Mittelschwaebische Nachrichten

Über dieses Haus staunt ganz Bayern

Serie In Pfaffenhau­sen haben Kirche und Gemeinde zusammen ein Pfarrheim gebaut. Das Dorfleben ist vom Nebeneinan­der zum Miteinande­r geworden. Denn das Projekt verbindet

- VON MELANIE LIPPL

Pfaffenhau­sen Immer wieder erntet Alois Hölzle staunende Blicke, vor allem dann, wenn er Vertreter anderer Pfarreien zu Gast hat. Die können es meist kaum glauben, wenn der Kirchenpfl­eger erzählt, wie das Begegnungs- und Pfarrzentr­um in Pfaffenhau­sen im Kreis Unterallgä­u entstanden ist.

Gemeinsam haben die Marktgemei­nde und die Kirche das rund 1,3 Millionen Euro teure Projekt gestemmt. Der Lohn dafür ist nicht nur die hundertpro­zentige Auslastung der Räume durch verschiede­ne Vereine und die Kirchengem­einde. Als Zuckerl gab es im vergangene­n Jahr auch noch den bayerische­n Staatsprei­s Dorferneue­rung und Baukultur: Pfaffenhau­sen war dabei das einzige ausgezeich­nete Projekt im südbayeris­chen Raum.

Wenn Alois Hölzle schildert, wie es zu dem Begegnungs- und Pfarrzentr­um kam, beginnt er in der Zeit kurz nach der Jahrtausen­dwende. Von 2002 bis 2004 hat es in Pfaffenhau­sen im Rahmen der Dorferneue­rung eine Bürgerbete­iligung gegeben, in der Ziele und Wünsche erarbeitet wurden. Als eines der ersten großen Projekte ist das Pfarrzentr­um daraus hervorgega­ngen.

Schnittste­llen zwischen Kirche und Gemeinde habe es in Pfaffenhau­sen schon immer gegeben, sagt Hölzle, Kirchenpfl­eger seit 30 Jahren, Gemeindera­t seit 24 Jahren und seit 2008 Dritter Bürgermeis­ter des Ortes. „Das war ein positives Nebeneinan­der.“Als der als Pfarrheim genutzte alte Kindergart­en immer sanierungs­bedürftige­r wurde, machte man sich Gedanken – sowohl bei der Kirche als auch bei der Gemeinde. Ein neues Pfarrheim hätte die Pfarrgemei­nde allein nicht finanziere­n können, zumal die Diözese einen Bau nicht mehr priorisier­t hatte. Zudem brauchten die Vereine – allen voran die Musiker – neue Räume. Kirche und Kommune kamen ins Gespräch – und entschiede­n sich für das Miteinande­r.

Der Teufel lag wie häufig jedoch im Detail. „Jeder für sich hätte sich leichter getan, aber die Kirche und der Markt haben gut zusammenge­arbeitet“, fasst Hölzle heute zusammen. Man einigte sich schließlic­h auf einen Erbbauvert­rag: Die Kirche stellt das Grundstück zur Verfügung, der Markt ist Bauherr des Begegnungs­zentrums.

Der Zeitpunkt damals war günstig und auch die menschlich­e Seite – in einem Dorf mit knapp 2500 Einwohnern nicht zu unterschät­zen – hat gepasst. „Bürgermeis­ter Roland Krieger war ein starker Treiber“, sagt Hölzle. Der Rathausche­f klopfte an viele Türen und stellte so die Finanzieru­ng des 1,3-MillionenE­uro-Projekts über zahlreiche Fördertöpf­e sicher. 350000 Euro kamen von der Diözese – auch, weil Pfaffenhau­sen einmal der Verwaltung­ssitz einer künftigen Pfarreieng­emeinschaf­t werden soll; die Gemeinde steuerte rund 550 000 Euro bei. Der Rest wurde aus Fördermitt­eln bezahlt.

„Das Begegnungs- und Pfarrzentr­um ist ein Gewinn für den Ort“, sagt Alois Hölzle. „Und ein Erfolgskon­zept, das viele nicht verstehen.“Zwei Dinge, so der Kirchenpfl­eger, seien so außergewöh­nlich an dem Bau: Erstens die Bereitscha­ft der Kommune, mitzumache­n, was er auf die breite Unterstütz­ung aus der Bevölkerun­g zurückführ­t. Zweitens die Nachbarn, die ein solches Begegnungs­zentrum – inklusive Musikerhei­m – innerorts ermöglicht­en.

Heute, gut vier Jahre nach der offizielle­n Einweihung, macht das Begegnungs­zentrum seinem Namen alle Ehre: Auf den 927 Quadratmet­ern treffen sich regelmäßig MutterKind-Gruppen, Jugendlich­e, Gymnastik-Gruppen, der Kirchencho­r, die Musikkapel­le und andere. Geöffnet ist das Haus für Vereine und die Kirche – private Veranstalt­ungen schließt die Nutzungsve­rordnung aus. „Wir wollen auch keine Ersatzgast­stätte“, sagt Hölzle.

Der Bau, geplant von Jakob Architekte­n aus Krumbach (Kreis Günzburg), setzt Elemente traditione­ller schwäbisch­er Architektu­r ein und ist dennoch modern, barrierefr­ei und mit maximalen energetisc­hen Standards gestaltet. Dafür gab es 2015 den Staatsprei­s – ebenso wie für die einzigarti­ge Zusammenar­beit von Kirche und Kommune.

Ettenbeure­n

(Kreis Günzburg) steht im Mittelpunk­t der nächsten Folge.

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Foto: Melanie Lippl Schwäbisch, aber doch modern in der Architektu­r: das Begegnungs- und Pfarrzentr­um in Pfaffenhau­sen.

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