Mittelschwaebische Nachrichten
Das große Stechen
Donau-Anwohner bitten um Hilfe, Biergarten-Besucher werden umschwärmt – sind das Zeichen einer Mückenplage?
Augsburg Unbemerkt nähern sie sich im Schutze der Dunkelheit. Wer das leise Summen überhört oder die Biester nicht rechtzeitig erschlägt, wird das heftige Jucken bald spüren. Verflixt, schon wieder hat eine Mücke zugestochen!
Experten haben es im nassen Frühjahr schon kommen sehen: Die Plagegeister könnten heuer beste Lebensbedingungen vorfinden und sich in großer Zahl auf hilflose Opfer stürzen. Wer sich draußen aufhält, zum Beispiel abends im Biergarten, wird in vielen Orten in der Region schon bald von Stechmücken umschwirrt. Besonders heftig hat es offenbar Menschen erwischt, die an der Donau und am Flüsschen Ussel in Rennertshofen (Kreis NeuburgSchrobenhausen) leben. 100 von ihnen demonstrierten jüngst sogar vor der Gemeinderatssitzung und forderten, mit einem Bakterium gegen die Mückenlarven vorzugehen. Großen Bekanntheitsgrad erlangte darüber hinaus die in Rennertshofen gestartete Online-Petition „Stoppt die Stechmückenplage“. Sie ist an Ministerpräsident Horst Seehofer gerichtet und zählte bis Dienstag etwa 850 Unterstützer.
Wie schlimm ist die Situation insgesamt in Bayern? Die Mückenexperten bei der Zoologischen Staatssammlung München wiegeln ab. Von einer Mückenplage könne man keinesfalls sprechen, heißt es dort. Alles normal. Im Sommer müsse man eben mit den Insekten rechnen, in feuchteren Sommern mehr als in trockeneren.
Der Biologe Rainer Bretthauer, Umwelt- und Klimaschutzbeauftragter der Stadt Radolfzell am Bodensee (Kreis Konstanz), äußert sich klarer: „Es gibt deutlich mehr Stechmücken als in anderen Jahren.“Der viele Regen im Frühjahr habe alle Dellen in der Landschaft mit Regen gefüllt, sagt er. Und Stechmücken lieben bekanntlich stehende Gewässer. Dort legen die Blutsauger ihre Eier ab. Sobald es wärmer wird, schlüpft der Nachwuchs.
Die Stechmückenart, die am Bodensee und am Oberrhein verstärkt ihr Unwesen treibt, komme auch an bayerischen Seen vor, erzählt Bretthauer. In den Bergen oder am Meer könne man den fiesen Insekten noch aus dem Weg gehen. Angelockt werden sie hauptsächlich vom Kohlendioxid in der Atemluft und von Wärme. „Wer Bier trinkt, verstärkt die CO2-Fahne noch“, warnt der Experte. Auf bestimmte Duftstoffe im Körpergeruch der Menschen fliegen die stechenden Weibchen besonders. Welche das genau sind, könnten Wissenschaftler noch nicht mit Sicherheit sagen, ergänzt Bretthauer. In der Unterschiedlichkeit der Duftstoffe, die die Menschen abgeben, liege jedenfalls die Ursache dafür, dass manche mehr und manche weniger gestochen werden.
Nah am Wasser oder in der Nähe eines Gebüsches steigt zumindest die Wahrscheinlichkeit, gestochen zu werden. Zudem sind die Mücken in der Abenddämmerung besonders aktiv. Dann steigt die relative Luftfeuchtigkeit, was die Plagegeister besonders mögen. Wer sich in dieser Zeit trotzdem draußen aufhalten möchte, muss wohl zu langer Kleidung oder Abwehrmitteln greifen.