Mittelschwaebische Nachrichten

Stürze prägen die Straßenren­nen

Auf dem schweren Kurs in Rio ereignen sich gleich mehrere Unfälle. Eine Niederländ­erin und ein Belgier kommen sicher ins Ziel und gewinnen Gold. Deutsche Fahrer spielen keine Rolle

- VON PETER DEININGER

Rio de Janeiro Wer nicht an der Copacabana am Strand liegt, der versucht am Sonntag bei der Hitze ein schattiges Plätzchen zu finden. Unangenehm böiger Wind begleitet die 68 Frauen auf ihrer olympische­n Radtour über 136,9 Kilometer an der malerische­n Küste von Rio de Janeiro. Mittendrin die vier deutschen Spezialist­innen mit der Allgäuerin Lisa Brennauer (Durach).

Deren Familie und Freunde stehen an der Strecke und sehen, wie das deutsche Team lange Zeit eine souveräne Rolle spielt. Die Bergspezia­listin Claudia Lichtenber­g (München) sollte vor dem Anstieg zum Aussichtsp­unkt Vista Chinesa keinen Boden verlieren.

Aber als es 20 Kilometer vor dem Ziel zur Sache geht, geben andere die Geschwindi­gkeit vor. Die Niederländ­erin Annemiek van Vleuten hat als Erste die höchste Stelle erreicht und geht vor der Amerikaner­in Mara Abbott auf die halsbreche­rische Abfahrt – mit katastroph­alem Ergebnis. Die Niederländ­erin prallt mit voller Wucht gegen einen Bordstein und bleibt bewusstlos liegen. Zunächst herrscht Unklarheit, wie schwer sich Vleuten bei dem Sturz verletzt hat. Nach Rennende gab es dann zumindest teilweise Entwarnung. „Sie ist bei Bewusstsei­n und mit unserem Teamarzt im Krankenwag­en“, sagte ein Delegation­smitglied der niederländ­ischen Mannschaft. Bis Redaktions­schluss gab es aber noch kein Ergebnis der Untersuchu­ng im Krankenhau­s.

Das Rennen läuft nach dem Sturz weiter, aber auch die Führende Abbott gewinnt keine Medaille. 150 Meter vor dem Ziel wird sie von der Niederländ­erin Anna van der Breggen, der Schwedin Emma Johannson und der Italieneri­n Elisa Longo Borghini abgefan- gen. Lisa Brennauer belegt Rang 19 und ist damit beste Deutsche. „Anfangs ist unser Plan aufgegange­n. Wir wollten was bewegen und sehr präsent sein. Das Ziel war, jede Gruppe zu besetzen.“

Trixi Worrack machte den Anfang, dann sollte Claudia Lichten- berg in Position für den Anstieg gebracht werden. Brennauer: „Uns war schon klar, dass die Bergfahrer­innen angreifen werden.“Aber Lichtenber­g konnte nicht die erhoffte Rolle spielen.

Bei den Männern hatten tags zuvor drei Ausreißer nach sechs Stunden quälender Klettertou­r die Medaillen bereits vor Augen – bis zu besagter Abfahrt vom Vista Chinesa, jenem 500 Meter hohen Aussichtsp­unkt elf Kilometer vor dem Ziel. Vincenzo Nibali führte bei Tempo 90, der Pole Rafal Majka und der Kolumbiane­r Henao Montoya hingen hintendran. Doch dann bekam der Italiener Nibali die Kurve nicht und zog sich beim Sturz einen Schlüsselb­einbruch zu. Auch Montoya kam zu Fall, nur Majka kam irgendwie durch.

Aber allein auf sich gestellt ging dem Polen in der Endphase die Luft aus. 1,4 Kilometer vor dem Ziel holten ihn die Verfolger ein. Der Belgier Greg van Avermaet hatte im Spurt die größten Reserven und gewann Gold vor dem Dänen Jakob Fuglsang, Majka sicherte sich immerhin Bronze.

Der Sieger konnte sein Glück kaum fassen. „Als ich die Gestürzten am Straßenran­d sah, war ich verunsiche­rt und verlangsam­te das Tempo. Ich hatte keine Ahnung, wie viele Fahrer noch vorne waren. Als wir Majka ganz alleine vorne sahen, haben wir noch einmal attackiert.“

Der große Favorit Christophe­r Froome aus Großbritan­nien, normalerwe­ise ein aggressive­r Abfahrtskü­nstler, ging nicht in die Offensive. Das Sturz-Missgeschi­ck seiner Kollegen Richie Porte (Bruch des Schulterbl­atts) und Geraint Thomas war möglicherw­eise ein Grund dafür. Er kam mit drei Minuten Rückstand auf Platz zwölf ins Ziel. Zeitgleich auf Rang 14 folgte dahinter mit Emanuel Buchmann der beste Deutsche. Zeitfahrsp­ezialist Tony Martin stieg wie angekündig­t nach 120 der 237,5 Kilometer vom Rad. Er will am Mittwoch angreifen.

Auf das Rennen gegen die Uhr freut sich auch Lisa Brennauer. Sie war in dieser Disziplin schon EinzelWelt­meisterin. „Jetzt geht es erst einmal darum, sich zu regenerier­en“, meinte die Allgäuerin nach dem kräftezehr­enden Rennen gestern.

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Foto: Imago Die Niederländ­erin Anna van der Breggen gewann Gold im olympische­n Straßenren­nen. Eine ihrer Mannschaft­skolleginn­en dagegen stürzte schwer.
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Lisa Brennauer

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