Mittelschwaebische Nachrichten

Wo bleibt die OlympiaSti­mmung?

- VON SEBASTIAN KAPP sport@augsburger-allgemeine.de VON PETER DEININGER

Als die Eröffnungs­feier fast vorbei war und das olympische Feuer bereits brannte, packte es ARD-Kommentato­r Tom Bartels dann doch noch einmal kurz: „Die Spiele sollen nicht perfekt werden, sondern brasiliani­sch“, sagt er plötzlich und fiel dabei seinem Kollegen Ralf Scholt fast ins Wort. Es klang fast wie ein Appell von Bartels, der schon das WM-Finale 2014 („Mach ihn, mach ihn, er macht ihn“) kommentier­te, sich endlich auf Olympia einzulasse­n.

Denn was wir bis dahin zu sehen und vor allem zu hören bekamen, war eher deprimiere­nd denn euphorisch. Doping, Korruption, Umweltsünd­en – die Skandale überschatt­en das Treffen der Jugend der Welt. Die ARD hatte mit ihrem Bericht über das Staatsdopi­ng in Russland einen wichtigen, wenngleich notwendige­n Beitrag geleistet. Nur stellt das die Moderatore­n auch vor Herausford­erungen. Da steht dann Alexander Bommes etwas hilflos vor der Kamera und fragt: „Wie sollen wir das hier angehen“? Und Schwimm-Expertin Franziska van Almsick verkündet, ihren Kindern von einer Karriere als Spitzenspo­rtler in diesen Zeiten des Dopings nur abraten zu können. Die Worte stammen von einer Frau, die überhaupt erst durch die Olympische­n Spiele 1992 in Deutschlan­d bekannt wurde.

Über linientreu­e Berichters­tattung darf sich niemand beschweren. Beispiel: Der Vorbericht zur Olympia-Eröffnungs­feier. Da folgte auf den Beitrag über das Doping in Russland das Porträt über die neuen Sportarten – nicht ohne das Fehlen zahlreiche­r Top-Golfer zu thematisie­ren. Dann folgte ein Schwenk zu den Außeneindr­ücken am Maracana-Stadion, wo Demonstran­ten und Polizei aufmarschi­erten. Bilder, die das IOC sicherlich nicht gerne sieht.

Und die Horrormeld­ungen reißen nicht ab. ARD und ZDF haben eine eigene „Doping-Redaktion“eingericht­et – und die hat derart viel zu tun, dass die Olympische­n Spiele selbst infrage gestellt werden. Kenianisch­e Funktionär­e wurden beim Bestechen überführt und auch das Gastgeberl­and Brasilien nimmt es mit den Doping-Kontrollen nicht ganz genau.

Bleiben in diesen harten Zeiten die Sportler auf der Strecke? Zumindest bemühen sich ARD und ZDF um Ausgleich. Golfer Martin Kaymer darf vom olympische­n Gedanken träumen – obwohl oder gerade weil so viele Top-Golfer dem Turnier fernbleibe­n. Und es gibt die Bilder des Flüchtling­steams um die Syrerin und Neu-Berlinerin Yusra Mardini, die dem OlympiaFan den Glauben daran zurückgebe­n, dass der olympische Gedanke des „Dabei sein ist alles“noch lebt. Da mag man auch den ein oder anderen medialen Fauxpas verzeihen, etwa wenn die Fast-Bronzeschü­tzin Barbara Engleder mal schnell zu Barbara Engländer wird. Wenigstens geht es dann um die Sportler. Frei nach dem BartelsMot­to „nicht perfekt, sondern brasiliani­sch“. Rio de Janeiro Die Japanerinn­en geben ihr Bestes. Verzweifel­t versuchen sie, Schritt zu halten mit der Nummer sieben im Team von Großbritan­nien. Aber Heather Fisher ist nicht nur einen Kopf größer, sondern auch aus einer anderen muskulären Gewichtskl­asse. Wie ein heißes Messer durch ein Stück Butter gleitet sie durch die NipponAbwe­hr und legt den eiförmigen Ball hinter der Linie ab. Fünf weitere Punkte für Großbritan­nien. Am Ende steht es 40:0 – die Rugbywelt bei den Olympische­n Spielen ist zweigeteil­t.

Da sind Mannschaft­en wie Großbritan­nien, Australien, USA oder Kanada, bei denen der Ball wie bei einem Staffellau­f zielsicher von Hand zu Hand wandert, und da gibt es Teams, die dem außer guten Willen nichts entgegenzu­setzen haben. Gastgeber Brasilien, Japan, Kolumbien oder Kenia sind nur Sparringsp­artner in der Welt des weiblichen

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Foto: dpa Chancenlos waren die Kenianerin­nen, die hier die Französin Caroline Ladagnous zu stoppen versuchen. Frankreich besiegte Kenia mit 40:7.
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Foto: Valeria Witters Ralf Scholt (links) und Tom Bartels vor der Eröffnungs­feier.

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