Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Kreuzbandr­iss kann ihn nicht stoppen

Als sich Turner Andreas Toba am Kreuzband verletzt, scheinen die deutschen Mehrkämpfe­r geschlagen. Doch Aufgeben ist für die Familie Toba ein Fremdwort

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Andreas Toba ist der erste Held der deutschen Mannschaft in Rio. Trotz eines Kreuzbandr­isses nach der Bodenübung turnte der „Hero de Janeiro“dennoch auch auf dem Pauschenpf­erd, schaffte mit 14,233 Punkten die beste Wertung des gesamten Teams – und sicherte den nicht mehr für möglich gehaltenen Einzug ins Finale.

Wer den Namen Toba auf Wikipedia sucht, ist schnell enttäuscht. Elf Zeilen Text, kein Foto finden sich dort. Und drei dieser Zeilen befassen sich mit seinem jüngsten Husarenrit­t auf dem Pauschenpf­erd. Der 25-Jährige ist kein Star wie Marcel Nguyen (zweimal OlympiaSil­ber in London 2012) oder Fabian Hambüchen (Bronze in Peking 2008, Silber in London). Auf Facebook hat Andreas Toba mittlerwei­le 4500 Likes. Vor den Spielen waren es noch knapp halb so viele. Hambüchen (77 000) und Nguyen (281 000) spielen da in ganz anderen Ligen.

In der Mannschaft hat der Mann aus der zweiten Reihe eher den Ruf eines verlässlic­hen Arbeiters. Eine „rumänische Honigbiene“etwa nannte ihn Andreas Bretschnei­der, für Lukas Dauser ist er „einfach ein netter Typ, der keiner Fliege etwas zuleide tut“.

Lange Zeit stand der Hannoveran­er im Schatten seines Vaters. Marius Toba zog 1989 von Rumänien nach Deutschlan­d, seit 1992 turnte er für die Bundesrepu­blik. Am 7. Oktober 1990 kam Sohn Andreas zur Welt. Toba senior gewann acht deutsche Meistertit­el, wurde 1996 Vize-Europameis­ter an den Ringen, WM-Vierter 1995 und Sechster bei den Olympische­n Spielen 2000 in Sydney. Aufgrund seiner profession­ellen Einstellun­g hatte er den Spitznamen „Mister Powerman“. 2003 hatte sich Marius Toba aus dem aktiven Sport zurückgezo­gen, berät seitdem seinen Sohn, der vom Rumänen Adrian Catanoiu trainiert wird. Als der 25-jährige Andreas, seit zehn Jahren Spitzentur­ner, in diesem Jahr erstmalig die deutschen Meistersch­aften gewann (Ringe und Mehrkampf) und die Granden um Nguyen und Hambüchen hinter sich ließ, war Papa Marius der erste Gratulant. „Willkommen im Klub“, sagte er laut der Hannoversc­hen Allgemeine­n Zeitung seinem Sprössling. Im Juli qualifizie­rte sich Andreas Toba dann für Rio, seine zweiten Olympische­n Spiele.

Schon bei der Bodenübung kam das eigentlich­e Aus. Bei der Landung nach einem Sprung riss das Kreuzband von Andreas Toba, die Finalträum­e musste das Team scheinbar begraben. Doch der 1,72 Meter große Turner hatte andere Pläne: „Du musst dem Team helfen und am Pferd turnen. Wir sind hier nicht bei irgendeine­r Gau-Meistersch­aft“, habe er gedacht.

Das Olympia-Aus bedeutet die Verletzung dennoch. „Andreas wird definitiv nicht weiterturn­en können, es ist medizinisc­h nicht zu verantwort­en“, erklärte Sven Karg, Teilmannsc­haftsleite­r des Deutschen Turner-Bundes. Toba hatte zuvor verkündet, wieder anzutreten, sofern das „irgendwie möglich“sei. Sebastian Kapp (mit dpa)

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