert sich nicht.

Ansonsten ändert sich bei Strenesse allerdings ziemlich viel. Die Modemarke wird künftig unter dem Dach der neugegründ­eten „Strenes- se GmbH“firmieren, deren neuer Geschäftsf­ührer Reiner Unkel ist. Unkel gilt in der Branche als erfahrener Manager. Er hat das Kaufhaus Ludwig Beck in München geleitet, war Bereichsvo­rstand der Parfümerie­kette Douglas und als Geschäftsf­ührer bei der Basler Fashion Holding angestellt, einem Hersteller für Damenmode mit Sitz im unterfränk­ischen Goldbach. Er wolle, teilt Unkel mit, den Vertrieb modernisie­ren, das Profil der Marke Strenesse schärfen, die Erschließu­ng neuer Märkte vorantreib­en. Die eingestell­te Linie „Strenesse Blue“will Unkel wieder einführen.

Die insolvente Strenesse AG wird nun von den Interimsma­nagern Gerhard Geuder und Marcus Katholing abgewickel­t. Die Altgläubig­er werden durch eine Umwandlung von Schulden in Eigenkapit­al mit 20 Prozent am Kapital des neuen Unternehme­ns beteiligt. Wie hoch der Kaufpreis ist, den die Maeg Holding zahlt, ist nicht bekannt. Ebenso wenig, wer hinter dem Investor steht. Strenesse spricht davon, dass die Holding ein „Family-Office“sei – eine Art Vermögensv­erwaltung wohlhabend­er Familien. Im Fall der Maeg soll es sich um eine Familie aus dem europäisch­en Ausland handeln. Die Holding engagiert sich „mit langfristi­ger Perspektiv­e bei Fashion-Unternehme­n im Luxus- und PremiumSeg­ment“und bereite zwei weitere Akquisitio­nen vor, so Strenesse.

Klar ist hingegen, wer nicht hinter dem Investor steht: die Familie Strehle. Sie wird bei der Strenesse GmbH offenbar keine Rolle mehr spielen. Zwar war der von Gerd Strehle geleitete Aufsichtsr­at in der Phase der Insolvenz ohnehin bereits weitgehend wirkungslo­s, Strehle hielt aber immer noch einen Großteil des Aktienkapi­tals. „Strenesse“selbst ist eine Wortkreati­on, die sich aus dem Namen Strehle und dem französisc­hen „Jeunesse“(Jugend) zusammenge­setzt. Strenesse ohne Strehle? Daran wird man sich wohl gewöhnen müssen.

 ?? Foto: Andreas Gebert, dpa ?? Die Nördlinger Modefirma Strenesse befand sich lange in Schieflage. Jetzt ist aber zumindest ein Investor gefunden. Es könnte wieder aufwärtsge­hen. Zunächst aber bleiben viele Fragen offen. Fest steht immerhin, dass der neue Eigentümer die...
Foto: Andreas Gebert, dpa Die Nördlinger Modefirma Strenesse befand sich lange in Schieflage. Jetzt ist aber zumindest ein Investor gefunden. Es könnte wieder aufwärtsge­hen. Zunächst aber bleiben viele Fragen offen. Fest steht immerhin, dass der neue Eigentümer die...

Newspapers in German

Newspapers from Germany