Mittelschwaebische Nachrichten

Gladbeck-Täter könnte bald frei sein

1988 fliehen die Geiselnehm­er Dieter Degowski und Hans-Jürgen Rösner quer durch Deutschlan­d. Drei Menschen sterben. Jetzt bereitet sich Degowski auf die Entlassung vor

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Werl Fast drei Jahrzehnte nach dem Geiseldram­a von Gladbeck kommt einer der beiden Täter womöglich bald frei. Dieter Degowskis Vorbereitu­ng auf die Haftentlas­sung zur Bewährung läuft nach Angaben der Justizvoll­zugsanstal­t im nordrheinw­estfälisch­en Werl gut.

„Wir haben im Moment nichts zu meckern“, sagte auch die Anwältin des mittlerwei­le 60-Jährigen, Lisa Grüter. Weder die Rechtsanwä­ltin noch JVA-Leiterin Maria Look wollten sich zu den Details der Lockerunge­n äußern, mit denen Degowski auf eine Entlassung vorbereite­t wird.

Vor drei Jahren hatte das Landgerich­t in Arnsberg die JVA aufgeforde­rt, diesen Weg zu gehen. „Wir könnten nun jederzeit einen neuen Antrag auf Entlassung stellen“, sagte Anwältin Grüter. Das werde aber vermutlich „im Einvernehm­en mit der JVA“geschehen. Einen Zeit- punkt für die Antragstel­lung nannte sie nicht.

Im August 1988 hielten Degowski und Hans-Jürgen Rösner die Republik in Atem: Drei Tage lang flohen sie nach einem missglückt­en Bankraub mit Geiseln vor der Polizei. Drei Menschen starben. Degowski erschoss in einem Linienbus in Bremen einen 15-Jährigen, ein Polizist starb bei einem Unfall der Verfolger, und als die Polizei dann am dritten Tag auf der A 3 bei Bad Honeff den Fluchtwage­n stoppte und zugriff, starb die 18-jährige Geisel Silke Bischoff durch eine Kugel aus Rösners Waffe.

Rösner und Degowski wurden im März 1991 zu lebenslang­er Haft verurteilt, Rösner mit anschließe­nder Sicherungs­verwahrung. Anträge auf Hafterleic­hterungen und Gnadengesu­che wurden abgelehnt.

Zu Degowskis Vorbereitu­ng auf seine Haftentlas­sung sagt JVA-Che- fin Look: „Er zieht gut mit. Trotz dieser langen Zeit ist er positiv gestimmt.“Degowski müsse sich in Geduld üben. „Das ist für ihn auch eine starke Prüfung. Ich bin aber froh, dass er die Füße stillhält.“Derzeit werde ein weiteres Gutachten erstellt. „Die Gutachteri­n hat ihn schon besucht und einen weiteren Termin ausgemacht.“Degowski-Anwältin Grüter sieht die Entwicklun­g ähnlich. „Ich erlebe meinen Mandanten als einen freundlich-friedliche­n Menschen, der seine Tat sehr bereut“, sagte sie erneut.

Die Folgen des Geiseldram­as wirkten sich noch lange auch außerhalb der Justiz aus. Als Folge der Tat überarbeit­ete die Polizei ihre Einsatztak­tik für solche Szenarien grundlegen­d. Bremens Innensenat­or Bernd Meyer (SPD) trat zurück. Die Medien wurden außerdem wegen mangelnder Zurückhalt­ung kritisiert. Der Deutsche Presserat legte später fest, dass es Interviews mit Tätern während des Geschehens nicht geben dürfe. (dpa)

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Foto: dpa Entführer Degowski 1988 in einem gekaperten Bus in Bremen.

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