Mittelschwaebische Nachrichten
Wo bleibt die OlympiaStimmung?
Als die Eröffnungsfeier fast vorbei war und das olympische Feuer bereits brannte, packte es ARD-Kommentator Tom Bartels dann doch noch einmal kurz: „Die Spiele sollen nicht perfekt werden, sondern brasilianisch“, sagt er plötzlich und fiel dabei seinem Kollegen Ralf Scholt fast ins Wort. Es klang fast wie ein Appell von Bartels, der schon das WM-Finale 2014 („Mach ihn, mach ihn, er macht ihn“) kommentierte, sich endlich auf Olympia einzulassen.
Denn was wir bis dahin zu sehen und vor allem zu hören bekamen, war eher deprimierend denn euphorisch. Doping, Korruption, Umweltsünden – die Skandale überschatten das Treffen der Jugend der Welt. Die ARD hatte mit ihrem Bericht über das Staatsdoping in Russland einen wichtigen, wenngleich notwendigen Beitrag geleistet. Nur stellt das die Moderatoren auch vor Herausforderungen. Da steht dann Alexander Bommes etwas hilflos vor der Kamera und fragt: „Wie sollen wir das hier angehen“? Und Schwimm-Expertin Franziska van Almsick verkündet, ihren Kindern von einer Karriere als Spitzensportler in diesen Zeiten des Dopings nur abraten zu können. Die Worte stammen von einer Frau, die überhaupt erst durch die Olympischen Spiele 1992 in Deutschland bekannt wurde.
Über linientreue Berichterstattung darf sich niemand beschweren. Beispiel: Der Vorbericht zur Olympia-Eröffnungsfeier. Da folgte auf den Beitrag über das Doping in Russland das Porträt über die neuen Sportarten – nicht ohne das Fehlen zahlreicher Top-Golfer zu thematisieren. Dann folgte ein Schwenk zu den Außeneindrücken am Maracana-Stadion, wo Demonstranten und Polizei aufmarschierten. Bilder, die das IOC sicherlich nicht gerne sieht.
Und die Horrormeldungen reißen nicht ab. ARD und ZDF haben eine eigene „Doping-Redaktion“eingerichtet – und die hat derart viel zu tun, dass die Olympischen Spiele selbst infrage gestellt werden. Kenianische Funktionäre wurden beim Bestechen überführt und auch das Gastgeberland Brasilien nimmt es mit den Doping-Kontrollen nicht ganz genau.
Bleiben in diesen harten Zeiten die Sportler auf der Strecke? Zumindest bemühen sich ARD und ZDF um Ausgleich. Golfer Martin Kaymer darf vom olympischen Gedanken träumen – obwohl oder gerade weil so viele Top-Golfer dem Turnier fernbleiben. Und es gibt die Bilder des Flüchtlingsteams um die Syrerin und Neu-Berlinerin Yusra Mardini, die dem OlympiaFan den Glauben daran zurückgeben, dass der olympische Gedanke des „Dabei sein ist alles“noch lebt. Da mag man auch den ein oder anderen medialen Fauxpas verzeihen, etwa wenn die Fast-Bronzeschützin Barbara Engleder mal schnell zu Barbara Engländer wird. Wenigstens geht es dann um die Sportler. Frei nach dem BartelsMotto „nicht perfekt, sondern brasilianisch“. Rio de Janeiro Die Japanerinnen geben ihr Bestes. Verzweifelt versuchen sie, Schritt zu halten mit der Nummer sieben im Team von Großbritannien. Aber Heather Fisher ist nicht nur einen Kopf größer, sondern auch aus einer anderen muskulären Gewichtsklasse. Wie ein heißes Messer durch ein Stück Butter gleitet sie durch die NipponAbwehr und legt den eiförmigen Ball hinter der Linie ab. Fünf weitere Punkte für Großbritannien. Am Ende steht es 40:0 – die Rugbywelt bei den Olympischen Spielen ist zweigeteilt.
Da sind Mannschaften wie Großbritannien, Australien, USA oder Kanada, bei denen der Ball wie bei einem Staffellauf zielsicher von Hand zu Hand wandert, und da gibt es Teams, die dem außer guten Willen nichts entgegenzusetzen haben. Gastgeber Brasilien, Japan, Kolumbien oder Kenia sind nur Sparringspartner in der Welt des weiblichen