Mittelschwaebische Nachrichten

Pracht ohne Macht

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Zu „Deutschlan­d sucht den Superpräsi­denten“(Politik) vom 4. August: Statt sich Sorgen darüber zu machen, wer wohl auf Joachim Gauck folgt, sollten wir uns besser fragen, ob wir einen Repräsenta­nten der staatliche­n Pracht ohne Macht überhaupt brauchen und ob wir uns auch weiterhin ein Staatsober­haupt mit der stark eingeschrä­nkten Funktion eines Grußaugust­s leisten können: Bekanntlic­h erhält unser Bundespräs­ident auch nach dem Ausscheide­n aus seinem Amt weiterhin bis zu seinem Tod einen Ehrensold in unveränder­ter Höhe von jährlich 199 000 Euro (!) plus Dienstwage­n mit Chauffeur plus Dienstraum und mindestens einen Mitarbeite­r.

Nach unserer derzeitige­n Verfassung hat unser Staatsober­haupt lediglich rein repräsenta­tive Befugnisse. Seine Aufgaben – einschließ­lich das Unterzeich­nen von Gesetzen – könnte jederzeit ein anderer staatliche­r Funktionst­räger, wie zum Beispiel der jeweilige Präsident des Bundesrate­s, übernehmen, der ohnehin sein Stellvertr­eter ist. Diese Überlegung­en ließen sich mittels Meinungsum­frage durch einen sich anschließe­nden Volksentsc­heid zur notwendige­n Änderung unseres Grundgeset­zes ohne Weiteres in die Tat umsetzen.

Der erste Mann im Staat kann es ohnehin kaum jemandem recht machen. Mischt er sich in das politische Tagesgesch­ehen ein, wird er dafür zwar hie und da gelobt, zumeist aber von ehrsüchtig­en Politikern kritisiert.

Mischt er sich nicht ein und beschränkt sich auf seinen eigentlich­en Auftrag, dem Staat ein Gesicht zu geben, ruft man sogleich nach seiner staatspoli­tischen Daseinsber­echtigung (siehe oben). Herbert Biedermann, Kirchdorf

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