Mittelschwaebische Nachrichten
Fachleute warnen vor Blase am Immobilienmarkt
Die Preise für Wohnungen steigen vielerorts rasant. Experten befürchten, dass die Entwicklung nicht lange gut geht
Frankfurt am Main Der deutsche Immobilienmarkt boomt – dabei wird aber das Risiko einer gefährlichen Überhitzung nach Einschätzung von Experten größer. In Ballungsräumen klettern die Preise und Mieten immer weiter, billige Baukredite sind eine günstige Gelegenheit für Häuslebauer. Besonders in Großstädten ist Wohnraum Mangelware – Fachleute warnen bereits vor einer Immobilien-Blase. Richtig teuer ist Wohnen in München. 16,90 Euro pro Quadratmeter zahlt man dort inzwischen nach Berechnungen des Immobilienunternehmens JLL im Durchschnitt für eine neu angemietete Wohnung – Tendenz steigend. Und das ist kein Einzelfall.
Einige Beobachter sehen das mit Sorge. Grund für hohe Mieten sind steigende Immobilienpreise. „In immer mehr Regionen deutet der Anstieg der Preise für Wohnhäuser auf übersteigerte Preiserwartungen und damit die Gefahr einer Immobilienblase hin“, warnt Roland Döhrn, Ökonom beim RheinischWestfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Nach Berechnungen von Volkswirten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich liegt das Niveau der Immobilienpreise in Deutschland mehr als zehn Prozent über dem langfristigen Durchschnitt – ein Warnsignal, das regelmäßig vor Finanzkrisen zu beobachten sei.
„Der Immobilienboom nimmt immer mehr Züge einer Blase an“, sagt auch Ralph Solveen von der Commerzbank. Das Problem: Laut Solveen koppeln sich die Preise von anderen Faktoren ab. So steigen sie seit 2010 schneller als die Mieten, schneller als das allgemeine Preisniveau und schneller als die Einkommen der Privathaushalte. Das Forschungsinstitut Empirica diagnostiziert bei acht von zwölf untersuchten Großstädten eine „eher hohe Blasengefahr“. Auch in 140 deutschen Landkreisen bestehe eine „mäßige bis hohe Blasengefahr“.
Bauunternehmen kommen mit der Arbeit häufig kaum hinterher. Deren Auslastung war im ersten Halbjahr 2016 laut Statistischem Bundesamt so hoch wie seit Beginn der Aufzeichnungen 1991 nicht. Aber was passiert, wenn die Kehrtwende zu schnell kommt, wenn also die Blase platzt? Diese Gefahr sieht Commerzbank-Experte Solveen. Denn die EZB versucht mit Nullzinsen und Anleihekäufen, die Kreditvergabe zu befeuern. Dadurch sanken die Hypothekenzinsen auf Tiefstwerte. Das Problem: Inzwischen gibt es kaum noch Spielraum nach unten. Fallen aber die Zinsen nicht weiter, während die Immobilienpreise anziehen, entstehe die Gefahr einer deutlichen Korrektur.
Einige Immobilienkredite sind viel zu hoch
Zwar ist in Deutschland eine exzessive Vergabe von Hypothekenkrediten nicht in Sicht. „Trotz der niedrigen Zinsen steigen die Wohnungsbaukredite nur moderat“, sagt Jens Mehrhoff von der Bundesbank. Aber Edgar Walk, Chefvolkswirt des Bankhauses Metzler, sieht „erste bedenkliche Entwicklungen“. So gebe es hierzulande bereits Finanzierungen von 110 Prozent des Kaufpreises. Die Bank gibt also einen Kreditbetrag an den Hauskäufer, der den Preis des Hauses übersteigt – ein Phänomen, das in den USA vor der Finanzkrise weit verbreitet war. Tobias Schmidt, dpa