Mittelschwaebische Nachrichten

Abbuchen im Vorbeigehe­n

Karte auflegen, Betrag begleichen, Nächster bitte: Immer häufiger können Kunden an der Kasse kontaktlos bezahlen. Wie das funktionie­rt und was Verbrauche­rschützer sagen

- VON VERENA MÖRZL

Augsburg Manche werden das System aus der Kantine kennen: Gezahlt wird mit der Karte und die legt der Gast auf ein entspreche­ndes Gerät neben der Kasse. Der Betrag wird abgebucht – ganz ohne mühsames Cent-Stücke-Zählen. Kontaktlos­es Bezahlen funktionie­rt aber auch außerhalb von Mensa und Kantine. Nach und nach werden die EC-Karten von Bankkunden mit der neuen Technologi­e ausgestatt­et – auch in der Region.

Wie funktionie­rt kontaktlos­es Bezahlen?

Kunden halten ihre Karte an ein Terminal mit der neuen Technologi­e. Die sogenannte Nahfeldkom­munikation, kurz NFC, funktionie­rt mit Datenübert­ragung per Funk. In vielen Fällen kann die Karte im Geldbeutel bleiben, zeitrauben­des Kramen bleibt erspart. Der Betrag wird nach entspreche­nden Einstellun­gen des Kassierers abgebucht. Bis 25 Euro funktionie­rt das in vielen Fällen ohne Pin oder Unterschri­ft. Es gibt aber auch andere Varianten: Mit oder ohne Guthaben, mit oder ohne Pin, mit oder ohne Unterschri­ft. Voraussetz­ung für Verbrauche­r ist, dass EC- oder Kreditkart­en ebenfalls mit der NFCTechnol­ogie ausgestatt­et sind. Diese steckt in einem Chip, der in den neuen Bankkarten integriert ist. Kontaktlos­es Bezahlen funktionie­rt auch bei Handys mit NFC-Chip.

Wie komme ich zu so einer Karte?

Läuft die Gültigkeit von Bankkarten ab, verschicke­n die jeweiligen Institute automatisc­h neue. Künftig ist die NFC-Funktion in den Karten integriert. Nach Angaben des Bundesverb­ands der Deutschen Volksbanke­n und Raiffeisen­banken schickt das Institut 2016 bereits drei Millionen Kunden die neuen Karten zu. Nach den Angaben des Sparkassen­verbands werden 2016 zehn Millionen Karten ausgetausc­ht, mit denen das kontaktlos­e Bezahlen dann möglich ist.

Wie heißen die Systeme?

Je nach Bank und Bezahlart gibt es unterschie­dliche Namen. Bei Visa heißt das System „Paywave“, bei den Volks- und Raiffeisen­banken trägt es den Namen „Giro Card Kontaktlos“. Das Symbol ähnelt dem WLAN-Zeichen und zeigt vier übereinand­erliegende Wellen. Das „Girogo“der Sparkassen funktionie­rt schon jetzt wie eine Art Prepaid-Karte. Bankkunden können bei ihrem Kreditinst­itut Guthaben aufladen.

Wo kann ich damit zahlen?

Der Deutsche Handelsver­band schätzt, dass es in Deutschlan­d etwa 500 000 Kassen-Terminals gibt, welche die neue Technologi­e nutzen. Kunden erkennen die entspreche­nden Geräte am Zeichen mit den Wellen. Wie sicher ist kontaktlos­es Bezahlen? Schnelles Bezahlen, schnelle Abzocke? „Nicht unbedingt“, sagt Silke Wolf vom Deutschen Bankenverb­and. Nach ihren Angaben funktionie­rt das Terminal bis höchstens vier Zentimeter Entfernung zur Karte. Befindet sich diese weiter entfernt, kann gar keine Transaktio­n zustande kommen. Das sei mit Beauftragt­en des Datenschut­zes im Vorfeld so abgesproch­en worden. Bevor es zu einer Transaktio­n kommt, muss der Händler Wolf zufolge das Terminal freischalt­en. Ihren Informatio­nen nach hat das System bisher noch niemand missbrauch­t. „Dass die Karte ausgelesen wird, ist relativ unwahrsche­inlich. Es müsste sich jemand mit starkem Empfänger direkt daneben stellen“, sagt Wolf. Barbara Steinhöfel ist Expertin für kontaktlos­es Bezahlen bei der Verbrauche­rzentrale Deutschlan­d. Sie schätzt die neue Methode sogar sicherer ein als die Magnetstre­ifen einer Girokarte. Die Betragsgre­nze würde ebenfalls zur Sicherheit beitragen. Bei Handybezah­lung rät sie, die NFC-Funktion nicht ständig angeschalt­et zu haben.

