Mittelschwaebische Nachrichten

Vorübergeh­end abstinent

Ist es sinnvoll, hin und wieder Alkoholpau­sen einzulegen? Die Meinung von Experten

- VON MIRA FRICKE

Köln Eine Zeit lang komplett auf Alkohol verzichten – grundsätzl­ich eine gute Idee. Aber was passiert bei einem Alkoholver­zicht im Körper? Erholt sich die Leber? Wird der Bierbauch kleiner? Oder macht es für jemanden, der eh nicht täglich Alkohol trinkt, keinen Unterschie­d? Alkoholfre­ie Wochen oder sogar mehrere Monate ohne Feierabend­bierchen oder das Gläschen Wein: Manch einer legt hin und wieder eine Alkoholpau­se ein. Aber bringt das eigentlich was? Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick.

Ist Alkoholfas­ten einen Versuch wert?

Eine Zeit lang komplett auf Alkohol zu verzichten und damit seinen Konsum gering zu halten, ist prinzipiel­l eine gute Idee. „Es gibt grundsätzl­ich keinen sicheren Alkoholkon­sum. Auch schon geringe Mengen Alkohol erhöhen das Risiko für Zellschäde­n an der Leber. Fest steht: Je höher der Konsum, umso schädliche­r“, erklärt Georg Poppele, Sprecher des Arbeitskre­ises Qualifizie­rter Entzug in der Inneren Medizin des Berufsverb­andes Deutscher Interniste­n. Michaela Goecke, Leiterin des BZgA-Referats Suchtpräve­ntion, betont: „Mit dem Alkoholkon­sum steigen die Risiken für mehr als 200 verschiede­ne Krankheite­n, insbesonde­re Herzkreisl­aufund Krebserkra­nkungen.“

Verzichten – aber wie lange?

„Innerhalb von zwei Monaten können sich durch eine absolute Abstinenz auch nachweisba­re Schäden an der Leber wie beispielsw­eise alkoholbed­ingte Entzündung­en oder eine Fettleber zurückbild­en“, sagt Poppele. Und bereits zwei bis vier Wochen Abstinenz können dem Immunsyste­m helfen, sich zu erholen. „Wer sich einen Monat seine Abstinenzf­ähigkeit beweist und anschließe­nd umso mehr trinkt und den Verzicht nachholt, tut sich keinen Gefallen“, warnt Professor Falk Kiefer. Es sei besser, regelmäßig an mindestens zwei Tagen die Woche auf Alkohol zu verzichten, rät der ärztliche Direktor der Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmediz­in am Zentralins­titut für Seelische Gesundheit in Mannheim.

Welche spürbaren Effekte gibt es?

Gerade für Menschen, die normalerwe­ise täglich oder mehr als empfohlen trinken, ist der Verzicht eine lohnende Erfahrung, sagt Goecke: „Gewichtsve­rlust ist möglicherw­eise ein Effekt.“Nicht nur, weil alkoholisc­he Getränke oft kalorienre­ich sind, sondern auch, weil alkoholbed­ingter Heißhunger verschwind­en kann. „Viele Menschen schlafen außerdem ohne das abendliche Glas Wein oder Bier tiefer und besser.“Kiefer weist auch auf die psychologi­schen Effekte hin: Ein zeitweiser Alkoholver­zicht könne das Bewusstsei­n für den eigenen Konsum erhöhen. „Viele Menschen unterschät­zen die Macht der Gewohnheit. Der langsame Übergang zu einem riskanten Konsum wird oft nicht erkannt.“

Verzichten – wie klappt es?

„Sein Verhalten zu ändern ist grundsätzl­ich schwer“, sagt Goecke. „Wenn man erfolgreic­h eine Zeit lang verzichtet hat, kann man sich ruhig belohnen, zum Beispiel mit einem Kinobesuch.“Um die Lust auf Alkohol in den Griff zu bekommen, helfen kleine Tricks: Wenn man in einer solchen Situation eine Kleinigkei­t erledigt oder sich ablenkt, gehe die Lust auf Alkohol oft schnell vorüber.

Alkohol gehört zum geselligen Beisammens­ein oft einfach mit dazu. Sollte man während einer Alkoholpau­se also lieber zu Hause bleiben? Gesellscha­ftliche Anlässe sollten nicht grundsätzl­ich gemieden werden. „Aber man sollte seine Position klar darstellen: in Form eines freundlich­en, aber bestimmten Neins zu Alkohol“, meint Goecke. „Es ist nicht unhöflich, wenn man keinen Alkohol trinkt.“Zudem gibt es viele Alternativ­en zu üblichen Getränken. (dpa)

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