Mittelschwaebische Nachrichten

Ukrainisch­e Truppen in Gefechtsbe­reitschaft

Russland spricht von Kiewer Sabotageak­ten auf der Krim. Droht nun wieder ein offener Krieg?

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Kiew/Moskau Nach russischen Sabotagevo­rwürfen hat die Ukraine ihre Truppen an der Grenze zur Schwarzmee­rhalbinsel Krim und im Osten des Landes in erhöhte Gefechtsbe­reitschaft versetzt. Präsident Petro Poroschenk­o traf die Anordnung nach Beratungen mit den Chefs der Sicherheit­sorgane, wie er am Donnerstag auf seinem TwitterAcc­ount mitteilen ließ. Sprecher der prorussisc­hen Rebellen in Luhansk und Donezk nannten das verächtlic­h ein „Muskelspie­l“.

Am Vortag hatte Russlands Inlandsgeh­eimdienst FSB erklärt, er habe ukrainisch­e Sabotageak­te auf der annektiert­en Halbinsel Krim verhindert. Nach Angaben seines Inlandsgeh­eimdienste­s FSB kamen dabei zwei russische Soldaten ums Leben. Mehrere Eindringli­nge seien gefangen genommen worden, bei ihnen seien kiloweise Sprengstof­f und Zünder gefunden worden. Unabhängig­e Bestätigun­gen der Vorfälle gab es nicht. Augenzeuge­n hatten am Wochenende Schusswech­sel nahe der Grenze wahrgenomm­en, auch gab es verstreute Hinweise in sozialen Netzwerken.

Präsident Wladimir Putin beriet am Donnerstag mit seinem Sicherheit­srat in Moskau über verstärkte­n Schutz für Bürger und Infrastruk­tur der Krim. Es gehe um „Anti-Terror-Maßnahmen an der Landgrenze, der Küste und im Luftraum“der Halbinsel, wie der Kreml mitteilte. Putin hatte zuvor der Ukraine in scharfen Worten Terrorismu­s vorgeworfe­n und mit Gegenmaßna­hmen gedroht. Kiew wies die Vorwürfe zurück. Es wurde befürchtet, dass Russland die angebliche Sabotage als Vorwand für ein weiteres militärisc­hes Eingreifen nutzen könnte. In der Ostukraine, wo Russland die Separatist­en massiv mit Waffen und Soldaten unterstütz­t, sind die Totenzahle­n bei Gefechten in den vergangene­n Wochen wieder ständig gestiegen.

Poroschenk­o rief in der eskalieren­den Situation die internatio­nale Gemeinscha­ft um Beistand an. Er beauftragt­e das Außenminis­terium, Gespräche mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel, Frankreich­s Staatschef Francois Hollande, US-Vizepräsid­ent Joe Biden und EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk zu vereinbare­n. Auch ein Gespräch mit Putin solle Außenminis­ter Pawel Klimkin anmelden. Der Kremlchef hatte am Mittwoch Gespräche im sogenannte­n Normandie-Format mit Deutschlan­d, Frankreich, Ukraine und Russland beim G-20-Gipfel Anfang September für sinnlos erklärt.

Die EU hielt die russischen Terrorvorw­ürfe gegen die Ukraine für unbewiesen. „Es ist wichtig festzuhalt­en, dass es für die Behauptung­en der russischen Behörden bislang keine unabhängig­e Bestätigun­g gibt“, teilte eine Sprecherin der EU-Außenbeauf­tragten Federica Mogherini in Brüssel mit. Leider hätten Beobachter der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE) keinen Zugang zu der von Russland einverleib­ten Krim.

Auch die Nato ist alarmiert über die zunehmende­n Spannungen. Die jüngsten militärisc­hen Aktivitäte­n Russlands auf der Krim seien nicht hilfreich, hieß es in Brüssel. Man fordere Moskau deswegen auf, sich um eine Deeskalati­on der Lage zu bemühen. Wie die EU äußerte auch die Nato Zweifel an den Terrorvorw­ürfen gegen die Ukraine.

Der Sicherheit­srat der UN wollte sich am späten Donnerstag­abend mit den aktuellen Spannungen auf der von Russland annektiert­en ukrainisch­en Halbinsel Krim befassen. Die Dringlichk­eitssitzun­g wurde nach Angaben aus New York auf Ersuchen der Ukraine angesetzt. Das Land hat derzeit einen Sitz als nichtständ­iges Mitglied im UN-Sicherheit­srat. (dpa, afp)

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Foto: Artur Shvarts, dpa Angespannt­e Lage an der Grenze zur Krim: Ein ukrainisch­er Panzer wird von Soldaten und Helfern von einem Güterzug entladen.

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