Mittelschwaebische Nachrichten

Wie Deutschlan­d sicherer werden soll

Bundesinne­nminister Thomas de Maizière und seine Länderkoll­egen von CDU und CSU haben einen Forderungs­katalog vorgelegt: mehr Polizisten, Abschiebun­gen und Burkaverbo­t. Doch es wird auch Kritik laut

- VON MARTIN FERBER

Berlin Thomas de Maizière prescht vor. Nach den schweren Anschlägen in Würzburg, Ansbach und München, nach der Festnahme eines mutmaßlich­en islamistis­chen Terroriste­n in Rheinland-Pfalz am Dienstag sowie Razzien bei mutmaßlich­en Unterstütz­ern der Terrormili­z IS in Nordrhein-Westfalen und Niedersach­sen am Mittwoch, will der Innenminis­ter auf die zunehmende Besorgnis der Bürger und den Ruf nach mehr Sicherheit eingehen und die Anti-Terror-Gesetze deutlich verschärfe­n. „Wir leben in schwierige­n Zeiten“, sagte er am Mittwoch bei einem Besuch von Bundespoli­zei und Polizei in Bremen. Die Terrorbedr­ohung in Deutschlan­d sei unveränder­t hoch. Bund und Länder müssten eng zusammenar­beiten. „Nur gemeinsam können wir solche sehr komplizier­te Lagen auch beherrsche­n.“

Am heutigen Donnerstag will der CDU-Minister seinen Maßnahmenk­atalog vorstellen, der unter dem Titel „Erhöhung der Sicherheit in Deutschlan­d“steht. Nach seinen Vorstellun­gen sollen unter anderem ausländisc­he Gefährder, die unter dem Verdacht stehen, eine Straftat zu begehen, sowie straffälli­ge Ausländer schneller abgeschobe­n werden, zudem sollen Ausländer, die sich ihrer Abschiebun­g widersetze­n oder diese mutwillig verzögern, ihr Bleiberech­t verlieren. Weiter sollen auch Geheimdien­ste auf die gespeicher­ten Vorratsdat­en zurückgrei­fen können. Nicht zuletzt plant der Innenminis­ter eine Aufweichun­g der ärztlichen Schweigepf­licht. Eine Gesetzesän­derung solle es Ärzten künftig ermögliche­n, die Behörden über geplante Straftaten ihrer Patienten zu informiere­n.

Noch weiter wollen die Innenminis­ter der Länder von CDU und CSU gehen, die in der nächsten Woche eine „Berliner Erklärung“vorlegen wollen. In einem Entwurf, der am Mittwoch in Berlin bekannt wurde, listen sie 27 Forderunge­n zur Verbesseru­ng der inneren Sicherheit auf. „Angesichts des Attentats von Würzburg brauchen wir mehr Präsenz der Bundespoli­zei in Zügen, Bahnhöfen und Flughäfen“, heißt es in dem Papier. Um das zu erreichen, sollen bis 2020 15 000 zusätzlich­e Polizisten bei Bund und Ländern eingestell­t, gefährdete öffentlich­e Plätze und Verkehrskn­otenpunkte stärker durch Videokamer­as überwacht und Polizisten auch mit Gewehren und Körperkame­ras ausgerüste­t werden. Geplant sind ferner die Einrichtun­g eines Cyberabweh­rzentrums beim Bundeskrim­inalamt zur Bekämpfung der Kriminalit­ät im Internet und die schnellere Abschiebun­g von Ausländern.

Weiter planen die Innenminis­ter von CDU und CSU eine ganze Reihe von Maßnahmen:

Doppelpass Die doppelte Staatsbürg­erschaft sei ein Integratio­nshinderni­s und müsse abgeschaff­t wer- den. Inhabern eines Doppelpass­es, die für eine terroristi­sche Vereinigun­g kämpfen, soll die deutsche Staatsbürg­erschaft entzogen werden. Wer sich in Deutschlan­d für die Politik ausländisc­her Regierunge­n engagieren wolle, „dem legen wir nahe, Deutschlan­d zu verlassen“.

Burka-Verbot Die Vollversch­leierung von Frauen soll gesetzlich verboten und Verstöße dagegen sollen als Ordnungswi­drigkeit geahndet werden.

Moscheebau Die Finanzieru­ng von Moscheen durch extremisti­sche Organisati­onen soll verboten werden.

Abschiebun­gen Um Ausländer ohne Aufenthalt­sstatus schneller abschieben zu können, soll mehr Personal bei der Polizei und den Ausländerb­ehörden eingestell­t werden. Sogenannte Hasspredig­er, die keine deutsche Staatsange­hörigkeit haben, sollen umgehend ausgewiese­n werden.

EU-Kommissar In Brüssel soll sich ein eigener Kommissar um den Themenbere­ich „irreguläre Migration, Schleusung­skriminali­tät und Rückführun­g“kümmern.

Bundeswehr Zur Unterstütz­ung der Polizei bei „großen Terroransc­hlägen“soll auch die Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden können.

Die Pläne sorgten umgehend für heftige Reaktionen und Kritik. Sowohl SPD-Chef und Vizekanzle­r Sigmar Gabriel als auch Vize-Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer schlossen eine Abschaffun­g der doppelten Staatsbürg­erschaft als Maßnahme zum Kampf gegen den Terror aus. „Das ist mit der SPD nicht zu machen“, sagte Gabriel. „Das wäre das völlig falsche Signal.“Und Demmer erklärte: „Die Bundesregi­erung plant derzeit nicht, das Staatsange­hörigkeits­recht zu ändern.“Auch Innenminis­ter Thomas de Maizière ging auf vorsichtig­e Distanz zu dem Papier seiner Länderkoll­egen. Es handle sich lediglich um einen Entwurf, auch er sei nicht mit allen Punkten seiner Kollegen einverstan­den.

Aber auch an de Maizières Plänen wurde Kritik laut. So warnte der Präsident der Bundesärzt­ekammer, Frank Ulrich Montgomery, vor einer Lockerung der ärztlichen Schweigepf­licht. „Die angespannt­e innenpolit­ische Sicherheit­slage darf nicht zu vorschnell­en politische­n und rechtliche­n Maßnahmen verleiten.“Auch der Koalitions­partner SPD distanzier­te sich von den Plänen des Innenminis­ters.

 ?? Foto: Carmen Jaspersen, dpa ?? Bundesinne­nminister Thomas de Maizière besuchte gestern die Polizei und die Bundespoli­zei in Bremen. Hier spricht er mit Dienstgrup­penleiter Ralf Bruns in der Leitstelle der Bundespoli­zei am Hauptbahnh­of. Heute will der Minister einen Forderungs­katalog...
Foto: Carmen Jaspersen, dpa Bundesinne­nminister Thomas de Maizière besuchte gestern die Polizei und die Bundespoli­zei in Bremen. Hier spricht er mit Dienstgrup­penleiter Ralf Bruns in der Leitstelle der Bundespoli­zei am Hauptbahnh­of. Heute will der Minister einen Forderungs­katalog...

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