Mittelschwaebische Nachrichten

Aigner paddelt an Medaille vorbei

Nächster Rückschlag für die Kanuten: Kajakfahre­r aus Augsburg wird Vierter. Drei Hundertste­lsekunden fehlen zu Bronze. Nun wird es schwer, die Vorgabe zu schaffen

- VON PETER DEININGER

Rio Die Olympiasta­dt zeigt sich am Mittwoch von ihrer kühlen Seite, im Wildwasser Stadion von Deodoro geht es aber heiß zur Sache. KajakEiner ist die Formel 1 im Kanuslalom – mit den schnellste­n Fahrzeiten und meist sehr geringen Abständen. Hannes Aigner vom Augsburger Kajakverei­n kennt das olympische Nervenspie­l. 2012 ist der BWL-Student auf Rang drei gerauscht. Den Startplatz für Rio konnte ihm auch Peking-Olympiasie­ger Alexander Grimm (Schwaben Augsburg) nicht streitig machen.

Jetzt sitzt Aigner in seinem Boot und fährt langsam auf den ersten Abfall zu. Zehn Fahrer, 24 Tore, knapp 90 Sekunden bis zu Triumph oder Enttäuschu­ng. Für einen, der sich auf schwerstem Wildwasser zurechtfin­det, sind die Walzen in Deodoro kein Problem. Doch wer gewinnen will, muss eine radikale Linie wählen – immer in dem Be- dass nur ein kleiner Patzer einen Spitzenpla­tz verhindern kann. Aigner greift an, dreht sich teilweise artistisch um die Torstäbe und stellt eine Bestzeit auf: 89.02 Sekunden. Stolz zeigt er im Ziel seine imposanten Oberarmmus­keln.

Aber sein Name wird nicht lange auf Position eins geführt. Der Brite Joseph Clark (88,53), der Slowene Peter Kauzer (88,70) und der Tscheche Jiri Prskavec (88,99) legen noch schnellere Zeiten vor. Am Ende ist der Augsburger genau drei Hundertste­lsekunden von einer weiteren Bronzemeda­ille entfernt.

„Ich kann mir nichts vorwerfen. Es war kein totaler Patzer dabei. Ich habe nichts versaut, die anderen waren einfach einen Tick schneller. Als ich im Ziel war, habe ich schon gedacht, dass es für eine Medaille reichen könnte. Dass es dann mit diesem knappen Abstand nur zum vierten Platz reicht, ist natürlich ärgerlich. Aber ich habe mein Bestes gegeben“, spricht er in der Mixed- Zone in die Mikrofone. Kajak-Bundestrai­ner Thomas Apel steht einige Meter daneben und ist emotional sichtlich mitgenomme­n. „Mein Plan war 88,70 Sekunden. Da sind wir um drei Zehntel vorbeigefa­hren.“

Aigner hatte sich als Sechster im Halbfinale für den Endlauf qualifizie­rt. „So wie sich das Rennen am Anfang entwickelt hat, entschiede­n wir uns für die sichere Variante“, erklärte Apel. Da sich einige Teilnehmer grobe Fehler leisteten, konnte der Augsburger das Risiko dosieren. Der Slowake Jakub Grigar war über drei Sekunden schneller. Er wäre sogar Olympiasie­ger gewesen, wenn sich die Wetterverh­ältnisse weiter verschlech­tert hätten. Bei einem Abbruch hätte das Halbfinale als Endergebni­s gezählt.

Doch der Wind lässt nach, es regnet nur leicht, die Bedingunge­n sind regulär. Freundin Steffi und seine Eltern sehen als Zuschauer auf der Tribüne einen weiteren Auftritt des AKV-Paddlers. „Ich hatte wähwusstse­in, rend der Fahrt ein gutes Gefühl, nur im Ziel waren die Arme doch ein wenig blau. Da hätte ich im Nachhinein vielleicht noch was besser machen können.“Die von Canadierfa­hrer Sideris Tasiadis (Rang fünf) angestoßen­e Diskussion, wonach die Vorgaben des Deutschen Kanu Verbandes (Zwei Medaillen) den Druck auf die Sportler zusätzlich erhöht hätten, interessie­rt Aigner nicht. „Es ist mir egal, was andere sagen. Ich habe trainiert und muss für mich selbst die Leistung abrufen. Wenn einer anderer sagt, ich muss das machen, dann sollte er es vielleicht selbst versuchen.“

Zum Abschluss der olympische­n Kanuslalom­wettbewerb­e gibt es am heutigen Donnerstag Entscheidu­ngen in zwei Diszipline­n. Im Canadier-Zweier schickt Deutschlan­d die Leipziger Weltmeiste­r Franz Anton und Jan Benzien ins Rennen, im Kajak hat sich die Augsburger Europameis­terin Melanie Pfeifer für das Halbfinale qualifizie­rt.

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Foto: Witters Voller Einsatz im wilden Wasser: Kajakfahre­r Hannes Aigner legte einen guten Finallauf hin, doch es reichte für den Augsburger dieses Mal nicht für eine Medaille.

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