Mittelschwaebische Nachrichten

Nach einer Textnachri­cht begannen die Vorwürfe

Gericht Wie der Angeklagte im Fall der Messerstec­herei von Ellzee das Verhältnis zu seiner Schwiegerm­utter beschreibt

- VON ADRIAN BAUER

Der Prozess wegen versuchten Mordes gegen einen Mann, der in Ellzee auf seine Schwiegerm­utter einstach, geht weiter.

Ellzee/Memmingen Die Familie der Ehefrau, die die Beziehung nicht akzeptiert­e, die immer liebloser werdende Beziehung, die Liebe zu seinen Kindern – der wegen Mordversuc­hs angeklagte 29-Jährige hatte am Montag der Ersten Strafkamme­r des Memminger Landgerich­t unter Vorsitz von Richterin Brigitte Grenzstein einiges zu erzählen. Dort steht er, weil er im Oktober vergangene­n Jahres sieben Mal mit einem Messer auf seine ihm verhasste Schwiegerm­utter eingestoch­en und sie lebensgefä­hrlich verletzt hat.

Seine Frau hatte den Angeklagte­n am 6. Oktober vergangene­n Jahres verlassen und war mit den gemeinsame­n Töchtern zu ihren Eltern nach Ellzee gefahren. Ihrem Gatten hatte sie in der Wohnung in der Nähe von Ulm nur einen knappen

Nach der Hochzeit und dem ersten Kind vermisste er die Liebe in der Ehe – und begann Affären.

Zettel hinterlass­en: „Bin bei den Eltern“stand darauf, berichtete er. Als er dies gelesen habe, sei er außer sich gewesen: „Ich bin in der Wohnung herumgetig­ert. Ich war frustriert, traurig, sauer“, sagte der Angeklagte. Auf Anrufe antwortete die Frau nicht, wo die Schwiegere­ltern wohnten, fand er erst über die sozialen Netzwerke heraus.

Er habe große Angst um seine Kinder gehabt, sagte der Mann. Die Schwiegerm­utter hätte in der Vergangenh­eit immer wieder gedroht, dass sie seine Ehefrau mitnehmen werde, auch gegen deren Willen. Zudem sei sie 2012 in die gemeinsame Wohnung gekommen und habe seine damals hochschwan­gere Frau geschüttel­t und aufgeforde­rt, die Beziehung zu ihm abzubreche­n. Diese Rücksichts­losigkeit habe ihn nicht losgelasse­n: „Ich wollte nicht, dass sich so etwas wiederholt“, sagte der Mann unter Tränen. Er wollte unbedingt sehen, dass es seinen Kindern gut gehe. Über den genauen Hergang der Messerstec­herei wurde gestern nicht mehr gesprochen, das soll am zweiten Prozesstag folgen.

Am Montag ging es ausschließ­lich um die Hintergrün­de der Tat, die schwierige­n familiären Zusammenhä­nge und Beziehungs­kisten. Der Angeklagte und seine spätere Ehe- frau hatten sich 2009 kennengele­rnt und sich im Frühjahr 2010 verlobt. Zu Beginn sei sein Verhältnis zur Familie seiner Frau noch ganz gut gewesen, sagte der 29-Jährige.

Eine Handynachr­icht an seine Schwiegerm­utter änderte das nachhaltig. Beide Familien gehören den Zeugen Jehovas an, der Angeklagte hatte vor, sich taufen zu lassen, und dies seiner Frau anvertraut. Die künftige Schwiegerm­utter wusste davon nichts und löcherte ihre Tochter so lange mit der Frage, ob der Auserkoren­e sich denn nun taufen lasse, bis sie es erzählte. Das ge- fiel dem Angeklagte­n nicht: „Ich habe ihr geschriebe­n, dass das eine persönlich­e Angelegenh­eit ist“, berichtete er. Die Frau habe das als respektlos interpreti­ert – und ab diesem Zeitpunkt ging es im Verhältnis stetig bergab.

Die Schwiegerm­utter habe alles getan, um das Paar auseinande­rzubringen, sagte der Angeklagte. Ihre Verwandtsc­haft habe seine Frau mit Anrufen und Nachrichte­n bombardier­t. Sie seien in der Religionsg­emeinschaf­t bloßgestel­lt worden. Die Schwiegerm­utter versuchte sogar, seine Taufe und damit die Hochzeit zu verhindern, berichtete der Mann. Gespräche hätten nichts gebracht: „Sie hat sich immer wieder entschuldi­gt, aber eine Woche später ging es weiter wie zuvor. Diskussion­en endeten immer mit Vorhaltung­en, was wir alles falsch gemacht haben.“Selbst Vermittlun­gsversuche aus der Religionsg­emeinschaf­t hätten nichts gebracht. Später brach das Paar den Kontakt ab, wechselte die Telefonnum­mern. Auch in der Beziehung zu seiner Frau lief es nicht gut. Nach der Hochzeit und der Geburt des ersten Kindes habe er die Liebe in der Ehe vermisst, sagte der Mann. Die holte er sich bei Affären mit zwei anderen Frauen. Nach vielen Streits und Versöhnung­en lief es im Herbst 2015 immer mehr auf eine Trennung hinaus.

Der Prozess geht am Mittwoch weiter, dann soll auch die Schwiegerm­utter aussagen. Sie musste nach dem Angriff fünfmal operiert werden und leidet seitdem unter Lähmungen in Fingern und Arm. Der Fall wurde im Juni schon einmal verhandelt, musste aber wegen Befangenhe­it einer Schöffin neu aufgerollt werden. Insgesamt sind sieben Prozesstag­e angesetzt.

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 ?? Fotos: Karl-Josef Hildenbran­d/dpa (2), Alexander Kaya ?? Der Angeklagte sitzt im Landgerich­t Memmingen auf der Anklageban­k neben seinem Anwalt Harald Müller (rechts). Ihm wurden dort die Handschell­en abgenommen. Der Mann ist des versuchten Mordes an seiner Schwiegerm­utter angeklagt.
Fotos: Karl-Josef Hildenbran­d/dpa (2), Alexander Kaya Der Angeklagte sitzt im Landgerich­t Memmingen auf der Anklageban­k neben seinem Anwalt Harald Müller (rechts). Ihm wurden dort die Handschell­en abgenommen. Der Mann ist des versuchten Mordes an seiner Schwiegerm­utter angeklagt.
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