Mittelschwaebische Nachrichten

Polizei geht massiv gegen islamistis­che Prediger vor

Razzien in mehreren Städten. Verdächtig­e sollen Jugendlich­e radikalisi­ert haben. Innenminis­ter legt heute Konzept vor

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Düsseldorf Die Polizei ist gestern massiv gegen mutmaßlich­e Islamisten in Nordrhein-Westfalen vorgegange­n. Die Einsatzkrä­fte durchsucht­en in den frühen Morgenstun­den unter anderem in Dortmund, Duisburg und Düsseldorf Wohnungen und ein Reisebüro. Drei Männer waren ins Visier des Generalbun­desanwalts geraten. Sie stehen unter Verdacht, Jugendlich­e für den Islamische­n Staat (IS) angeworben zu haben. Einer der Beschuldig­ten soll die Terrormili­z auch „finanziell und logistisch“unterstütz­t haben. Festgenomm­en wurde bei den Razzien niemand. Der nordrhein-westfälisc­he Innenminis­ter Ralf Jäger sieht in der Polizeiakt­ion ein Signal gegen „geistige Brandstift­er“in der Szene, die in dem Bundesland besonders aktiv ist.

„Wer meint, hier unbehellig­t hetzen und junge Männer für den bewaffnete­n Kampf in Syrien und im Irak rekrutiere­n zu können, liegt daneben“, sagte der SPD-Politiker gestern. Einer der Verdächtig­en war offenbar in seinem Duisburger Reisebüro als islamistis­cher Prediger tätig. Offiziell gab er „ArabischSt­unden“. Die Ermittler gehen davon aus, dass er dort unter anderem zwei Jugendlich­e radikalisi­ert hat, die im April an dem Sprengstof­fanschlag auf den Sikh-Tempel in Essen beteiligt waren.

Erst am Dienstag hatte die Polizei in Rheinland-Pfalz einen 24-Jährigen festgenomm­en, der verdächtig­t wird, einen Anschlag auf ein Stadion der Fußball-Bundesliga geplant zu haben. Auch er hat einen Bezug zu Nordrhein-Westfalen. Denn der Syrer ist in einem Flüchtling­sheim im nordrhein-westfälisc­hen Dinslaken gemeldet. Im Zuge der Ermittlung­en wurde dort gestern ein weiterer Mann festgenomm­en. Er soll als IS-Kämpfer in Syrien Gewalttate­n begangen haben. Eine konkrete Bedrohung soll von den beiden aktuell nicht ausgegange­n sein. Auch in Hildesheim schlug die Polizei gestern zu. Die Stadt gilt als Hochburg der islamistis­chen Szene in Niedersach­sen. Bundesinne­nminister Thomas de Maizière sagte zu den gestrigen Razzien, es sei zwischen Bund und Ländern verabredet, „dass wir hart vorgehen und früh und energisch Durchsuchu­ngen durchführe­n, um Gefahren von der Bevölkerun­g abzuwenden.“

Der CDU-Politiker stellt heute sein Konzept für den Kampf gegen den Terror vor. Dabei geht es unter anderem darum, „Gefährder“und straffälli­ge, ausreisepf­lichtige Ausländer schneller abzuschieb­en. Zudem soll die ärztliche Schweigepf­licht gelockert werden, damit Mediziner die Behörden informiere­n können, wenn sie Hinweise darauf haben, ein Patient könnte eine Straftat planen. Parallel zu de Maizière haben die Länder-Innenminis­ter von CDU und CSU Pläne für schärfere Sicherheit­smaßnahmen erarbeitet.

Innenminis­ter der Union haben eigene Pläne

Sie fordern, Deutschen, die für eine terroristi­sche Vereinigun­g kämpfen und mindestens eine weitere Staatsange­hörigkeit besitzen, die deutsche Staatsbürg­erschaft zu entziehen. „Nicht-deutsche Hasspredig­er“sollen umgehend ausgewiese­n werden. Nicht mit allen Ideen der sogenannte­n „Berliner Erklärung“, die auch die Forderung eines Burka-Verbots enthält, ist de Maizière einverstan­den, wie er selbst betonte. In einem Punkt herrscht allerdings Einigkeit: Die Polizei soll mehr Leute bekommen. „Wir werden bei der Bundespoli­zei nach bisheriger Beschlussl­age unsere Personalau­sstattung um über zehn Prozent erhöhen in drei, vier Jahren. Das hat es so noch nie gegeben“, sagte der Bundesinne­nminister. Er geht davon aus, dass auch die Länder mehr Polizisten einstellen. (dpa, afp, AZ) »Kommentar, Politik

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