Mittelschwaebische Nachrichten
Nach einer Textnachricht begannen die Vorwürfe
Gericht Wie der Angeklagte im Fall der Messerstecherei von Ellzee das Verhältnis zu seiner Schwiegermutter beschreibt
Der Prozess wegen versuchten Mordes gegen einen Mann, der in Ellzee auf seine Schwiegermutter einstach, geht weiter.
Ellzee/Memmingen Die Familie der Ehefrau, die die Beziehung nicht akzeptierte, die immer liebloser werdende Beziehung, die Liebe zu seinen Kindern – der wegen Mordversuchs angeklagte 29-Jährige hatte am Montag der Ersten Strafkammer des Memminger Landgericht unter Vorsitz von Richterin Brigitte Grenzstein einiges zu erzählen. Dort steht er, weil er im Oktober vergangenen Jahres sieben Mal mit einem Messer auf seine ihm verhasste Schwiegermutter eingestochen und sie lebensgefährlich verletzt hat.
Seine Frau hatte den Angeklagten am 6. Oktober vergangenen Jahres verlassen und war mit den gemeinsamen Töchtern zu ihren Eltern nach Ellzee gefahren. Ihrem Gatten hatte sie in der Wohnung in der Nähe von Ulm nur einen knappen
Nach der Hochzeit und dem ersten Kind vermisste er die Liebe in der Ehe – und begann Affären.
Zettel hinterlassen: „Bin bei den Eltern“stand darauf, berichtete er. Als er dies gelesen habe, sei er außer sich gewesen: „Ich bin in der Wohnung herumgetigert. Ich war frustriert, traurig, sauer“, sagte der Angeklagte. Auf Anrufe antwortete die Frau nicht, wo die Schwiegereltern wohnten, fand er erst über die sozialen Netzwerke heraus.
Er habe große Angst um seine Kinder gehabt, sagte der Mann. Die Schwiegermutter hätte in der Vergangenheit immer wieder gedroht, dass sie seine Ehefrau mitnehmen werde, auch gegen deren Willen. Zudem sei sie 2012 in die gemeinsame Wohnung gekommen und habe seine damals hochschwangere Frau geschüttelt und aufgefordert, die Beziehung zu ihm abzubrechen. Diese Rücksichtslosigkeit habe ihn nicht losgelassen: „Ich wollte nicht, dass sich so etwas wiederholt“, sagte der Mann unter Tränen. Er wollte unbedingt sehen, dass es seinen Kindern gut gehe. Über den genauen Hergang der Messerstecherei wurde gestern nicht mehr gesprochen, das soll am zweiten Prozesstag folgen.
Am Montag ging es ausschließlich um die Hintergründe der Tat, die schwierigen familiären Zusammenhänge und Beziehungskisten. Der Angeklagte und seine spätere Ehe- frau hatten sich 2009 kennengelernt und sich im Frühjahr 2010 verlobt. Zu Beginn sei sein Verhältnis zur Familie seiner Frau noch ganz gut gewesen, sagte der 29-Jährige.
Eine Handynachricht an seine Schwiegermutter änderte das nachhaltig. Beide Familien gehören den Zeugen Jehovas an, der Angeklagte hatte vor, sich taufen zu lassen, und dies seiner Frau anvertraut. Die künftige Schwiegermutter wusste davon nichts und löcherte ihre Tochter so lange mit der Frage, ob der Auserkorene sich denn nun taufen lasse, bis sie es erzählte. Das ge- fiel dem Angeklagten nicht: „Ich habe ihr geschrieben, dass das eine persönliche Angelegenheit ist“, berichtete er. Die Frau habe das als respektlos interpretiert – und ab diesem Zeitpunkt ging es im Verhältnis stetig bergab.
Die Schwiegermutter habe alles getan, um das Paar auseinanderzubringen, sagte der Angeklagte. Ihre Verwandtschaft habe seine Frau mit Anrufen und Nachrichten bombardiert. Sie seien in der Religionsgemeinschaft bloßgestellt worden. Die Schwiegermutter versuchte sogar, seine Taufe und damit die Hochzeit zu verhindern, berichtete der Mann. Gespräche hätten nichts gebracht: „Sie hat sich immer wieder entschuldigt, aber eine Woche später ging es weiter wie zuvor. Diskussionen endeten immer mit Vorhaltungen, was wir alles falsch gemacht haben.“Selbst Vermittlungsversuche aus der Religionsgemeinschaft hätten nichts gebracht. Später brach das Paar den Kontakt ab, wechselte die Telefonnummern. Auch in der Beziehung zu seiner Frau lief es nicht gut. Nach der Hochzeit und der Geburt des ersten Kindes habe er die Liebe in der Ehe vermisst, sagte der Mann. Die holte er sich bei Affären mit zwei anderen Frauen. Nach vielen Streits und Versöhnungen lief es im Herbst 2015 immer mehr auf eine Trennung hinaus.
Der Prozess geht am Mittwoch weiter, dann soll auch die Schwiegermutter aussagen. Sie musste nach dem Angriff fünfmal operiert werden und leidet seitdem unter Lähmungen in Fingern und Arm. Der Fall wurde im Juni schon einmal verhandelt, musste aber wegen Befangenheit einer Schöffin neu aufgerollt werden. Insgesamt sind sieben Prozesstage angesetzt.