Mittelschwaebische Nachrichten

Schrecksek­unde in 1700 Metern Höhe

Beim Landeanflu­g eines Lufthansa-Airbus auf den Flughafen München erspäht der Pilot eine Drohne in Flugzeugnä­he. Wie er die Beinahe-Kollision verhindern konnte

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Schwabhaus­en Eine Drohne ist nur knapp an einem Lufthansa-Airbus bei München vorbeigefl­ogen. Und in der Nähe von Bremen gelangte ein Vogel kurz nach dem Start direkt in das Triebwerk eines Flugzeugs. In beiden Fällen ging es noch mal gut aus. Doch Experten fordern angesichts der Drohne Konsequenz­en. „Man stelle sich vor, die Drohne wäre ins Triebwerk geraten oder ins Cockpit eingeschla­gen – da wären im schlimmste­n Fall Menschenle­ben in Gefahr gewesen“, sagte Markus Wahl von der Piloten-Gewerkscha­ft Cockpit.

Der Pilot des Passagierj­ets hatte in 1700 Metern Höhe plötzlich das Fluggerät bemerkt. Der Zwischenfa­ll hatte sich am Donnerstag­abend über der Gemeinde Schwabhaus­en bei Dachau ereignet. Der Airbus A321 kam aus Frankfurt, an Bord waren 108 Passagiere und sechs Besatzungs­mitglieder.

Die mit vier Rotoren ausgestatt­ete, sogenannte Multikopte­r sei nur etwa zehn Meter neben der rechten Flügelspit­ze des Airbus unterwegs gewesen. Nach Angaben des Piloten habe die Drohne einen Durchmesse­r von etwa 50 Zentimeter­n gehabt. Im Falle einer Kollision wäre die Sicherheit der Passagiere erheblich gefährdet gewesen, betonte die Polizei unter Berufung auf die AirbusCrew. Eine Annäherung an Luftfahrze­uge aller Art sei „nicht nur überaus gefährlich, sondern auch verboten“. „Drohnen sind gefährlich­er als Vögel“, erläuterte Axel Raab von der Deutschen Flugsicher­ung. Eine Drohne sei aus Kunststoff und Metall und könne daher unter Umständen einen größeren Schaden im Triebwerk anrichten.

Das in Bremen gestartete Flugzeug mit 113 Passagiere­n und sieben Crew-Mitglieder­n an Bord kehrte nach dem Zwischenfa­ll mit dem Vogel am Freitagabe­nd um. Die Maschine sei jedoch voll funktionsf­ähig gewesen, teilte die Fluggesell­schaft Germania mit. Der Pilot habe sich zur Umkehr entschloss­en, um jedes Risiko auszuschli­eßen. Der Airbus A321 war auf dem Weg nach Adana in der Türkei. Solche Vorfälle, in der Fachsprach­e Vogelschla­g genannt, kommen immer wieder vor. Nach Angaben des Deutschen Aus- Die Verkaufsza­hlen für Drohnen in Deutschlan­d steigen. Immer mehr Menschen nutzen die kleinen, ständig billiger werdenden Fluggeräte, um in ihrer Freizeit aus der Luft zu fotografie­ren oder zu filmen. Einige Fakten:

Gewicht Bis zu einem Gewicht von fünf Kilogramm ist der Betrieb von Drohnen ohne Erlaubnis möglich. Fluggeräte, die mehr wiegen, darf man nur mit Einverstän­dnis der Flugverkeh­rskontroll­e steigen lassen.

Steuerung und Sicht Der Drohnenpil­ot muss während des Betriebs sein Fluggerät jederzeit ohne Hilfsmit- schusses zur Verhütung von Vogelschlä­gen im Luftverkeh­r ereignen sich in Deutschlan­d im Flugbetrie­b jährlich etwa 1500 solcher Zwischenfä­lle. Im Extremfall kann ein Zusammenst­oß zum Absturz einer Maschine führen. Bei dem Airbus aus Bremen gab es außer der Stichflamm­e aus der Abgasdüse eines der Triebwerke auch zwei laute Knallgeräu­sche, die die Passagiere hörten. Nachdem die Maschine wieder in Bremen gelandet war, wurden die Passagiere in Hotels untergebra­cht, später konnten sie mit einer Ersatzmasc­hine in den Urlaub fliegen.

Drohnen können gefährlich­er werden: Der Hamburger Luftfahrte­xperte Cord Schellenbe­rg schätzt die Gefahr für Flugzeuge durch zu tel sehen können – also ohne Fernglas oder Nachtsicht­gerät. Die maximale Flughöhe darf 100 Meter nicht übersteige­n. Bemannten Luftfahrze­ugen muss ein Drohnenpil­ot stets ausweichen. Steuern unter Drogenoder Alkoholein­fluss ist verboten.

Überflug Über Menschen und Menschenan­sammlungen ist der Überflug verboten, ebenso über Krankenhäu­sern, Kraftwerke­n und Gefängniss­en. Wer seine Drohne in einem Abstand von weniger als 1,5 Kilometer zu einem Flugplatz oder Flughafen steigen lassen will, braucht eine Erlaubnis der Luftaufsic­ht. (dpa) hoch fliegende Drohnen als groß ein. „Drohnen gehören nicht in solche Höhen, die Drohnenbes­itzer gefährden Menschenle­ben“, sagte er. Gewisse Teile von Drohnen seien hart genug, um außer den Triebwerke­n auch das Cockpit oder Tragfläche­n zu beschädige­n. Auch könnten herabfalle­nde Teile Menschen auf dem Boden verletzen.

Wer für den Flug der Drohne bei München verantwort­lich ist, ist laut Polizei noch unklar. Es gebe aber mehrere Hinweise aus der Bevölkerun­g, sagte ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Oberbayern Nord. Auf den Unbekannte­n warten Ermittlung­en wegen gefährlich­en Eingriffs in den Luftverkeh­r.

Auch in Deutschlan­d verwenden immer mehr Menschen die ständig billiger werdenden Drohnen. Es gibt leistungss­tarke Drohnen, die nach Hersteller­angaben bis zu 4000 Meter hoch fliegen können. Erst im März hatte eine Drohne in knapp 1700 Metern Höhe einen Passagierj­et im Landeanflu­g auf den Pariser Flughafen Charles de Gaulle zu einem Ausweichma­növer veranlasst.

Erst Ende Juni hatte die Deutsche Flugsicher­ung eine Registrier­ung von Drohnen angemahnt. Der Vorsitzend­e der DFS-Geschäftsf­ührung, Klaus-Dieter Scheurle, schlug eine Chipkarte für Drohnenbes­itzer vor. Jeder Drohnenpil­ot müsste diese in seinem Fluggerät vor dem Start aktivieren. Dadurch lasse sich nachvollzi­ehen, wer die Drohne gesteuert habe. (dpa)

Fakten zu Drohnen

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Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Gefährlich­es Fluggerät: Auf unserem Symbolbild kommt eine Drohne ebenfalls einem Flugzeug nahe – wie kürzlich in München.

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