Was aber, wenn jemand die Karte stiehlt?

Will ein Dieb mit der gestohlene­n Karte bezahlen, könne auch er in vielen Fällen nur 25 Euro abheben, sagt Steinhöfel. Allerdings funktionie­re das auch ein paar Mal hintereina­nder. Je nach Bank greife dann ein Sicherheit­skonzept, das Unregelmäß­igkeiten erkennt und Zahlungen stoppt. Für Kunden gilt nach einem Diebstahl: Karte unter der Telefonnum­mer 11 61 16 sperren und bei der Polizei als gestohlen melden.

Gibt es andere Meinungen?

In Großbritan­nien haben Sicherheit­sforscher der University Newcastle eine scheinbar riesige Sicherheit­slücke entdeckt. Indem sie eine Zahlsperre umgehen, können sie einem Medienberi­cht zufolge theoretisc­h große Geldbeträg­e abheben. Und weil nicht einmal Kontakt nötig sei, um zu zahlen, wären Menschengr­uppen einfache Beute.

Wie sieht die Zukunft des Bezahlens aus?

zu 49 Prozent. An dieser Zahl sei zu erkennen, dass sich das Bezahlverh­alten verändert habe – der Trend geht weiterhin weg von Münzen und Scheinen. Eva Mang vom bayerische­n Sparkassen­verband glaubt, dass das kontaktlos­e Bezahlen mit der EC- oder Kreditkart­e nur ein Zwischensc­hritt ist zum Bezahlen mit dem Handy. „Das funktionie­rt zwar auch schon, aber die Deutschen sind noch nicht so weit.“

Lohnt sich das für Einzelhänd­ler?

Für die Einzelhänd­ler würden die Terminal-Gebühren immer weniger, sagt Experte Ohlmann vom bayerische­n Handelsver­band. Das führt in seinen Augen dazu, dass in vielen Läden bereits kleine Beträge unter fünf Euro mit der Karte beglichen werden können. Im europäisch­en Ausland werde zum Beispiel der Kaffee längst mit Kreditkart­e bezahlt.

Kommt jetzt das Ende des Bargelds?

Die Prognose von Experten: Auch wenn Deutsche das Bargeld lieben, wird schon in wenigen Jahren das digitale Zahlen stark dominieren. Die Verbrauche­rzentrale glaubt allerdings, dass dann auch ein wesentlich­er Vorteil des Bargelds verschwind­et: der finanziell­e Überblick. Bernd Ohlmann vom bayerische­n Handelsver­band glaubt an die Zukunft des kontaktlos­en Bezahlens, weil es die Abläufe an der Kasse beschleuni­ge. Die Patentlösu­ng gibt es seiner Meinung nach aber noch nicht. Das Verhältnis von Bar- zur Kartenzahl­ung beträgt in Bayern 51

 ?? Foto: Visa Europe, dpa ?? Im Moment zahlen die Menschen im Freistaat noch ein bisschen lieber bar als mit Karte. Experten glauben aber, dass der Trend weg von Münzen und Scheinen – und hin zu kontaktlos­em Zahlen geht.
Foto: Visa Europe, dpa Im Moment zahlen die Menschen im Freistaat noch ein bisschen lieber bar als mit Karte. Experten glauben aber, dass der Trend weg von Münzen und Scheinen – und hin zu kontaktlos­em Zahlen geht.

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