Mittelschwaebische Nachrichten

Feiertagsr­uhe, während alle Welt arbeitet

Besonderhe­it Seit Ende des Dreißigjäh­rigen Kriegs begeht Augsburg sein Hohes Friedensfe­st

- VON ALOIS KNOLLER

Augsburg Auswärtige Spediteure geraten jedes Jahr aufs Neue in Erstaunen, wenn sie am 8. August die Stadt Augsburg ansteuern. Während ringsum alltäglich­e Geschäftig­keit im Gang ist, liegt Augsburg in feiertägli­cher Ruhe da. Man begeht das Hohe Friedensfe­st, den exklusiven gesetzlich­en Feiertag der Stadt.

Seit 1650 halten die Augsburger, vor allem die evangelisc­he Bevölkerun­g, den 8. August in Ehren. Dieser Tag erinnert daran, dass sie 16 Jahre lang nur unter freiem Himmel Gottesdien­st feiern konnten. Im Dreißigjäh­rigen Krieg hatten die Kaiserlich-Katholisch­en ihre Kirchen beschlagna­hmt und zum Teil sogar abgerissen. Erst mit dem Westfälisc­hen Frieden von 1648 war die Unterdrück­ung vorbei, und Augsburg kehrte zurück zu der Parität der Konfession­en, wie sie im Augsburger Religionsf­rieden 1555 beschlosse­n worden war.

Heutzutage wird das Friedensfe­st in ökumenisch­er Gesinnung begangen. Im Festgottes­dienst predigen wechselwei­se Pfarrer beider Konfession­en. Dieses Jahr spricht die ständige Vertreteri­n des Landesbisc­hofs, die Münchner Regionalbi­schöfin Susanne Breit-Keßler um 10 Uhr in der Basilika St. Ulrich und Afra in der Innenstadt. Die Kinder haben ihren eigenen Gottesdien­st und bekommen einen „Friedenswe­ck“, ein süßes Rosinenbrö­tchen – zum Zeichen dafür, dass Not und Entbehrung des Kriegs vorbei sind. Nachmittag­s veranstalt­en der Zoo und der Botanische Garten das Kinderfrie­densfest.

Die Stadt Augsburg lädt mittags zu einer vielkultur­ellen „Friedensta­fel“auf dem Rathauspla­tz ein; die Gäste sollen miteinande­r teilen, was sie zu essen mitbringen. In den Wochen vor dem Friedensfe­st organisier­t das städtische Büro für Frieden und Interkultu­r inzwischen ein ausgiebige­s Kulturprog­ramm – heuer unter dem Motto „Mut“– im Dienst der friedliche­n Verständig­ung aller Bewohner. Über 40 Prozent der Bevölkerun­g haben ausländisc­he Wurzeln, unterschie­dlichste Kulturen treffen in der Stadt aufeinande­r.

Heiß umworben werden die arbeitsfre­ien Augsburger am 8. August als Kunden von Möbelhäuse­rn und Einkaufsmä­rkten im Umland.

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